RTL Kinopreview: 'Prometheus'

3,5 von 5 Punkten
Nachdem andere Regisseure für drei Fortsetzungen von Ridley Scotts legendärem Thriller „Alien“ sorgten, nimmt sich der Meister erstmals wieder selbst des Stoffes an und kreiert sozusagen die Vorgeschichte. Doch kann sein neues Weltraumabenteuer Prometheus mit „Alien“ mithalten?
Nach dem etwas esoterischen Prolog ist man da nicht so überzeugt, bis endlich Michael Fassbender die Szenerie betritt. Kaum fassbar, dass dieser Mann wegen chronischer Erfolglosigkeit fast die Schauspielerei aufgegeben hätte, bis Hollywood ihn mit über 30 in „Hunger“ und „Fish Tank“ entdeckte. Er überzeugt selbst als emotionsloser Android David, der ein bisschen aussieht wie David Bowie und eigentlich ein gleichgültiges Gesicht machen sollte. Doch entdeckt man nicht etwas wie kindlichen Eifer in seinem Gesicht, wenn er ballspielend seine Runden an Bord des Raumschiffs Prometheus dreht?
Sein Ballballett gehört zum Schönsten, was man in Science Fiction-Filmen je gesehen hat: poetisch, ästhetisch und formvollendet. Nicht umsonst denkt man an Stanley Kubricks „2001 – Odyssee im Weltall“, und bald wird man merken, dass David erstens nicht allein an Bord ist und zweitens seine freundlich-unbeteiligte Art etwas vom perfiden Bordcomputer HAL 9000 aus „2001“ (Sie wissen schon: „Sorry, Dave!“) hat. Scotts David, diese Maschine in Menschengestalt, fliegt im Jahr 2093 eine eingefrorene Besatzung zu einem fernen Planeten, wo man sich erhofft, Erkenntnisse über den Ursprung der Menschheit zu erlangen. Doch kaum hat er den Rest der Mannschaft aus dem Dornröschenschlaf erweckt, gibt’s Zank.
Großartige Momente und Splattereffekte verursachen gemischte Gefühle
Das Wissenschaftlerpärchen Shaw & Holloway (Noomi Rapace und Logan Marshall Green) hofft darauf, einen bewohnten Planeten vorzufinden und scheut den Kontakt zu den Extraterrestrischen nicht. Expeditionsleiterin Meredith Vickers (Charlize Theron) hingegen soll im Auftrag des Geldgebers vor allem die Kosten im Auge behalten – und würde am liebsten gleich wieder heimfliegen, als klar wird, dass es tatsächlich eine Lebensform auf dem fremden Stern gibt.
Gleich zwei starke Frauenfiguren lässt Ridley Scott, der mit Sigourney Weaver einst die erste echte weibliche Heldin eines SciFi-Thrillers schuf, hier antreten – bald auch gegeneinander. Denn einer der Astronauten hat sich beim ersten Ausflug in die Höhle der Urbewohner etwas eingefangen und darf nicht wieder mit an Bord. Doch die brutale Quarantäne kommt zu spät – wie in „Alien“ ist das Böse bereits an Bord, und es hat vor, sich zu vermehren. Wir bemühen uns, nicht zu viel preiszugeben, aber wer noch komplett überrascht werden will, überspringe diesen Absatz. Ausgerechnet die Dame an Bord, die glaubte, keine Kinder bekommen zu können, wird zum Wirtskörper für ein unbekanntes Wesen. Wenngleich die Idee der Schwangerschaft nicht neu ist in der „Alien“-Reihe, die ja ohnehin gespickt ist mit Geschlechtssymbolik, ist das doch hübsch ausgedacht und hätte in der Kammerspiel-Optik der „Prometheus“ das Zeug, so beklemmend zu wirken wie „Rosemary's Baby“. Doch leider setzt Scott hier nicht auf stillen Horror, sondern auf Action und zum Teil fast splatterige Effekte, und ab hier geht’s abwärts mit Scotts Film.
Zu viel religiös-philosophisches Gequatsche belastet sein Drehbuch, zu gewollt und unglaubwürdig wirken die Action-Einlagen und die Auflösung der Geschichte. Da kann alles noch so gut aussehen, wenn einmal die Glaubwürdigkeit abhandengekommen ist und einem als Zuschauer die verbleibenden Figuren beim Zehn-kleine-Astronauten-Spiel zunehmend egal sind, ist es vorbei. Schade, so bleibt „Prometheus“ ein Vorspiel zu „Alien“, das einen trotz großartiger Momente mit gemischten Gefühlen zurücklässt und mit dem großen Vorbild von 1979 nicht mithalten kann.
Von Mireilla Zirpins