Versoffen, vertrottelt, verkannt: Will Smith als "Hancock"
Von Mireilla Zirpins
So hat man sich einen Superhelden wahrlich nicht vorgestellt: Anstatt sich im Ganzkörper-Kondom von Haus zu Haus zu schwingen, um die Armen und Entrechteten zu beschützen und damit ein süßes Mädchen zu beeindrucken, hängt Will Smith als Hancock lieber wie ein versiffter Penner auf der Parkbank ab und säuft sich die Hucke voll. So voll, dass er beinahe seinen nächsten Einsatz als guter Engel von Los Angeles verpasst.
Doch so ein besoffenes Ein-Mann-Kommando kann auch bei einem noch so gut gemeinten Rettungseinsatz viel Schaden anrichten. Und so zieht Hancock mit seinen Bärenkräften den PR-Heini Ray (Jason Bateman) mitsamt Auto gerade noch rechtzeitig vor dem Zug aus einer verhakten Bahnschranke, verursacht dabei aber eine mittlere Massenkarambolage und legt sich dann auch noch frech mit dem wütenden Mob an. Marketing-Fachmann Ray merkt: Hancock braucht dringend eine Image-Beratung, und er könnte den Job übernehmen, um sich bei seinem Retter zu revanchieren.
Keine gute Idee, denn Hancock hinterlässt nicht nur bei Ray daheim eine Schneise der Verwüstung, sondern wirft auch noch ein Auge auf Rays schicke Gattin Mary (Charlize Theron). Kein Wunder also, dass Ray Hancock rät, die ihm aufgebrummte Haftstrafe brav abzusitzen, um seine Läuterung publik zu machen. Wird Hancock tatsächlich zum folgsamen und trockenen Häftling mutieren? Das glauben Sie ja wohl selbst nicht!
Mit ein paar hübschen Plot-Twists und einem herrlich anarchischem Helden kann Peter Berg („Operation Kingdom“) in seinem neuen Film aufwarten, der sich in dieser Hinsicht wohltuend von den Epen über fast unfehlbare Superhelden von „Spider-Man“ bis „X-Men“ abhebt. Auch die Effekte können sich zum größten Teil sehen lassen.
Will Smith, der das Drehbuch fünf Jahre lang nach seinem Geschmack anpassen ließ, bis es ihm genug Tempo und Witz hatte, spielt den Asi-Superhero mit sichtlicher Freude und wird von Charlize Theron, deren Rolle nach einigen überraschenden Wendungen weit über das übliche Comic-Babe-Repertoire hinausgeht und Jason Bateman als charmant-perfekte Besetzung für den Durchschnittsheini prima unterstützt.
Leider verliert die Story zwischendurch ein bisschen an Fahrt und wartet mit einem derart kitschigen Ende auf, dass man sich fragen muss, ob die vorwiegend männliche Actionfilm-Zielgruppe das wohl ertragen kann. Auch wird die Glaubwürdigkeit durch manchen logischen Bruch arg strapaziert, was schade ist, weil die Charaktere eigentlich sehr glaubhaft eingeführt wurden. So ist „Hancock“ zwar nette Popcorn-Unterhaltung mit hohem Schauwert, aber kein ganz großes Kino.