Wolfgang Niedecken: „Die nächste Zeit wird BAP-abstinent!“

Wolfgang Niedecken im Interview
Seit mehr als drei Jahrzehnten gehört er als Chef von BAP zur A-Liga der deutschsprachigen Rockmusik: Wolfgang Niedecken. Ganz Deutschland drückte ihm nach seinem Schlaganfall vor zweieinhalb Jahren die Daumen zur Genesung. Danach ist viel passiert: Neben einer zweiten Biografie veröffentlichte die kölsche Rocklegende das Soloalbum „Zosamme alt“, mit dem er nun auf der „BAP zieht den Stecker“- Akustik-Tour unterwegs ist - und während der das gleichnamige aktuelle Live-Album aufgenommen wurde. Im Exklusiv-Interview mit RTL.de verrät er, auf was sich die Fans als nächstes freuen können – und wie lange sie sich noch gedulden müssen!
Von Nicole Feybert
Wir sind mit Wolfgang Niedecken in seinem Kölner Büro, mitten in der Kölner City, verabredet und treffen auf einen entspannten und äußerst sympathischen Musiker, der uns erst einmal fragt, ob wir Tee oder Kaffee zum Gespräch wollen. An den Wänden hängen eingerahmte BAP Tourplakate, die eine leise Ahnung davon geben, was die Band in nahezu 40 Erfolgsjahren erlebt hat. Besonders ins Auge fällt ein Riesenplakat von 1987 mit chinesischer Aufschrift: eine Erinnerung an neun denkwürdige Auftritte. Wolfgang erinnert sich: „Wir waren die erste westliche Rock´n Roll Band, die in China gespielt hat. Die hatten keine Ahnung, kannten keine Beatles, keine Stones, keinen Elvis - die wussten nicht, was sie erwartet. War auch egal, Hauptsache es kam aus dem Westen!“ lacht er.
Wolfgang Niedecken: „Ich bin gelassener geworden“

Touren ist für ihn auch heute noch das, was ihm trotz seines Schlaganfalls 2011 sehr am Herzen liegt. Kürzer treten fällt ihm schwer: „Als man gesagt hat, ich soll nach dem Schlaganfall „höösch“ (kölsch für „langsam“) machen, hab ich das damals schon schmunzelnd zur Kenntnis genommen. Wie soll jemand wie ich denn höösch machen? Jetzt nach der Tour, die für mich übrigens viel zu früh aufhört, würde ich am liebsten nochmal so viele Konzerte machen.“ Womit er die aktuelle „BAP zieht den Stecker“-Tour zum gleichnamigen aktuellen Album meint. Eine Akustikperformance, deren ursprünglicher Titel „Unplugged“ jedoch seitens MTV untersagt wurde. Also mussten kurzerhand alle bereits fertigen Plakate neu gedruckt werden. Wolfgang hat dazu gleich die passende Anekdote auf Lager: „Ich habe die Nachricht in der Türkei bekommen. Meine Frau hat die Info morgens erhalten und dann auf den passenden Moment gewartet, um mir das schonend beizubringen. Die wollte mir den Tag nicht vermasseln. Und dann, nach dem Abendessen, druckste sie rum ‚Ich muss dir da noch was sagen. MTV besteht drauf, dass wir die Tour umbenennen.‘ “ Er nahm´s gelassen und ließ die Plakate mit geändertem Tourtitel neu drucken. „Früher wäre ich aus dem Hemd gesprungen. Jetzt nicht mehr. Es ist aber nicht so, dass ich ständig so gelassen bin. Über manche Sachen rege ich mich immer noch furchtbar auf und kann an dem betreffenden Tag dann an nichts anderes mehr denken. Aber Gott sei Dank hat sich das insgesamt in Richtung Gelassenheit entwickelt.“
Eine gute Portion davon benötigen wohl auch die Fans. Denn so gerne der BAP Chef arbeitet, er hat erkannt, dass auch er mal eine Pause braucht. „Das jetzige Live Album wollte ich haben, weil ich glaube, dass die Leute das gerne mit nach Hause nehmen, quasi für die BAP-abstinente Zeit. Wir werden frühestens irgendwann im Mai 2016 wieder auf Tour sein.“ Dann kann sich die Fangemeinde auf ein Album freuen, in dem Herr Niedecken die Elektrische wieder einstöpselt. „Ich freu mich auch drauf, dass das nächste Album dann teilweise wieder ‚elektrifiziert‘ wird“, grinst er. „Es ist nicht so, dass ich mich jetzt in die Kammermusik verabschiede. Es wird auch wieder richtig abgerockt!“
Bis dahin wird er sich seinen beiden Leidenschaften widmen: Vintage-Gitarren und Reisen. „Bevor man den Deckel über mir zumacht, möchte ich wenigstens in jedem Erdteil einmal gewesen sein. Australien und Ozeanien stehen noch aus!“
Wir wünschen gute Reise!