One Chance mit James Corden, Alexandra Roach und Julie Walters: Vom Handyverkäufer zum Meistertenor

3,5 von 5 Punkten
Ein Film über das Leben von Paul Potts? Im ersten Augenblick dürften die meisten von uns wohl ähnliches denken. Die Geschichte vom schüchternen Handyverkäufer, der mit seinem Auftritt bei ‚Britain’s Got Talent‘ das ganze Land zum Heulen brachte und seither als gefeierter Star lebt, haben wir alle mehr als einmal gehört. Umso mehr kann Regisseur David Frankel (‚Der Teufel trägt Prada‘) mit seinem Biopic ‚One Chance - Einmal im Leben‘ überraschen.
Von Anja Blanuscha
Willkommen im Vorstadtmief der englischen Industriestadt Port Talbot. Der pummelige Schuljunge Paul (später gespielt vom britischen Theater/TV/Komödie-Star James Corden) wird von Mitschülern durch die Gassen gehetzt. Dabei kann der schüchterne Knabe keiner Fliege was zuleide tun. Alles was er will ist singen – und zwar Oper. Obwohl sein Gesangstalent im Rahmen der Möglichkeiten gefördert wird – zumindest von seiner Mutter Yvonne (Julie Walters, ‚Billy Elliott – I Will Dance‘), Vater Roland (Colm Meaney ‚‘Männertrip‘) sieht die Zukunft seines Sohns eher im benachbarten Stahlwerk als an der Staatsoper – mangelt es Paul vor allem an einem: Selbstbewusstsein. So gibt er sich mit seinem Job in einem Handyladen zufrieden, wo ‚Pottsy‘ in seinem Vorgesetzen, dem durchgeknallten Braddon (Mackenzie Crook, bekannt aus der Filmreihe ‚Fluch der Karibik‘), einen echten Freund findet. Erst der lebensfrohen Julie-Ann ‚Julz‘ (Alexandra Roach ‚Anna Karenina‘), gelingt es, dass er an sich selbst und seinen Traum, Oper zu singen, glaubt und dafür kämpft. Leider zieht Paul statt des Erfolgs vor allem das Pech magisch an: Sei es der verpatzte Auftritt vor Pavarotti oder eine Blinddarm-Not-OP in der Nacht vor der ersten Premiere - Paul muss einen Rückschlag nach dem anderen verkraften. Ein Unfall wirft ihn schließlich komplett aus der Bahn …
Englischer Humor und verschrobene Typen

Wer jetzt denkt, hier wird eine Arie nach der nächsten geschmettert, der irrt. Im Gegenteil: Im Zentrum steht die rührende Liebesgeschichte von Paul und Julz. Durch das authentische und unaufgeregte Spiel von James Corden und Alexandra Roach wachsen dem Zuschauer die Figuren schnell ans Herz, der typisch englische Humor tut den Rest dazu. Den gemütlichen Charakteren hat Regisseur David Frankel auch das Tempo des Films angepasst, mit 103 Minuten Spiellänge nimmt er sich für die Geschichte die nötige Zeit. Ganz ohne Oper und das berühmte ‚Nessun Dorma‘ geht es selbstverständlich nicht: Wenn Potts mit seiner Gesangspartnerin auf dem Markusplatz in Venedig für die Pavarotti-Audienz übt, kommt kurz Musical-Feeling auf. Stellenweise wirkt die Story etwas zu geschönt. Beispielsweise wenn Paul in der Hochzeitsnacht einen Monolog über „Nessun Dorma“ hält, nachdem ihm seine Angetraute einen wertvollen Mitschnitt geschenkt hat. Für Potts großen Showdown bei ‚Britain’s Got Talent‘ haben die Filmemacher auf reale Szenen zurückgegriffen. Selbst, wenn die meisten von uns den Auftritt seiner Zeit gefühlte hundert Mal gesehen haben, fiebert man in diesen Sekunden erneut mit dem britischen Tenor mit.
Auch wenn in der Welt der Oper bekanntermaßen das Drama dominiert, punktet ‚One Chance – Einmal im Leben‘ vor allem, weil er als Komödie angelegt ist. Wer gerne Filme jenseits der durchgestylten Hollywood-Blockbuster schaut, auf etwas verschrobene Typen und englischen Humor steht, dem sei dieses Werk empfohlen – ein gewisses Interesse an der Lebensgeschichte von Paul Potts vorausgesetzt.
Kinostart: 22.05.2014