Rebecca Ferguson im exklusiven Interview

Hierzulande gilt sie noch als Newcomerin, in ihrer Heimat Großbritannien seit drei Jahren ein Star: Rebecca Ferguson. Mit "Light On" liefert das Stimmwunder aus Liverpool den Song zu "30 Jahre RTL". Warum die 27-Jährige lange Zeit an sich gezweifelt hat, das aktuelle Album ein echtes Statement ist und welche Personen ihr helfen, "auf dem Teppich zu bleiben", hat uns Rebecca exklusiv im Interview verraten.
Von Nicole Feybert
Rebecca, Glückwunsch zu deinem neuen Album 'Freedom'. Was verbindest du mit dem Titel?
Rebecca Ferguson: Vielen Dank! Ich singe, seitdem ich ein kleines Mädchen bin, aber ich habe mich in den letzten Jahren als Künstlerin immer etwas blockiert gefühlt, weil ich eine Menge schlechter Leute angezogen habe. Ich habe dann schnell gelernt, dass der einzige Weg, mich als Künstlerin zu verwirklichen, der ist, mich von diesen negativen Einflüssen zu befreien. 'Freedom' ist daher mein Statement, mich selbst zu akzeptieren. Dazu gehört auch die Tatsache, dass ich wirklich singen kann. Das Album sagt: Weißt du was, ich bin frei und habe gelernt, mein Talent auch zu genießen.
Eine bezeichnende Songzeile im Song 'My Freedom' heißt "You can't take the freedom out of my life …" Eine Referenz an all diese Menschen und Situationen, die dich eingeengt haben?
Rebecca: Ich bin von Natur aus sehr schüchtern, und das hat mich oft auf den falschen Pfad geführt. Daher soll der Song den Menschen zeigen, dass ich durchaus in der Lage bin, zu kämpfen und "nein" zu sagen. Es ist mein Talent, und ich entscheide allein, was ich damit anfangen möchte. Es ist ein starkes Statement und jedes Mal interessant, die intensive Reaktion des Publikums zu sehen, wenn ich es live singe. Offenbar können sich viele Menschen damit identifizieren.
Deine Schüchternheit war in den ersten Folgen der 'X-Factor'-Staffel unübersehbar: Du hast während des Singens zu Boden geschaut und warst sehr unsicher. Wie ist es für dich, diese Aufnahmen heute zu sehen?
Rebecca: Du hast das gesehen? Oh Gott (lacht). Weißt du, wenn ich mir das heute anschaue, finde ich das ziemlich erschreckend. Ich schaue mich an und frage mich selbst, warum ich es zulassen konnte, dass ich so unsicher wurde. Heute passe ich sehr darauf auf, nie wieder zu diesem unsicheren Mädchen zu werden. Ich stelle sicher, dass ich mich nur mit positiven Leuten umgebe, die mir gut tun. Ich brauchte damals jemanden, der mir versichert "Du bist gut, in dem was du tust, hör auf, an dir zu zweifeln".
Hat dir nie jemand gesagt, wie gut deine Stimme ist?

Rebecca: Nein, ich war mir darüber nicht im Klaren. Ich habe nicht an mich geglaubt. Heute weiß ich gar nicht mehr, warum. Ich brauchte wahrscheinlich die Bestätigung von Leuten wie Simon Cowell, dass ich gut bin. Daraufhin bin ich erstmal in Tränen ausgebrochen und habe mir gesagt "Oh Gott, ich bin wirklich gut?" (lacht) Ja, ich weiß, das klingt total albern, aber ich habe das gebraucht.
Wie war es für dich, mit dem Mediahype und öffentlichen Interesse umzugehen? Wurdest du darauf gut vorbereitet?
Rebecca: Man ist gezwungen, das schnell zu lernen. Das muss man auch. Die letzten Jahre waren ein sehr gutes Training. Es kann eine echte Herausforderung sein, mit dieser ganzen Öffentlichkeit klarzukommen. Aber darüber habe ich auch viel über meine Stärken gelernt.
Kritiker vergleichen dich und deine stimmlichen Fähigkeiten mit Größen wie Aretha Franklin und Macy Gray. Fühlst du dich dadurch unter Druck gesetzt oder macht dich das eher stolz?
