Gut gelaunt kommt er zum Interviewtermin mit Kino-Redakteurin Mireilla Zirpins im Londoner Nobelhotel Dorchester und plaudert über seinen neuen Actionfilm ’Prince Of Persia’. Das Schöne an Ben Kingsley: Er ist immer überzeugt bei der Sache und spricht selbst über seine Videospiel-Verfilmungen, als handele es sich um den nächsten Oscar-Kandidaten. Stets dabei, wenn Sir Ben, wie seine Freunde ihn nennen, Tricks aus seiner Schauspielkiste verrät: eine Tasse Tee mit Milch und Fisherman’s Friends, hübsch verpackt in ein durchsichtiges Plastiktütchen.
Wie anstrengend ist es, im Juli und August Actionszenen in der Hitze Marokkos zu drehen?
Anstrengend. Aber man ist weniger erschöpft, wenn man bei den Haudraufszenen Adrenalin produziert und gezwungen ist, sehr akkurat zu spielen. Ich habe schon zum sechsten Mal in Marokko gedreht. Mittlerweile werde ich sogar zum Prinzen in Ferien eingeladen.
Muss man nicht unglaublich fit dafür sein?
Ich habe Kampftraining gehabt und schwimme jeden Tag. Es macht mir Spaß, mich in Form in zu halten. Was man im Film sieht, ist den meisten Fällen nicht mein Stuntman, sondern ich habe schrecklich viel selbst gemacht - fast alle Kampfszenen, nur nicht die auf dem Rücken eines Pferdes.
Im Moment liegen Heldenepen im Trend - ’Iron Man’, ’Robin Hood’ oder ’Prince Of Persia’. Woran könnte das liegen?
Ich hoffe natürlich, dass unser Film eine Ausnahme und etwas Besonderes ist. Vielleicht liegt es daran, dass Religion, Familie und Tradition in der westlichen Welt an Bedeutung verlieren. Vielleicht fehlt es auch an Menschen, die den Moment ergreifen und etwas verändern, wie einst Winston Churchill. Wenn wir solche Menschen auf der Leinwand erfinden müssen, ist das vielleicht eine Art zu sagen, dass wir sie im wirklichen Leben vermissen.
Sie spielen offenbar auch sehr gern Bösewichte. Was ist so toll daran?
Wenn ich die Motivation der Figur, ihre unbewusste Triebkraft verstehe, ist das unglaublich aufregend, vor allem wenn die Figur an der Oberfläche höflich und gut zu sein scheint. Mich hat an dieser Figur gereizt, dass er von Neid und Bedauern getrieben wird. Das hat mir Kraft verliehen. Denn nun habe ich ihn nicht mehr als Bösewicht gesehen, sondern als Typen mit einer Mission. Das ist ein Riesenunterschied und hat schon fast schon was von Shakespeare.
Apropos Bedauern? Wenn Sie zurückblicken – welche Rolle hätten Sie besser nicht angenommen?
Ich bedauere nichts. Jede Entscheidung hatte wohl ihren Grund und macht früher oder später Sinn. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich vermutlich nichts ändern. Denn wenn ich das täte, säße ich vermutlich heute nicht hier bei Ihnen.
Wie stehen Sie dazu, dass es im Moment so unglaublich viele Videospielverfilmungen gibt?
Ich persönlich schaue mir im Kino lieber einen Film von Martin Scorsese oder Jane Campion an, aber in ’Prince Of Persia’ ist die Balance zwischen Action und Charakterzeichnung zum Glück ausgeglichen.
Haben Sie selbst schon solche Games gespielt?
Ganz sicher nicht!
Was ist Ihr Trick, wenn Sie am Set stehen und auf Knopfdruck in Ihrer Rolle sein müssen?
Wenn der Regisseur “Action“ ruft, verändert sich die chemische Zusammensetzung in meinem Körper, wie bei einem Athleten auf dem Startblock. Dann bin ich leer wie ein unbeschriebenes Blatt, ich gehe runter auf Null. Wieso ich so was machen kann? Weil ich meine Rolle kenne und meinen Text auswendig gelernt habe. Nur so kann ich absolut offen darauf reagieren, was andere Schauspieler mir anbieten. Das klingt nach dem Gegenteil von Vorbereitung, ist es aber nicht.
Herzlichen Dank für das Gespräch.