'Twelve Years A Slave' mit Michael Fassbender und Chiwetel Ejiofor: Überzeugend, geht aber nicht ans Herz

4 von 5 Punkten
Das ist einer von den Filmen, die die Mitglieder der Academy, die alljährlich die Oscars verleiht, lieben: eine Story über die Befreiung von grausamen Unterdrückern, die auch noch auf einer wahren historischen Begebenheit basiert – und überdies zum neuen Lieblingsthema der US-Amerikaner, zur Sklaverei.
Von Mireilla Zirpins
Als ob die viel zu spät aufgenommene Beschäftigung mit der eigenen Vergangenheit der Rassendiskriminierung darüber hinwegtäuschen könnte, dass auch heute in Zeiten eines schwarzen Präsidenten Menschen mit weißer Hautfarbe immer noch mit Abstand die größeren Chancen haben in den Vereinigten Staaten. Und so wurde seit dem US-Start im Sommer Steve McQueens Underdog-Story fleißig als aussichtsreicher Oscar-Kandidat gehypt und am Ende mit dem Goldjungen ausgezeichnet. Dabei war dessen letzter Film ‚Shame‘ über einen sexsüchtigen Yuppie doch mit Abstand der bessere, nur leider einfach zu freizügig für viele prüde Amis. Einen weiteren Oscar einheimsen konnte übrigens auch Hollywood-Shootingstar Lupita Nyong´o für ihre Rolle.
In ‚Twelve Years A Slave‘ ist sogar McQueens Lieblingsschauspieler Michael Fassbender, der mit ihm schon ‚Hunger‘ und ‚Shame‘ zusammen drehte, wieder mit dabei, und auch er kann sich Hoffnungen auf einen Goldjungen machen, denn seine Darstellung eines sadistischen Sklavenhalters ist die intensivste des ganzen Dramas. Dabei spielt die Hauptrolle Chiwetel Ejiofor (‚American Gangster‘, ‚Children Of Men‘) und macht seine Sache gar nicht schlecht. Er mimt den Afro-Amerikaner Solomon Northup, der wenige Jahre vor Ausbruch des US-Bürgerkriegs, also Mitte des 19. Jahrhunderts, mit seiner Familie als freier Mann im Bundesstaat New York lebt und ein gutes Auskommen hat. Da wird der begnadete Geiger auf dem Weg zu einem Auftritt mit K.O.-Tropfen außer Gefecht gesetzt und findet sich in Keten auf einem Sklavendampfer in Richtung Louisiana wieder. Wie der Titel schon sagt, muss der arme Mann zwölf Jahre lang kämpfen und sich misshandeln lassen, bis er endlich sein Recht auf ein Leben in Freiheit durchsetzen kann.
Überzeugend, geht aber nicht ans Herz

Dabei durchläuft er zahlreiche Stationen bei unterschiedlichen Herrschaften, allesamt gespielt von illustren Schauspielern wie Benedict Cumberbatch (‚Sherlock‘, ‚Der Hobbit‘), der unter allen Sklavenhaltern noch der harmloseste ist, bis hin zu Michael Fassbender, der einen Choleriker erster Güte mimt - und zwar so, dass es beim Zuschauen wehtut, selbst wenn er mal gerade nicht zuschlägt. Dazu hat Produzent Brad Pitt noch eine Gutmenschen-Rolle für sich selbst gefunden, in der er wie seine Kollegen begeistert mit Südstaaten-Singsang parlieren darf. Das ist alles schön, wenngleich manchmal ein wenig prätentiös gefilmt und inszeniert. Alle Akteure spielen engagiert und überzeugend auf.
Die Figur des Solomon hingegen ist vielleicht ein wenig gewöhnungsbedürftig, denn er wird sehr stark auf die Opferrolle reduziert. Seine Strategie ist eine defensive Haltung, um zu überleben, bis Hilfe kommt. Das lässt ihn manchmal eindimensionaler wirken als seine psychologisch komplexer wirkenden Peiniger. Den Rausch aus Bildern, Musik und Stimmungen, der ‚Hunger‘ und ‚Shame‘ so besonders machte, sucht man hier vergeblich. Diesmal arbeitet Regisseur McQueen eher mit verfremdenden Soundeffekten oder Natur-Nahaufnahmen, die nicht jedermanns Sache sein müssen.
Insgesamt ein gelungener Film, der zum Thema Sklaverei wie ‚Django Unchained‘ oder ‚Lincoln‘ ebenfalls eine interessante Momentaufnahme bietet, aber vielleicht etwas zu wenig ans Herz geht.
Kinostart 16.01.2014