Rebecca: Letztes Jahr habe ich noch gesagt "Bitte lasst das. Vergleiche mit solchen Personen halte ich nicht aus!" Dieses Jahr fühle ich mich selbstbewusster in meiner Haut, so dass ich das als Kompliment auffasse und auch mit einem schlichten "Danke" annehmen kann. Ich habe nichts mehr dagegen, aber gleichzeitig - es ist mir bewusst, dass es die große Aretha ist. SIE ist und bleibt die Göttin des Soul. Ich bin auf ewig ein großer Fan von ihr.
Du bist auch ein großer Fan der Kings of Leon und hast mal gesagt, dass du gerne mit ihnen zusammenarbeiten würdest.
Rebecca: Wenn sie das tun würden, das wäre schon toll. Ich habe mir schon insgeheim die Performance mit ihnen vorgestellt ... (lacht)
Rock und Soul. Das wäre ein interessanter Soundmix ...
Rebecca: Ich finde es toll, Musikstile zu mischen. Das machen z.B. Countrysänger mit Rappern. Wenn zwei unterschiedliche Künstlertypen aufeinandertreffen, ist das immer sehr spannend! Vor allem, wenn es so gute Musiker sind wie Kings of Leon. Sie haben einmal bei einer Preisverleihung direkt am Tisch nebenan gesessen, aber es hat sich leider keine Gelegenheit ergeben, Hallo zu sagen.
Was war bislang für dich die aufregendste Begegnung mit einem Künstler?
Rebecca: Das war Lionel Richie. Ich durfte ein Duett mit ihm singen, und er ist einer der nettesten Menschen, die mir jemals begegnet sind. Ach ja, und es war ebenfalls eine Ehre, mit Andrea Bocelli zu singen. Seine Stimme hat mich fast umgeworfen. Er hat eine unglaubliche Bühnenpräsenz und sein Gesang ist schlichtweg fehlerlos. Das waren definitiv zwei Ereignisse, von denen ich noch meinen Enkeln berichten werde.
Du hast lange für den Erfolg gearbeitet - ist das Leben mit Erfolg und öffentlichem Interesse so, wie du es dir vorgestellt hast?
Rebecca: Die meiste Zeit denke ich daran, wie glücklich ich mich schätzen darf, dass ich das mache, was ich mache. Aber es gibt auch Momente, in denen ich denke "Das ist nicht so, wie du es erwartet hast." Zum Beispiel, dass Leute die Kontrolle über mich haben wollten. Ein Künstler sollte frei darin sein, nach seinen eigenen Vorstellungen arbeiten zu dürfen. Das durchzusetzen, war für mich persönlich die größte Herausforderung. Heute habe ich ein tolles Team um mich, was mir eine gute Arbeitsatmosphäre bietet.
Du hast vor 'X-Factor' bereits bei einigen Auditions vorgesungen – und wurdest abgelehnt. Wie hast du dich motiviert, trotzdem weiter zu machen?
Rebecca: Ich hatte einen Traum, der trotz dieser Absagen immer in meinem Kopf blieb. Dass er nicht wegging, hat mich ziemlich fertig gemacht. Ich habe versucht, mich auf mein Studium zu konzentrieren, aber letzten Endes war dieser Traum immer präsent. Ich versuchte es also wieder, wurde abgelehnt, versuchte es wieder. Bei der letzten 'X-Factor-Audition, bei der ich nicht genommen wurde, war ich schon sehr verzweifelt. Mir schienen die ganzen Jahre mit Gesangsstunden, Tanzunterricht und allem umsonst gewesen zu sein. Seitdem ich 14 Jahre alt war, hatte ich schließlich gearbeitet, um mir das alles selbst zu finanzieren. Aber ich habe durchgehalten und es hat funktioniert.
Du hast zwei Kinder: eine Tochter und einen Sohn - deine härtesten Kritiker?
Rebecca: (lacht) Ja, ich denke, das sind sie. Aber das ist gut, denn die beiden bewahren mich davor, meine Bodenständigkeit zu verlieren. Wenn mein Sohn zu mir sagt "jetzt nicht, Mama" oder er seinen Kakao verschüttet hat und ich das Chaos beseitige - das hält einen schon sehr auf dem Teppich. Für meine Kinder bin ich eben nur "Mom". Das ist definitiv ein guter Reality-Check. Viele Kollegen verlieren in diesem Geschäft leicht die Bodenhaftung.
Wie hart ist es, in diesem Geschäft Mutter zu sein?
Rebecca: Es ist hart, weil du deinen Tagesablauf doppelt diszipliniert planen musst. Aber es liegt auch bei mir, Prioritäten zu setzen. Die liegen für mich bei meinen Kindern.
Vielen Dank für das Interview.