Odd Couples - schräge Filmpaare

Dürfen wir vorstellen? Die wahrscheinlich skurrilste Leinwandliebe aller Zeiten: Harold und Maude. Er ist mit seinen zarten 18 nicht nur fast 60 Jahre jünger als die auf die 80 zugehende Maude, sondern auch charakterlich das genaue Gegenteil. Denn Harold (Bud Cort) ist höchst depressive veranlagt und versaubeutelt jeden Versuch seiner Mutter, ihn mit gleichaltrigen Mädchen zu verkuppeln, weil er ständig Selbstmordversuche inszeniert. Ganz im Gegensatz zur rüstigen und verrückten Maude (Ruth Gordon), die im Alter das Leben in vollen Zügen genießt. Sie sprudelt über vor Energie und Freude. Wo sich die beiden kennen lernen? Auf einem Friedhof natürlich! Und schon ist Bei Harold Feuer und Flamme für die rüstige Rentnerin, doch ist von vornherein klar, dass diese Liebe nicht von Dauer ist.

Noch so ein schräges Paar: Oskar Matzerath (David Bennent), der Junge, der mit drei Jahren zu wachsen aufhörte, und seine kleinwüchsige Freundin Roswitha (Mariella Oliveri). Der Protagonist von Günter Grass' berühmten Roman „Die Blechtrommel“, den Volker Schlöndorff für die Leinwand adaptierte, protestiert mit seiner Wachstumsverweigerung gegen seine verlogene Familie und den NS-Staat, in dem er heranwächst. Auf die Größe kommt es aber bekanntlich nicht an, und so kann der Dreikäsehoch bei den Frauen trotzdem punkten. Mit 16 Jahren verspürt Oskar plötzlich eine Anziehung zum weiblichen Körper – zu dem der Hausangestellten Maria (Katharina Thalbach). Maria aber unterhält eine Liaison mit Oskars vermeintlichem Vater. Nichtsdestotrotz lässt die junge Ladengehilfin Oskar einmal ran und wird prompt schwanger. Oskar erkennt die Aussichtslosigkeit seiner Liebe und flüchtet sich zu einer Frau, die wenigstens nicht doppelt so groß ist wie er – zu Roswitha. Doch auch diese Beziehung verläuft unglücklich, sodass der arme Oskar bald wieder Grund hat, sich auf seiner Spielzeugtrommel den Frust aus dem Leib zu hämmern.

Das „Gangsterpaar in love“ brachte bereits 1967 Aufruhr in die Kinos. Die Story ist, insbesondere für damalige Verhältnisse, schon sehr bizarr: Die blutjunge Bonnie (Faye Dunaway) beobachtet den Räuber Clyde (Warren Beatty) dabei, wie er das Auto ihrer Mutter stiehlt. Jeder normale Mensch hätte vermutlich die Polizei alarmiert. Doch wider Erwarten bestärkt Bonnie den äußerst charmanten Clyde in seiner Tat, begibt sich mit ihm auf die Flucht und provoziert ihn zu weiteren Überfällen. Eine außergewöhnliche Lovestory, die dem unverbesserlichen Drang nach Risiko, Spiel und Action entspringt und zu einem dauerhaften Adrenalinkick mutiert. Das eigenwillige Pärchen ist übrigens keine Erfindung eines besonders abgedrehten Drehbuchautors, sondern hat ein reales Vorbild aus den USA der 1930er Jahre.

Langeweile kann unmöglich der Antrieb einer innigen Liebesgeschichte sein? Iwo! Unzählige erotische Abenteuer hat sie hervorgebracht. So wie in dem Drama „Die Reifeprüfung“ von Mike Nichols. Der junge Benjamin (Dustin Hoffman), der gerade sein College beendet hat und die Zeit mit Nichtstun totschlägt, beginnt eine Affäre mit der viel älteren und verheirateten Mrs. Robinson (Anne Bancroft). Beide scheinen das gleiche Motiv zu haben: Sehnsucht nach Freiheit und Flucht aus bedrückender Eintönigkeit. Für eine Weile ist das für Benjamin genau der richtige Zeitvertreib, bis er sich ausgerechnet in Mrs. Robinsons hübsche Tochter Elaine (Katharine Ross) verliebt und aus seiner Lethargie erwacht. Der schüchterne Musterschüler stellt sich einer Reifeprüfung und rebelliert fortan gegen die pseudo-moralische Vorstadtidylle. Doch niemand ist grausamer als eine betrogene Geliebte. Und so sinnt Mrs. Robinson auf Rache und sorgt dafür, dass Elaine mit einem anderen in den Hafen der Ehe steuern will…

Gleich ein flotter Dreier bei Mary Reilly, Dr. Jekyll und Mr. Hyde? Nicht ganz. Das schüchterne Mädchen Mary (Julia Roberts) flüchtet vor seinem trunksüchtigen und gewalttätigen Vater und beginnt ein neues Leben als Dienstmädchen im Hause von Dr. Jekyll (John Malkovich), der sich heimlich nach der Magd verzehrt. Doch Mary scheint sich mehr zu dem neuen Gast des Hauses hingezogen zu fühlen, Jekylls geradezu animalischem Assistenten Mr. Hyde (auch Malkovich), der Mary belästigt. Einerseits findet sie den vulgären Mann abstoßend, andererseits fühlt sie sich paradoxerweise von seiner Triebhaftigkeit ununterdrückbar angezogen. Zu spät erkennt sie, dass beide Männer Alter Egos ein und derselben Person sind.

