Zickenkrieg am Set von 'Die Päpstin'

Von Sebastian Schmidt
Von Fußballfilmen wie ’Deutschland. Ein Sommermärchen’ zu ’Die Päpstin’. Wie kam es zu der Neu-Orientierung?
Es war eine willkommene Gelegenheit, mal was anderes zu machen. Es gab viele wichtige Gründe für mich, diesen Film zu machen, aber sicher lag es auch daran, dass ich auf Filmfestivals immer nur zu Fußball befragt wurde. Das ist auf Dauer ein bisschen frustrierend. Mich hat aber auch die Geschichte der Johanna sehr interessiert. Es ist immer schön, wenn man als Regisseur aus dem Vollen schöpfen und Welten entstehen lassen kann, die es heute nicht mehr gibt.

Ich denke immer: ’Wieso diese Frage’. Im Fußball hat auch keiner den Trainer Louis Van Gaal gefragt wie er sich fühlt, der Nachfolger von Jürgen Klinsmann zu sein. Die Filmbranche funktioniert wie jede andere auch. Ich kann nichts dafür, dass es so gekommen ist. Schlöndorff und ich hatten auch nie eine Auseinandersetzung. Wir haben uns zusammen den Film angeguckt, und er war begeistert. In der Zwischenzeit hat er seine Memoiren geschrieben. Er sagt, dass ist das Beste, was ihm hätte passieren können. Das nennt man eine Win-Win-Situation.
Franka Potente sollte eigentlich die Johanna spielen. Wieso haben Sie sich am Ende für Johanna Wokalek entschieden?
Das stimmt so nicht ganz. Wenn Schlöndorff den Film gemacht hätte, hätte er Franka Potente besetzt. Aber ein neuer Regisseur ist wie ein neuer Trainer: Der bringt seine Mannschaft mit. Johanna Wokalek war meine erste Wahl, und die hatte zum Glück Zeit und Lust.

Das war nicht so schwierig. Sie hat meistens eine Kutte angehabt. Trotzdem war sie manchmal ein bisschen zu weiblich. Sie wirkt in dem Film aber sehr androgyn, manchmal auch ein bisschen männlich, aber sie verliert ihre Weiblichkeit nicht. Das ist so besonders.
Was war die schwierigste Szene im Film?
Die einzige kritische Situation war, als Johanna nackig ins Wasser musste. Das Wasser in Marokko war irrsinnig kalt, ich war ein bisschen krank, und da haben wir uns angezickt. ’Geh doch selber rein’, ’Bin ich der Schauspieler oder du?’. Ich hatte am Rand ins Wasser gefühlt, und da war es irgendwie warm. Aber zehn Meter weiter muss so ein Temperatursprung gewesen sein. Aber das hatte ich ihr nicht geglaubt.

Für mich ist es immer schön, wenn mich ein Schauspieler braucht. Wenn man ihm Flügel verleiht und ihn dann zur Blüte führt. Das ist viel schöner, als wenn man nur nickt und danebensteht, weil einer alles richtig macht. Das habe ich ihm auch sehr übel genommen, das hab ich ihm auch gesagt.
Über die Zeit der Päpstin gibt es ja nicht viele Informationen. Wie haben Sie sich auf den Film vorbereitet?
Wir haben versucht, sehr akkurat zu arbeiten und hatten auch historische Berater. Die Arbeit war aber auch dadurch ein bisschen leichter, dass es keine Zeitzeugen mehr gibt. Beim ’Wunder von Bern’ hatten wir einen VW-Käfer am Bildrand stehen und da bekam ich eine E-Mail: ’Diesen Typ Käfer gab es erst 1956 und nicht 1954’. So was ist hier nicht zu erwarten. Aber trotzdem sollen sich auch Leute, die sich mit Theologie und Geschichte auskennen, wohlfühlen.

Nein, ich bin kein Mitglied einer Kirche. Ich rufe mit dem Film aber auch nicht zum Sturz der Kirche auf. Es ist ja bekannt, was die so für Ansichten haben. Wer da mitmachen will, der soll das tun.
Der Anfang des Films behandelt sehr lange die Kindheit der Johanna. Wie kam es dazu?
Das hatte ich so im Gefühl, weil mich das sehr interessiert hat. Wenn man ihre Kindheit zeigt, erklärt sich daraus schon, warum sie sich als Erwachsene so entwickelt hat. Darum ist das Ende in Rom auch verhältnismäßig kürzer, weil da sie da ja schon am Ziel ist. Dass sie da Gutes tut, wissen wir ja. Das hätten wir natürlich noch ausführen können, aber da war mir die Kindheit wichtiger. Das war eine klare Gewichtung von uns.

Ich weiß gar nicht, ob er überhaupt in Amerika gezeigt wird. Aber das Thema Papst interessiert in Amerika auch keine Socke, das ist ein sehr europäisches Phänomen. Wenn jetzt Scarlett Johansson die Päpstin gespielt hätte, dann hätten wir eine große Chance, aber mit Johanna Wokalek - und das ist keine qualitative Wertung - funktioniert das nicht.

Im Roman wird der Papst genauso beschrieben. Sehr groß, sehr voluminös. Er säuft und isst maßlos, da gibt es nicht viele, die man da nehmen kann. John Goodman kommt auch immer sehr gut an. Man schaut ihm gerne zu und er bringt ein bisschen Schalk rein.
Kehren Sie jetzt wieder zu Fußballfilmen zurück oder was sind ihre nächsten Projekte?
Ich würde gerne mal eine Beziehungskomödie machen. Das habe ich schon 15 Jahre nicht mehr.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
