'Twilight': Die Filmkritik

Von Mireilla Zirpins
Der Hype um diese Verfilmung eines Vampir-Bestsellers von Stephenie Meyer hat selbst die Produzenten überrascht. Zwei im Grunde völlig unbekannte, aber gut aussehende Hauptdarsteller und eine junge Regisseurin spielten mit ihrem Blutsauger-Streifen schon am Startwochenende in den USA mehr als das Doppelte der Produktionskosten ein. Und so stehen auch in Deutschland seit Wochen vor allem die kleinen Mädchen in den Startlöchern, um zu sehen, wie der schnuckelige Robert Pattinson, der als Mädchenschwarm Cedric Diggory einen kurzen Auftritt im vierten Harry-Potter-Film hatte, als Vampir Edward der ahnungslosen Bella nachstellt, gespielt von der 18-jährigen Kristen Stewart (Jodie Fosters Film-Tochter aus “Panic Room“).
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Dabei sieht jeder Zuschauer auf den ersten Blick, was mit dem seltsam blutarmen Edward Cullen los ist. Blass, aber ungeheuerlich stylish halten er und seine Adoptivgeschwister-Clique Einzug in die Schulmensa. Dafür, dass die fünf obercoolen Schulaußenseiter kein Essen anrühren, sehen sie nicht anorektisch genug aus. Aber sie haben verdächtig rote Lippen und blutunterlaufene Augen, was ihrem Junkie-Look keinen Abbruch tut. Vor Verlangen erbebt vor allem die hübsche Bella. Sie ist neu an der Schule im düsteren Port Angeles hoch oben im Norden des Staates Washington, denn ihre Mutter hat nach der Scheidung neu geheiratet. Nun muss Bella mit der Junggesellenbude ihres wortkargen Cop-Vaters Vorlieb nehmen.
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Da tut die Hoffnung auf ein bisschen Liebe gut. Doch Bellas Schwarm würdigt sie keines Blickes und schwänzt lieber den Biounterricht, als neben ihr zu sitzen. Es dauert eine Weile, bis Bella merkt, dass Edward sich Hals über Kopf in sie verknallt hat. Aber er will sie schützen vor ihm selbst. Er und seine Familie sind zwar Vampir-Vegetarier und ernähren sich nur von Tierblut, doch hat er sein Verlangen wirklich noch unter Kontrolle?
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Äußerst einfühlsam fängt Regisseurin Catherine Hardwicke die Unsicherheit ihrer jugendlichen Protagonisten ein, schildert sie das aufkeimende Begehren und die selbst auferlegte Enthaltsamkeit. Sehr clever zeichnet sie Parallelen zwischen dem Isolationsgefühl der Pubertät und dem Außenseitertum der Blutsauger und umschifft dabei geschickt gängige Klischees aus Dracula-Verfilmungen von Knoblauch bis zum Kruzifix. Vampirismus scheint hier fast mehr eine Geisteshaltung zu sein. Blut fließt spärlich, und Edwards Verlangen scheint seltsam unkörperlich zu sein für einen Vampir, der aussieht wie 18, aber in Wirklichkeit weit über 80 ist. Das Motiv der Entjungferung, das allen Vampirgeschichten inhärent ist, wird hier so keusch gestreift, dass man mit der Altersfreigabe ab zwölf Jahren nicht ganz so streng sein muss.

Die Regisseurin, die für das sensible Drogendrama “Dreizehn“ ebenso verantwortlich zeichnet wie für den unglaublich bigotten Weihnachtskitsch “Es begab sich aber zu der Zeit“, ist zu bewundern für ihr Wagnis, ihre Teenie-Romanze nicht mit dem üblichen geleckten Highschool-Chic zu inszenieren, sondern eine düstere, angeschmuddelte Umgebung zu schaffen, in der die verklärte Love Story wie ein Lichtschweif am Horizont wirkt. Solange sie diesem Konzept treu bleibt, ist “Twilight“ trotz einiger konventioneller Weichzeichner und Zeitlupen ein aufregend anderer Jugendfilm.
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Doch leider gibt Hardwicke in der zweiten Hälfte den Erwartungen der Zielgruppe und des Marktes nach. Auf einmal kann Edward fliegen, hüpft mit Bella von Baum zu Baum und wird dabei Opfer der billigen Special Effects. Dazu wird das junge Liebesglück plötzlich bedroht von Vampiren, die dem Menschenblut keineswegs entsagt haben. Die wild grimassierenden Bösewichte sehen aus, als seien sie gerade einer “Buffy“-Folge entsprungen und wirken in ihrem Lumpen-Chic eher peinlich.

Als erwachsener Zuschauer folgt man der anschließenden Effekt- und Materialschlacht eher mit Stirnrunzeln, während man noch über den unfreiwillig komischen Sportausflug der Familie Cullen nachdenkt. Es ist bedauerlich, dass dieser so überzeugend begonnene Film auf den letzten Metern soviel an Glaubwürdigkeit verliert, nur damit auch ein paar actionversessene Jungs ein Kinoticket lösen. Die werden hier trotzdem nicht auf ihre Kosten kommen, denn dafür ist die Liebesgeschichte trotz aller Bemühungen einfach noch zu kleinmädchenhaft-romantisch.
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Wer aber verdient, dass man dem Film trotzdem eine Chance gibt, sind vor allem die beiden hinreißenden Hauptdarsteller. Die intensiv und verletzlich aufspielende Kristen Stewart wird ihren Weg im Hollywood-Kino ebenso machen wie ihr Leinwand-Schwarm Robert Pattinson, der nicht nur mit seinen 19 Jahren schon zum Sexsymbol avancierte, sondern als liebeskranker Untoter eine überzeugende Vorstellung gibt. Von den beiden werden Sie in Zukunft mehr sehen - nicht nur, weil sie für die “Twilight“-Fortsetzung “New Moon“ schon unterschrieben haben.
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01 08