Tom Fords 'Nocturnal Animals': Düsterer Romantik-Thriller mit Amy Adams und Jake Gyllenhaal

Filmkritik zu 'Nocturnal Animals' zum Romantik-Thriller von Tom Ford
Bildgewaltig und brutal: Regisseur Tom Ford meldet sich mit 'Nocturnal Animals‘ auf der Leinwand zurück. Amy Adams und Jake Gyllenhaal müssen sich als Ex-Paar einer dunklen Wahrheit stellen. Doch auch dem Zuschauer verlangt der Romantik-Thriller einiges ab.
In der durchgestylten Welt von Susan Morrow (Amy Adams) wagen sich noch nicht einmal die akkurat frisierten Haare, ihre Form zu verlieren. Ein unscheinbares Päckchen mit einem Manuskript stellt das perfekte Leben der Kunsthändlerin jedoch plötzlich auf den Kopf. Das Werk mit dem Titel 'Nocturnal Animals‘ stammt von Susans Ex-Mann Edward (Jake Gyllenhaal), zu dem sie seit einer Ewigkeit keinen Kontakt mehr hat. Und plötzlich steckt Susan mitten in einer traurigen und brutalen Geschichte, die auch auf ihr eigenes Dasein einen dunklen Schatten wirft. Tony Hastings (ebenfalls gespielt von Jake Gyllenhaal) ist mit Frau und Tochter nachts auf der Landstraße unterwegs, als er von einer Gang überfallen wird und ihm das genommen wird, was er am meisten liebt.
In 'Nocturnal Animals‘ nimmt Tom Ford seine Zuschauer mit in zwei Welten. Denn nicht nur Amy Adams alias Susan steckt mit Aufschlagen des Manuskripts mitten im Geschehen, auch der Kinobesucher wird Zeuge der bestialischen Handlung. Quälend langsam lässt der Regisseur die Begegnung einer Familie mit einer durchgeknallten Gang auf einem Highway nachts im Nirgendwo von Texas eskalieren. Zwischendrin wechselt die Szenerie zurück in Susans Welt, deren scheinbar perfekte Fassade mit jeder gelesenen Zeile mehr Risse bekommt. In einzelnen Rückblicken erfährt der Zuschauer häppchenweise mehr über die einstige Liebe von Susan und Edward. Das Ganze läuft schließlich auf ein geplantes Wiedersehen der beiden hinaus. Wird es eine zweite Chance für ihre Liebe geben?
Als Bindeglied zwischen den beiden Erzählebenen fungiert Jake Gyllenhaal, der nicht nur den verträumten Autoren Edward mimt, sondern auch die Hauptfigur in dessen Roman spielt. Dem Zuschauer wird hier einiges abverlangt, nicht zwischen den vielen Erzählebenen verloren zu gehen - auch, wenn die gezielte Lichtgebung als Orientierungshilfe dient. So ist beispielsweise Susans Umgebung immer in kaltes Licht getaucht.
Gefangen zwischen Vergangenheit und Gegenwart: Das Spannungsfeld, in dem sich ihr Charakter Susan bewegt, steht Amy Adams förmlich ins Gesicht geschrieben. Man bekommt fast Mitleid mit der privilegierten Kunsthändlerin, die von ihrem jetzigen Ehemann (Armie Hammer) betrogen wird. Doppelt leiden muss Jake Gyllenhaal - und das zeigt er auch. Gekonnt transportiert er Tony Hastings gelähmte Verzweiflung und zerrissene Gefühlswelt.
Dabei steht ihm mit dem kettenrauchenden Lieutenant Bobby Andes (Michael Shannon) ausgerechnet ein Mann zur Seite, der überhaupt keine Gefühlsregung zeigen kann. Eine gelunge Kombination. Anders das Zwischenspiel von Adams und Gyllenhaal: In den gemeinsamen Szenen will der Funke als Paar irgendwie nicht so recht überspringen. Aaron Taylor Johnson, der den durchgeknallten Gang-Anführer Ray Marcus spielt, wurde für seine Leistung für einen Golden Globe als bester Nebendarsteller nominiert. Ebenso Tom Ford für die beste Regie.
Als Vorlage für das zweites Regie-Werk nach 'A Single Man' diente Tom Ford der Roman 'Tony & Susan' von Austin Wright. Während vor allem die starken Bilder überzeugen, wirken die Dialoge zum Teil zu klischeehaft. Die 116 Minuten Film wirken aber auf jeden Fall auch noch nach dem Kinobesuch nach - und das dürfte ja genau das sein, was Tom Ford erreichen wollte.
Von Anja Blanuscha