Mode im Film: Trendsetting oder Product Placement?

Es ist kein Zufall, dass Mandy Moore in der Hollywood-Schmonzette “Von Frau zu Frau“ die aktuelle Sommermode rauf und runter trägt, während Diane Keaton als ihre kuppelnde und traditionsbewusste Übermutter in altmodischen Petticoat-Kleidern mit breiten Lackgürteln herumläuft. Das sexuell aufgeklärte Töchterchen zeigt dabei mit Lingerietops für die biedere Komödie verhältnismäßig viel Haut, während die verklemmte Mama nicht nur bei der Mode extrem zugeknöpft ist.
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Und da die Film-Mutter das Töchterchen in jeder Hinsicht versucht zu manipulieren, sucht sie ihr auch fürs arrangierte Date mit Mamas Traum-Schwiegersohn ein Kleid mit Polka-Dots aus, das besser zur Mutter als zur Tochter gepasst hätte. Und so fühlt sie sich in dem Kleid nicht so wohl wie in ihren Sixties-Retro-Hängerchen - Mode muss eben die Persönlichlkeit unterstreichen. Natürlich haben die Macher trotzdem darauf geachtet, dass Mandy Moore nichts trägt, das wie ein Ladenhüter aussehen könnte. Denn bei Filmen, die in der heutigen Zeit spielen, ist es wichtig, dass die Klamotten auf der Leinwand den aktuellen Trends entsprechen.
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Schon früh waren Mode und bewegte Bilder eng miteinander verbunden. Waren aber in den Anfängen der Kino-Geschichte die zum Teil eleganten Roben der Leinwandstars nicht zum Nachmachen angetan, haben Kinofilme mit der Zeit immer stärker Modetrends gesetzt. Heute werden die Starts von Filmen sogar mit großen Mode-Marketingkampagnen begleitet.
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So zum Beispiel entfaltete eine große Textilhaus-Kette allerhand Aktivitäten rund um die Komödie “Der Teufel trägt Prada“, richtete Premierenfeiern in ihren Shops aus und baute dort eifrig erschwingliche Mode auf, mit der man den Designer-Looks nacheifern konnte, die Meryl Streep und Anne Hathaway im Film zur Schau tragen. Und natürlich gab es auch hochpreisige Edelware zu erstehen, die die Filmoutfits noch perfekter wiedergab.
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Im Film darf Anne Hathaway in jeder Szene in einem anderen Outfit durchs Bild spazieren, als wäre es ein Laufsteg. Damit die weiblichen Zuschauer auch gleich nach der Vorführung loslaufen, um sich ebenfalls einen Mantel in der Trendfarbe Ecru oder eine der angesagten Ballonmützen zuzulegen, werden ordentlich Breitseiten gegen die Trägerinnen von Kaufhaus-Billigware verteilt.
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Und natürlich hat man darauf geachtet, dass im Film die Mode zu sehen ist, die zur Zeit des Filmstarts angesagt war. Wie es möglich ist, dass die Macher schon bei Dreh vor fast einem Jahr wussten, dass grüne Mäntel im Volumen-Retrolook der neueste Schrei sein würden? Nun, die Modenschauen finden ja mit reichlich Vorsprung statt.
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Design-Größen wie Donna Karan, Calvin Klein, Vivienne Westwood, Dries von Noeten, Roberto Cavalli und natürlich die im Titel erwähnte Miuccia Prada haben sich nicht lumpen lassen und zahlreiche für Normalsterbliche unbezahlbare Roben zur Verfügung gestellt, weil sie wissen, dass die Damenwelt während des Abspanns unruhig auf den Kinosesseln herumrutscht, um endlich zu erfahren, woher die guten Stücke stammen.
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Auch wird nicht mit großen Namen in den Dialogen gegeizt. So blamiert sich Redaktions-Aschenputtel Andy (Anne Hathaway) am ersten Arbeitstag durch Unkenntnis, wie man Gabbana schreibt. Schon im Vorstellungsgespräch machte sich Meryl Streep, die als Modemagazin-Tyrannin Miranda Priestly Anne Hathaway ihre Designerfummel und -taschen achtlos zum Aufhängen vor die Füße wirft, über die Acrylpullis ihrer Bewerberin lustig. Die eine oder andere Dame im Publikum mag da verschämt an sich herunterschauen und begrüßen, dass es im Kino dunkel ist.
