Klaus Meine im Exklusiv-Interview
von Nicole Feybert
Hallo Klaus, schön dich zu treffen. Wie ist die Stimmung so kurz vor der Show?
Klaus Meine: Die ist bestens!
Ihr seid ja mitten in der Abschiedstour und habt noch viele Shows vor euch. Ist euch eigentlich ständig bewusst, dass es eure allerletzte Tournee ist?
Klaus: Tja, das ist einem Ende 2010 bewusster, als es noch Anfang des Jahres war. Mittlerweile haben wir fast 100 Konzerte gespielt, in Nordamerika, Kanada, Südamerika und kreuz und quer in Europa. Wir haben in diesem Jahr wirklich alles gegeben, dieser Break über den Jahreswechsel ist nun eine gute Sache. Aber es ist auch gut zu wissen, dass es im Februar in Bangkok weitergeht und wir noch ein wenig weiter um die Welt ziehen. Es wird ein langes Goodbye!
Ist so eine lange Tour ein Indiz dafür, wie schwer euch der Abschied fällt?
Klaus: Nein, überhaupt nicht. Das ist alles noch im Rahmen dessen, was wir seit vielen Jahren gewohnt sind. Mit jeder Veröffentlichung geht man zwei, drei Jahre auf Welttour, bevor man sich dann wieder zurückzieht und neue Songs schreibt, ein neues Album aufnimmt und so weiter. Wenn man jetzt 2010 ein neues Album veröffentlicht hat, dann ist das eigentlich die Regel, dass man zwei Jahre damit unterwegs ist. Wenn man sich nicht nur im deutschsprachigen Raum bewegt, dann erscheint das auch nicht als „zu viel“. Auch in diesem Jahr haben wir längst noch nicht überall gespielt. Aber du hast recht: Am Ende werden wir irgendwann an diesen Punkt kommen, dass wir das letzte Kapitel spielen und die letzte Zugabe ansteht, dann ist das sehr viel emotionaler als wir es uns jetzt vorstellen können … und wollen.
Sagt ihr einfach "Tschüss" und geht?
Okay, stell dir vor: Der letzte Akkord ist gespielt, und ihr steht da oben. Und dann? Sagt man dann einfach Tschüss und geht? Feiert ihr eine Party hinterher?
Klaus: (grinst): Wir haben uns im Detail noch gar keine Gedanken gemacht. Genauso wenig wie wir wissen, wo dieses allerletzte Konzert sein wird. Es geht nicht darum, die Tränen von morgen zu weinen, sondern 40 Jahre Rockgeschichte zusammen mit unseren Fans bei jedem Konzert zu feiern. Es ist ein wunderbares Gefühl, nicht nur die junggebliebenen Fans, sondern auch die jungen Leute vor der Bühne zu sehen - die und uns zum großen Teil zum allerersten Mal sehen! Das heißt jetzt aber nicht, dass wir doch noch 20 Jahre dranhängen (lacht), sondern wir meinen das schon ernst.
Welche Highlights bleiben euch aus über 40 Jahren Scorpions-Geschichte besonders im Gedächtnis?
Klaus: Da gibt es so viele. Wenn ich an unser Konzert in Bolivien denke, wo wir im größten Stadion der Welt gespielt haben. Zum ersten Mal in La Paz, das war auch eine unglaubliche Erfahrung, wenn man auf 3600 Meter Höhe ein Konzert spielt. Da sind wir alten Säcke doch noch in Topform! (lacht) Der Besuch bei Michail Gorbatschow 1991, wenige Tage bevor die Sowjetflagge auf dem Kreml eingeholt wurde, und natürlich der Fall der Mauer. Es ist schwer, einzelne Momente herauszuheben.
Könnt ihr euch daran erinnern, wo ihr am 9. November 1989 gewesen seid, als die Mauer fiel?
Klaus: Ja! Wir waren in einem Club in Paris, eingeladen von unserer französischen Plattenfirma. Ich weiß nicht mehr ob wir am nächsten Tag ein Konzert hatten, aber wir waren im „Les Bains Douches“ und da standen überall Fernseher rum. Auf einmal konnte man sehen, dass die Menschen auf der Mauer tanzten! Wir haben unseren Augen nicht getraut. Da haben wir uns gewünscht, in dem Moment dabei sein zu können.