Nur Meryl Streep ist 'ne Wucht: Die eiserne Lady

3 von 5 Punkten
Will man Maggie Thatcher, die sich mit ihrer Politik nicht viele Freunde gemacht hat, wirklich als Frau und als Mensch kennen lernen, will man Mitleid mit ihr haben, wenn sie imaginäre Gespräche mit ihrem verstorbenen Gatten führt? Ein ganz klares 'Ja': Und zwar einzig und allein, weil sie in ‚Die eiserne Lady‘ von Meryl Streep gespielt wird, die sich, entstellt durch künstlichen Überbiss und Toupierfrisur, wirklich selbst übertrifft.
Kate Beckinsale formulierte es kurz vor der Oscar-Verleihung in einem Interview mit uns so: "Ich drücke Meryl Streep die Daumen für die Oscar-Verleihung. Sie spielt einen ungeheuerlichen Bösewicht aus unserem Land". So wie die gebürtige Britin sehen das viele ihrer Landsleute. Margaret ‚Maggie‘ Thatcher war zwar der erste weibliche Premierminister des Vereinten Königreichs – aber nicht gerade der beliebteste. Die konservative Politikerin schaffte die kostenlose Schulmilch für Grundschulkinder ab, entmachtete die Gewerkschaften und sorgte für Rekordarbeitslosigkeit. Einzig der völlig unnötige Krieg um die Falklandinseln bescherte ihr einen kurzen Popularitätsschub. Doch so unsympathisch will sie Regisseurin Phyllida Llyod (‚Mamma Mia‘) in ihrer Filmbiografie ‚Die eiserne Lady‘ gar nicht sehen.
Sie zeigt uns, wie die junge Margaret Roberts (Alexandra Roach) sich im Krämerladen ihrer Eltern abrackert, um studieren zu können und bei ihrem Einstieg in die Politik von den meist männlichen Konkurrenten aus besseren Verhältnissen als verhärmter Emporkömmling abgekanzelt wird. Dann macht sie alles richtig: Sie heiratet den reichen Unternehmer Dennis Thatcher (als junger Mann Harry Lloyd, später dann Jim Broadbent) und kann es sich leisten, politisch zunächst erfolglos zu sein. Eine Typberatung bringt den Umschwung: mit auftoupierter Fusselfrisur und Sprechtraining gegen die Kreissägenstimme wird Thatcher, nun gespielt von Meryl Streep, zur Parteivorsitzenden und ist nicht mehr aufzuhalten.
Der Film entwickelt den Aufstieg und Fall der Margaret Thatcher in Rückblenden, inszeniert als subjektiv erinnerte Momente der alternden und nach mehreren Schlaganfällen bereits dementen Ex-Politikerin im Zwiegespräch mit ihrem verstorbenen Mann. Man ist zunächst gebannt von Meryl Streeps unglaublich akkurater Darstellung der von schwerer Krankheit gezeichneten alten Frau. Weit von bloßem Kopismus entfernt, verleiht sie selbst der Hutzel-Oma Thatcher Würde und eine ganz persönliche Note und schafft nicht nur mithilfe der großartigen Maske mühelos die Hürde, Jahrzehnte der Alterung glaubhaft darzustellen.
Doch irgendwann stört einen, dass hier hauptsächlich aus Sicht Margaret Thatchers erzählt wird. Wer bitte hat eigentlich Thatcher drei Mal gewählt? Die Antwort darauf bleibt der Film schuldig, genauso wie die nach der Motivation für Thatchers radikalen Sozialsparkurs. Phyllida Lloyds feministische Herangehensweise verpufft im Ansatz. Zwar sehen wir, wie männlich dominiert Margaret Thatchers Umfeld ist. Doch erklärt das ihre Härte? Schließlich hat sie einen liebenden Gatten, der für ihre Karriere seine eigene zurückstellt. Die Beziehung zu ihm wirkt im Film jedoch seltsam idealisiert. Dass Thatchers Zwillinge sich von der karrieregeilen Mutter vernachlässigt fühlen, muss sich selbst ein aufmerksamer Zuschauer aus Randbemerkungen zusammenreimen.
So ist der Film dramaturgisch keine Wucht, die einzigartige Schauspielleistung seiner Hauptdarstellerin dafür umso mehr. Das sah auch die Jury der Oscar so: Für ihre Leistung wurde Meryl Streep mit dem wichtigsten Filmpreis, dem Oscar, als beste Hauptdarstellerin geehrt. Absolut zu Recht, denn Meryl Streep würden wir auch folgen, wenn sie Angela Merkel als sozialen Engel porträtierte. Aber nein! Das wollen wir wirklich nicht sehen.
Von Mireilla Zirpins