Tom Cruise zu klein als 'Jack Reacher'? Filmkritik

Tom Cruise ist 'Jack Reacher'
Tom Cruise als 'Jack Reacher' © dpa, Karen Ballard

3,5 von 5 Punkten

Katie Holmes fährt seit der Trennung von Tom Cruise regelmäßig mit der Straßenbahn zur Arbeit. Ihr Megastar-Ex-Gatte Tom Cruise zieht gleich und fährt Bus – aber natürlich nur auf der Leinwand in seinem neuen Actionfilm. Dort zeigt er sich zunächst als mysteriöser Rettertyp ganz volksnah, um dann doch den Helden zu markieren - allerdings mit deutlich weniger Action, als man es von Filmen wie ‚Mission: Impossible‘ oder ‚Knight & Day‘ von ihm gewohnt ist. Er will nämlich seinen Gegnern vor allem eins beweisen: Dass er auf keinen Fall zu klein ist für die Rolle des großen ‚Jack Reacher‘.

Titelheld Jack Reacher ist ein ehemaliger Militärpolizist, der nun als Selbstjustizengel durch die Vereinigten Staaten zieht und hier und da nach dem Rechten sieht. Er fährt immer schön mit den kleinen Leuten Bus, um keine Spuren zu hinterlassen und hat außer seiner Zahnbürste kein Gepäck dabei. Seinen immer gleichen Schlabberpulli wäscht er im Hotelzimmer jeden Abend selbst von Hand - eine prima Gelegenheit für Cruise, der den kleinen altmodischen Thriller auch mit produziert hat, plakativ seine gestählte Brust- und Bauchmuskulatur in die Kamera zu halten, während das Oberteil trocknet. Man kann die selbstbewusste Geste fast verstehen, hatten doch Fans der gleichnamigen Romanfigur aus einer Buchreihe von Lee Child im Vorfeld Cruise für ungeeignet befunden, nur weil er ihnen mit einer Körpergröße von 1,70 Meter zu klein erschien.

Kritiker und Zuschauer mag so offenherziges Posieren nicht vom Hocker reißen, Reachers Ermittlungspartnerin Helen (etwas blass: Ex-Bondgirl Rosamund Pike) jedoch muss irritiert die Augen abwenden und wird wenig später dem Proletencharme Reachers erliegen. Die Anwältin und der selbst ernannte Schnüffler drehen einen Fall um, der zunächst so eindeutig schien. Ein irrer Amokläufer hat scheinbar wahllos fünf Menschen getötet, darunter ein kleines Kind, und ist dank zahlreicher Spuren schnell verhaftet. Helen hat die undankbare Aufgabe, als Zwangsverteidigerin Barrs (Joseph Sikora) Unschuld zu beweisen. Reacher, der quasi aus dem Nichts auftaucht, will ihn endlich hinter Gittern sehen, hat der Typ doch schon im Irak auf Kollegen geballert. Doch bald muss Reacher einsehen, dass Barr tatsächlich unschuldig sein könnte.

Wenig Action, aber spannend

'Jack Reacher: wenig Action, aber spannend
Wenig Action, aber spannend: 'Jack Reacher' © dpa, Karen Ballard

Wurden hier vier Menschen erschossen, um den Mord an einem fünften zu kaschieren und jemand anderem in die Schuhe zu schieben? Was hat der mysteriöse Zec (Regisseur Werner Herzog, ‚Fitzcarraldo‘, mal wieder in einer Darstellerrolle) damit zu tun, und hängt Helens Vater (Robert Jenkins) etwa auch mit drin?

Obwohl Regisseur Christopher McQuarrie (Drehbuch zu ‚Die üblichen Verdächtigen‘) sich in puncto Action zurückhält, ist die geradlinig inszenierte Story doch sehr spannend. Da mag man darüber hinwegsehen, dass sich nicht alle Widersprüche auflösen lassen. Klasseschauspieler wie Robert Duvall sorgen in kleinen Rollen für große Auftritte, und selbst Tom Cruise überzeugt als knorriger Reacher, auch wenn er nicht 100 kg wiegt und zwei Meter misst wie im Buch. Dafür darf er in einer Szene sogar fünf Jungs auf einmal vermöbeln – und einer ist sogar einen ganzen Kopf größer als er. Und auch hier hat er sichtlich Spaß und scheint mit jeder Geste zu sagen: ‚Auf die Größe kommt es nicht an.‘

Von Mireilla Zirpins

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