New Moon: Viel Schmerz, wenig Knutschen
Der schöne Edward lässt Bella leiden

Von Mireilla Zirpins
Die schlechte Nachricht für den Robert-Pattinson-Fanclub vorweg: Der blasse Schönling ist im zweiten Teil der 'Twilight'-Saga enttäuschend wenig zu sehen, denn Vampir Edward ist über lange Zeit raus aus der Geschichte. Aber das dürfte alle, die den Roman gelesen haben, nicht weiter wundern, denn es liegt in der Natur der Handlung. Dafür zieht er am Ende sein Hemd aus und macht damit bei seinen vorwiegend jungen und weiblichen Verehrerinnen einiges wieder wett. Raus aus der Story ist er, weil er gleich zu Anfang mit der armen Bella (wie immer erfrischend und überzeugend: Kristen Stewart) Schluss macht.
Wir erinnern uns: Die Love Story der beiden erinnert ein bisschen an Romeo und Julia, denn einige sind dagegen, dass die Neue in der Schule den attraktiven Außenseiter datet - nicht zuletzt, weil er ein Vampir ist. Genau daran scheitert das junge Glück auch, denn an Bellas 18. Geburtstag schneidet sie sich fies an einer Geschenkverpackung - leider vor den Augen von Edwards Blutsauger-Sippe.
Sein Bruder Jasper flippt beim Anblick des roten Saftes unschön aus und macht alles noch schlimmer. Und so verlässt Familie Cullen fluchtartig unter fadenscheinigen Begründungen das düstere und verregnete Provinznest Forks, um Bellas Leben nicht weiter in Gefahr zu bringen. Drama! Bella verliert ohne ihren geliebten Edward allen Lebensmut und denkt darüber nach, ihrem Leben ein Ende zu setzen.
Ihre einzige Stütze: Indianer-Sohn Jacob (etwas babyspeckig: Taylor Lautner), dem es offensichtlich ganz recht ist, dass Edward ihm so kampflos das Feld überlassen hat. Jacob und Bella kommen sich näher - gefährlich näher, denn auch mit Jacob stimmt irgendwas nicht. Man muss nicht mal das Buch gelesen oder den Trailer gesehen haben, um schnell zu raffen, dass er ein Werwolf ist. Das rettet Bella zwar das eine ums andere Mal das Leben - aber der Werwolf ist der ärgste Feind des Vampirs. Und so muss Bella sich bald entscheiden zwischen den beiden Jungs...
Deutlich düsterer lässt sich die Fortsetzung an und zielt damit klar auf eine erwachsenere Zielgruppe, für die der neue Regisseur Chris Weitz ('About A Boy') auch mit reichlich Actionsequenzen aufwartet. Die sind wirklich überzeugend gestaltet und bestechen durch wesentlich hochwertigere Effekte als das hampelige Baumhüpfen im ersten Teil. Leider jedoch geht die unglückliche Liebesgeschichte nicht so richtig ans Herz, was zu einem guten Teil daran liegt, dass Edward Pattinson mit seiner Rolle als trauriger Herzensbrecher schlichtweg überfordert ist. Ständig legt er den Kopf schief und starrt auf seine Füße - versiertes Spiel sieht so nicht aus, und bestürzt wirkt das schon gar nicht. Da verleiht Kristen Stewart ihrer tief verletzten Bella deutlich mehr Tiefe.
Durch die depressive Grundstimmung und die Trennung der Protagonisten fehlen dem Nachtschatten-Drama auch die Leichtigkeit und die züchtige, aber verhalten-ironische Erotik des Vorgängers, der vor allem von der Chemie der beiden Hauptdarsteller lebte. Diesmal geht es in dem Liebesdreieck hauptsächlich um Bella und Babyface Jacob - und die passen einfach nicht zusammen.
Chris Weitz versucht, das fehlende Knistern durch mehr nackte Haut wettzumachen. Und so darf nicht nur Robert Pattinson seine magere und blasse Brust zeigen (das Ergebnis von einer Woche Hungerkur!), sondern auch Taylor Lautner und seine vier Werwolf-Kollegen laufen die ganze Zeit mit nacktem Oberkörper herum und zeigen stolz ihre trainierten Muckis und ihre Sixpacks her. Für 13-Jährige, deren Hormone gerade in Wallung geraten, vermutlich genau das Richtige, für Erwachsene eher eine Riesen-Lachnummer! Vor allem, weil der Film ansonsten total sexlos daher kommt.
Kristen Stewart sieht man hingegen nicht einmal in einem freizügigen Outfit, und gefummelt wird schon gar nicht. So hat es die streng mormonische Bestseller-Autorin Stephenie Meyer auch nicht vorgesehen. Auf Sex muss der brave Twilight-Fan eben warten bis nach der Eheschließung. Und Bella fliegt solange tatsächlich mit 'Virgin Airlines' zum Romeo-und-Julia-Showdown nach Italien.
Für die Leser der Roman-Reihe und Robert-Pattinson-Groupies ist der Film ein Muss, auch wenn er nicht ganz an den erfrischenden Charme des Erstlings von Catherine Hardwicke heranreicht. Das Vampir-Abenteuer bietet nette Unterhaltung mit guten Schauwerten, und über die unfreiwillige Komik kann man generös hinwegesehen. Für Menschen, an denen Edwards und Bellas Welt bislang spurlos vorüberging, ist die Geschichte jedoch gänzlich unverständlich und daher nur im Doppel-Feature mit Teil 1 zu empfehlen.
Von Mireilla Zirpins