Neurotischer Baggerer und Sex-Versager: Ben Stiller in 'Greenberg'

Neurotischer Baggerer und Sex-Versager: Ben Stiller in 'Greenberg'

Neurotischer Baggerer und Sex-Versager: Ben Stiller in 'Greenberg'
© Wilson Webb

Die wohl schrägste Sexszene des Jahres hat Ben Stiller, der sich neuerdings gern mit ernsteren Rollen etablieren möchte. Nach einem zweiten Blödel-Abenteuer „Nachts im Museum“ und der schrägen Vietnam-Film-Persiflage „Tropic Thunder“ mimt er nun in einer wesentlich stilleren Komödie einen emotional gestörten Anfangvierziger, der nicht so richtig erwachsen werden will. Als Titel-Antiheld soll er seinem Bruder während dessen Urlaubs Haus und Hund hüten. Doch schon das ist zu viel für den frisch aus der Psychiatrie entlassenen Roger Greenberg.

Der Ex-Musiker kann nur eins richtig gut: Faul abhängen und sich ein Bierchen zischen. Kein Wunder, dass sich keiner seiner früheren Freunde sonderlich freut, dass er für ein paar Wochen wieder in der Stadt ist. Sein alter Bandkollege Ivan (schön lakonisch: Rhys Ifans) macht jetzt auf Familie und Computerheini – laaangweilig! Und auch bei Greenbergs Ex (Jennifer Jason Leigh, die übrigens mit dem Regisseur des Films, Noah Baumbach, verheiratet ist und die Idee für die Geschichte hatte) hält sich die Begeisterung über sein Auftauchen in Grenzen. Sie weiß nämlich noch zu gut, warum das damals mit ihnen in die Hose ging und gibt ihm deutlich zu verstehen, dass sie kein Date will.

Nur Florence (süß: Greta Gerwig), die blutjunge Assistentin von Greenbergs Bruder, hat so ein schlechtes Händchen für Jungs, dass sie sich auf einen Abend mit dem Beziehungschaoten in ihrer Studibude einlässt. Das Resultat ist zum Piepen: Er ist zu paranoid, um sie auszuführen, nicht aber zu verklemmt, um sie sofort auszuziehen, nachdem sie sich im Stehen ihr einziges Bier geteilt haben. Da sie auf derlei Avancen von dem fast doppelt so alten Kerl gar nicht gefasst war, trägt sie einen der unmöglichsten BHs der Filmgeschichte – ein hautfarbenes Stretchscheusal, das nicht mal Häkchen zum Öffnen hat. Den folgenden, äußerst ungelenken Oralsex quittiert sie mittendrin mit einem: „Wollen wir das nicht einfach sein lassen?“ Hier kommt Ben Stillers getretener-Hund-Blick bestens zur Geltung.

Wenn Sie jetzt denken, dass es das war mit den beiden, haben Sie sich in Greenberg gründlich getäuscht. Der Typ, sonst gepeinigt von einem übersteigerten Schamgefühl, kann dieses sofort ablegen, wenn er jemand braucht, der ihn und den Köter seines Bruders durch die Gegend kutschiert. Wie's mit dem frustrierten Baggerer in der Midlife-Crisis und seiner viel zu lieben Flamme weitergeht, müssen Sie sich schon selbst anschauen, wenn Sie Ben Stiller auch lustig finden können, wenn er keinen Hosenschlitz-Klamauk à la „Verrückt nach Mary“ veranstaltet. Immerhin: Eine weitere schräge Sexszene gibt’s noch, aber natürlich geht’s nicht nur darum in „Greenberg“.

Liebevoll porträtiert Ben Stiller diesen großen Jungen, dem unsere moderne Welt einfach zu groß, zu laut und zu gnadenlos ist. Was genau ihn in die Klapse geführt hat, was ihn bewegt und warum er seine Mitmenschen so schlecht behandelt, erfahren wir nie. Das lässt die Figur einerseits fremd erscheinen, animiert auf der anderen Seite dazu, sich über diesen emotionalen Tölpel den Kopf zu zerbrechen. Stiller macht seine Sache nicht schlecht, auch wenn er doch in den komischen Szenen überzeugender ist als in den nachdenklichen. Die eigentliche Entdeckung des Films jedoch ist die unglaublich erfrischende Greta Gerwig, deren verletzliche Florence man sofort ins Herz schließt. Das tröstet darüber hinweg, dass die Handlung bisweilen etwas belanglos dahin plätschert.

Von Mireilla Zirpins

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