So richtig schräge Lovebirds verkörpern Till Schweiger als Pflegehelfer Nick und Johanna Wokalek als seine verrückte Patientin Leila in „Barfuss“. Nick bekommt in seinem Leben rein gar nichts gebacken, denn er verliert ständig seinen Job, und sogar seine eigene Familie hält ihn für einen Versager. Auch den Job in einer Psychoklinik ist er schnell wieder los. Hätte er dort bloß nicht Leila das Leben gerettet, als die sich am Gürtel ihres rosa Frottee-Bademantels erhängen wollte. Denn die psychisch schwer kranke Frau türmt aus der Klapse und folgt ihm fortan auf Schritt und Tritt. Allein lassen kommt nicht in Frage, denn Leila findet sich draußen in der Welt nicht zurecht. So können der glücklose Chauvi und die vertrottelte Suizidpatientin nun Hand in Hand in jeden Fettnapf treten. Leila trägt dabei übrigens keine Schuhe.

Noch abstruser ist die Leinwandliebe zwischen dem naiven Benigno (Javier Cámara) und der Komapatientin Alicia (Leonor Watling). Die zwei Menschen haben nämlich in ihrem gesamten Leben noch kein einziges Wort miteinander gewechselt. Die Tänzerin Alicia fiel ins Koma, bevor Benigno ihr seine Liebe offenbarte. So kann sie sich gar nicht äußern zu dem, was ihr Benigno zu erzählen hat – und sich nicht dagegen wehren, dass er ihr seine Zuneigung auch körperlich zeigt. Ihr einsamer Pfleger erschafft sich nämlich eine Scheinwelt, in der er mit der Hirntoten bereits eine Familie plant und setzt das Ganze auch in die Tat um. Alicia wird schwanger und Benigno verhaftet. Dabei ist er sich ganz sicher, nicht gegen den Willen der jungen Frau gehandelt zu haben…

Wie können zwei Menschen auf derart unterschiedlichen Bahnen kreisen, um dennoch miteinander zu kollidieren und sich lieben zu lernen? Sissi (Franka Potente) mimt eine fast enthobene, verträumte Krankenschwester, die in einer geschlossenen Psychiatrie arbeitet und einen mehr als guten Kontakt zu ihren Patienten pflegt, insbesondere zu den männlichen. Selbst die routinierte Befriedigung per Handbetrieb unter der Bettdecke des verrückten Jörg Steinkohl wirkt nicht eklig, sondern vielmehr liebevoll und fast banal. De facto verkörpert Sissi die gütige Herrscherin in dieser psychiatrischen Abteilung fernab der Realwelt. Da trifft sie draußen im wirklichen Leben auf den Ex-Soldaten Bodo (Moritz Bleibtreu), der ihr das Leben rettet, als er selbst gerade nach einem misslungenen Diebeszug auf der Flucht ist. Doch er steht nur auf den ersten Blick mit beiden Beinen im Leben und hütet wie Sissi ein dunkles Geheimnis. Das verbindet. Und so heftet sie sich ungefähr so hartnäckig an seine Fersen wie Leila in „Barfuss“.

Auch Forrest Gump (Tom Hanks) und seine liebe Freundin Jenny bilden ein niedlich-schräges Leinwandgespann. So wird der minderbemittelte Forrest wegen eines IQs von 75 und seiner Gehbehinderung von seinen fiesen Mitschülern gehänselt. Zum Glück gibt es die kleine Jenny, die stets zu ihm hält. Trotz seines etwas beschränkten Intellekts verbucht der sympathische Kauz seit dem College viele Erfolge, schafft es als Footballstar aufs Siegertreppchen („Lauf, Forrest, lauf“), rettet seinem Vorgesetzten im Vietnamkrieg das Leben, zeigt Elvis einen neuen Tanzstil und avanciert zu einem millionenschweren Mann. Nichtsdestotrotz wünscht sich der Minderbemittelte nur eines: seine Jugendfreundin Jenny (Robin Wright Penn), die er bald wieder trifft. Aber bei so viel Idiotenglück kann man nicht auch noch Glück in der Liebe haben…

Egal mit wem Woody Allen in seinen Filmen anbändelt – es wirkt meist skurril und geht in der Regel nicht gut aus. In „Manhattan“ treibt er es auf die Spitze und mimt den erfolgreichen New Yorker Fernsehautor Isaac David, der sich mit der hübschen, aber noch minderjährigen Tracy (Mariel Hemingway). Pädophile Ader? Nicht ganz. Vielmehr will der Autor nach dem Scheitern seiner ersten Ehe seine Männlichkeit unter Beweis stellen und sucht sich dafür eine Partnerin, die ihm unterlegen scheint. Doch bald stellt sich heraus, dass die frühreife Tracy viel erwachsener ist als der spleenige Isaac. Lang geht das nicht gut.
