Kein Wunder, dass Jessica Alba nicht zur Weltpremiere ihres neuen Films “The Killer Inside Me“ nach Berlin kam. Die Schauspielerin soll sogar aus einer Testvorführung in den USA getürmt sein, weil sie ihren eigenen Streifen nicht ertrug. Genau so erging es auch mancher anderen eher zartbesaiteten Dame bei den Berliner Filmfestspielen.
Das Hollywoodschnuckelchen wird in Michael Winterbottoms verstörendem Thriller nämlich von Casey Affleck förmlich zu Hackfleisch geschlagen. Ben Afflecks kleiner Bruder, der mal wieder beweist, dass er der um Längen bessere Schauspieler ist, mimt einen Fifties-Provinz-Cop, der ein paar psychische Probleme mit sich herumschleppt, nach außen aber wie ein liebenswürdig vernuschelter Milchbubi wirkt.
Jessica Alba gibt das Freudenmädchen, das sein Herz an ihn verschenkt. Doch die Beziehung der beiden ist von Anfang an geprägt von Gewalt. Er peitscht ihr den Hintern blutig, würgt sie brutal mit seinem Gürtel, doch ihr scheint das Lust zu verschaffen. Harte Kost für den Zuschauer, dem kein Schlag erspart wird - ganz im Gegenteil: In Rückblenden erfreut sich Affleck noch einmal an seinen Taten.
Nebenbei unterhält er noch ein Verhältnis mit Kate Hudson, die als verhuschte Brünette mit aufgedunsenem Gesicht und verschmiertem Lippenstift eine großartige Vorstelling gibt. Bald bekommt auch sie ihr Fett weg. Als der Cop bei einer seiner Gewalteskapaden zu weit geht, muss er sein wildes Treiben vertuschen und zieht fortan eine blutige Spur hinter sich her.
Das war zuviel für den Magen mancher Berlinalebesucherin. Einige Damen verließen angewidert den Saal. Wer bis zu Ende mit angesehen hatte, wie Regisseur Michael Winterbottom die in schöne Farben verpackte Prügelshow noch ironisch mit launiger Musik unterlegte, diskutierte hinterher irritiert mit dem Sitznachbarn über den Sinn des Ganzen oder machte seinem Unmut durch Buhrufen laut. “The Killer Inside Me“ ist bei weitem kein schlechter Film, aber eben kein einfacher.
Jessica Alba, Kate Hudson und Casey Affleck blieb zum Glück erspart, dass ihre großartigen schauspielerischen Leistungen in der Empörung über die exzessiven Grausamkeiten untergingen. Nur Regisseur Michael Winterbottom, der zuletzt “A Mighty Heart“ mit Angelina Jolie gedreht hatte, stellte sich tapfer den kritischen Fragen und verteidigte seinen Film damit, dass man Gewalt nicht ansprechend darstellen könne, wenn man glaubwürdig sein wolle. Ganz ehrlich: Natürlich wirkt es authentischer, wenn Jessica Alba nach minutenlangem Malträtieren kein bisschen hübsch mehr aussieht, aber es tut trotzdem so in der Seele weh, dass man es lieber nicht gesehen hätte.