'Saving Mr. Banks' mit Tom Hanks und Emma Thompson: Tom und Emma machen tolle PR für Disney

Bewertung: 4 von 5 Sternen
Wenn Medienkonzerne Backstage-Storys über ihre Box-Office-Hits drehen, riecht das stark nach Selbst-Beweihräucherung und weichgespülter Wirklichkeit. Auch in Disneys Biopic 'Saving Mr. Banks‘ über die Entstehung des Filmklassikers 'Mary Poppins' von 1964 ist so manches Detail der Dramaturgie zum Opfer gefallen. Der brillante Cast aber überzeugt auf ganzer Linie. Da sieht der informierte Zuschauer milde gestimmt gerne über die eine oder andere Realitätsverzerrung hinweg.
Von Christina Rings
Walt Disney, von Regisseur John Lee Hancock als jovialer Gute-Laune-Onkel gelobhudelt, ist mit Tom Hanks absolut ideal besetzt. Film-Magnat Walt hat sich in den Kopf gesetzt, das berühmte Kinderbuch 'Mary Poppins‘ zu verfilmen. Es gibt nur ein Problem: Autorin P. L. Travers (gewohnt genial: Emma Thompson mit biederer Dauerwelle) stellt sich quer. Ihre Figuren in den Kitschklauen von Donald Duck und Goofy? Ein Graus für die eigensinnige Britin. Doch auch ihr Idealismus kennt Grenzen. Als die Tantiemen-Schecks nicht mehr stündlich ins Londoner Patrizierhaus flattern und sich die Rechnungen stapeln, gibt sie Disneys Annäherungsversuchen nach. Wohlgemerkt, nachdem sie den armen Mann 20 Jahre lang hat zappeln lassen.
Travers reist in das aus ihrer Sicht total oberflächliche Hollywood, wo die verkniffene Lady ungefähr so deplatziert wirkt, wie Paris Hilton in einem französischen Autorenfilm. 'Nice to meet you'-Mentalität trifft auf unterkühltes Understatement - von den Machern herrlich auf die Spitze getrieben, als Travers in ihrem Hotelbett von einer überlebensgroßen Micky Maus überrascht wird.
"Travers hätte 'Saving Mr. Banks' gehasst"
Nach zähem Schlagabtausch zwischen Walt Disney und der widerspenstigen Autorin geht die Arbeit los - und zwar nicht weniger schleppend. Ständig gibt’s Stress, weil der misstrauischen Travers nicht gefällt, was das Drehbuchteam verzapft. Durchaus unterhaltsam dieses Gezicke. Das kann sich Frau Autorin aber bloß leisten, weil die Papiere mit den Filmrechten noch nicht unterzeichnet sind. Es gibt Stimmen, die behaupten, in Wahrheit sei alles schon in trockenen Tüchern gewesen, bevor Travers‘ Maschine nach L.A. abgehoben ist. Aber was soll die Erbsenzählerei? Der kleine Kunstgriff schafft einen starken Konflikt zwischen den Protagonisten und darum soll es am Ende schließlich gehen.
Nur langsam gelingt es den Amis durch beharrliches Zureden, die frostige Lady ein wenig aufzutauen. Und ganz allmählich erwärmt sich auch der Zuschauer für Travers. Das liegt - von Emma Thompsons begnadetem Schauspiel einmal abgesehen - an den kurzen Kindheits-Sequenzen, die in die eigentliche Handlung gestreut sind. Okay, die Flashbacks wirken anfangs noch arg manieriert. Aber fairerweise sollte man sich an dieser Stelle fragen, ob es denn eine elegantere Lösung gegeben hätte, Travers' bornierten Charakter im Spiegel der Vergangenheit zu betrachten. Wahrscheinlich nicht. Wie dem auch sei: Die etwas bemüht wirkenden Rückblenden funktionieren und verpassen der Story ein bisschen Tiefgang.
"Travers hätte 'Saving Mr. Banks' gehasst", orakelte Tom Hanks im Dezember noch auf dem Premieren-Teppich im kalifornischen Burbank. Ja, das hätte sie wohl. Genauso, wie Travers bekanntermaßen schon Disneys Musicaladaption von 'Mary Poppins' gehasst hat. Die überwiegende Mehrheit der Zuschauer dürfte da anderer Meinung sein. 'Saving Mr. Banks' ist ein Film, der das Herz weit macht und mit tollen Schauspielern punktet. Absolut sehenswert - auch wenn sich P. L. Travers beim Lesen dieser Zeilen womöglich im Grab umdrehen würde.
Kinostart 06.03.2014