Pedro Almodóvars 'Die Haut, in der ich wohne'

3,5 von 5 Sternen

Antonio Banderas modelliert die perfekte Frau und überschreitet dabei nicht nur die Grenzen der Ethik, sondern auch des guten Geschmacks – klingt nach einem weiteren Abenteuer von Hannibal Lecter, ist aber der neue Film von Pedro Almodóvar.

Wie immer bei Almodóvar ist es schwer zusammenzufassen, wovon der Film handelt, geschweige denn ihn eindeutig einem Genre zuzuordnen. Im Zentrum steht der gefeierte Chirurg Robert, sehr elegant mit einem Hauch von Cary Grant verkörpert von Antonio Banderas, der in seiner Klinik eine einzige Patientin behandelt. Vera (Elena Anaya, schon bekannt aus Almodóvars 'Sprich mit ihr') trägt einen Ganzkörperbody, unter dem nach einer Transplantation ihre Haut heilen soll. Doch bald ahnt der Zuschauer, dass hier einiges nicht stimmt.

Warum wird die bildschöne junge Frau gefangen gehalten? Was läuft zwischen ihr und dem Arzt? Was ist das für eine künstliche Haut, die Robert mit Hilfe von Gentechnik entwickelt hat? Sieht seine Patientin seiner bei einem Unfall verbrannten Ex-Frau nur ähnlich, oder ist sie es am Ende sogar? Ist die Mischung aus Wachhund und Krankenschwester (noch eine alte Bekannte aus dem Almodóvar-Kosmos: Marisa Peredes) etwa die Mutter des Chirurgen? Und wie irre ist dieser Doktor eigentlich hinter seiner seriösen Fassade? Nur so viel sei hier verraten: Eine Überraschung jagt die nächste, und es werden buchstäblich einige Leichen aus dem Keller geholt. Dabei scheut sich Almodóvar nicht vor Geschmacklosigkeiten.

Optisch opulent, aber flüchtig

Doch keine Sorge: Das enfant terrible des spanischen Kinos hat keinen splatterigen Thriller geschaffen, sondern ein Arthouse-Drama mit Spannungselementen. Hier sieht wie immer bei Almodóvar alles schick und gelackt aus, nur dass die teils ordinäre Sprache der Protagonisten nicht so recht zur opulenten Optik passen will. Für Zartbesaitete wird sicher auch zu oft das Skalpell geschwungen, aber immerhin sieht alles, was Antonio Banderas zerlegt und wieder zusammenflickt, schön aus.

Was bei diesem Film nicht funktioniert: Er bietet keine wirkliche Identifikationsfigur. Und trotz all der verwinkelten Handlungsstränge, Rückblenden und überraschenden Wendepunkte, die einem direkt nach dem Kinobesuch verstört zurücklassen, ist Almodóvar trotz aller handwerklichen Perfektion nicht der große Wurf gelungen. Man gerät in einen ästhetischen und faszinierenden Sog aus Bildern und Musik, von dem man trotz der hervorragenden Darstellerleistungen jetzt schon weiß, dass er so flüchtig sein wird wie Almodóvars letztes Werk 'Zerrissene Umarmungen'. Oder könnten Sie dessen Story noch nacherzählen?

Von Mireilla Zirpins

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