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Das Prinzip kennen wir aus zahlreichen Hollywood-Produktionen. So trägt Jennifer Lopez in “Wedding Planner“ zahlreiche Kreationen von Gucci, wobei der Name des Modeschöpfers nicht unerwähnt bleibt. Denn die Heldin der romantischen Komödie bleibt mit dem unpraktischen Absatz ihres Designer-Schläppchens in einem Gulli hängen und versucht, das sündhaft teure Schuhwerk zu bergen, auch wenn sie dabei fast von einem Müllwagen überrannt wird. Welche Frau hätte das nicht getan für einen Schuh im Wert von mehreren Hundert Euro, wie der Name des Labels signalisiert? Und die Kollegen von Gucci freuen sich über soviel “elegantes Product Placement“.

Und die Marketingmaschinerie funktioniert, wie wir spätestens seit “Sex And The City“ wissen. Denn seien wir ehrlich: Wieviele Zuschauer hatten wohl vorher von Schuhdesigner Manolo Blahnik gehört. Doch seit Sarah Jessica Parker für 1000-Dollar-Stilettos auf eh zu kalorienreiches Essen verzichtete, ist auch die eine oder andere Normalverdienerin bereit, für ein paar Designerschlappen zu hungern. Manolo Blahnik hingegen hat für immer ausgesorgt.
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Damit wir das Gefühl bekommen, dass Designermode jedem zusteht, trägt Lindsay Lohan in der zwar etwas flachen, aber toll ausgestatteten Komödie “Zum Glück geküsst“ die aktuellen Kollektionen renommierter Modedesigner rauf und runter.
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Der weiße Kaschmirmantel stammt von Versace und wirkt natürlich nur stilecht, wenn man ihn wie Lohans Filmfigur Ashley mit Valentino-Stiefeln und einer Tasche vom gleichen Designer kombiniert.
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Mit der richtigen Kleidung fliegen einem natürlich die Herzen der Milliardärssöhne zu, auch wenn man als Assistentin in der Futterkette der PR-Firma, die einem das Gehalt überweist, eher unten angesiedelt ist und sich die Zuschauer fragen sollten, wie die Protagonistin mit Anfang 20 die teuren Klamotten eigentlich finanziert.
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Auch dafür bemüht sich der Streifen um eine Erklärung. Weil Ashley eben ein ausgemachter Glückspilz ist, liefert die Reinigung versehentlich Sarah Jesscia Parkers Dolce & Gabbana-Kleid bei der PR-Assistentin ab. So einfach geht das also, man muss sein schickes Appartment nur in der richtigen Nachbarschaft haben.
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Und als das Glück Ashley verlässt, spiegelt sich der soziale Abstieg natürlich als erstes in ihrer Kleidung wider. Auf einmal muss sie in ganz normalen Strickwaren von der Stange herumlaufen - wie das Kinopublikum. Was für eine Schmach!
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Waren Regisseure früher stolz, eine Kostümbildner-Legende wie Edith Head für die modische Ausstattung ihrer Filme zu gewinnen, spielen die Schenkungen von großen Modelabels heute eine immer wichtigere Rolle bei der Filmproduktion.
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Als würde eine Schönheit wie Penélope Cruz nicht auch in einem Shirt vom Wühltisch eine gute Figur machen, orderte Regisseur Pedro Almodóvar die Ausstattung für den Asi-Chic seiner Filmheldin in seinem neuesten Werk “Volver“ bei Edel-Marken wie Marc Jacobs oder Prada.
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Bemerkenswert dabei: Penélope Cruz’ Filmfigur Raimunda ist Putzfrau am Flughafen. Kein Wunder also, dass sie in den Edel-Fetzen teilweise etwas overdressed wirkt. Welche Botschaft soll uns das vermitteln? Selbst wenn man am Rande der Gesellschaft lebt, verdient man hübsche Outfits? Oder sind Asis mit Niveau nur diejenigen mit adretter Markenkleidung? Wir wollen nicht so spitzfindig sein, sondern das Ganze unter redlichen Bemühungen der Filmemacher subsummieren, uns was fürs Auge zu bieten.
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Auch in “Der Teufel trägt Prada“ ist Beschaffungskriminalität nicht vonnöten, um in Schuhe von Manolo Blahnik oder Christian Louboutin schlüpfen zu können. Andy darf sich einfach in der Kleiderkammer der Redaktion bedienen. Sie denken: Redaktionsassistentin müsste man sein? Vergessen Sie’s! Weder bei uns noch bei anderen Publikation fliegen einem die gebratenen Hühnchen in den Mund und die Designerfummel in die Tasche. Und auch eine Redakteurin muss hungern, wenn sie sich ein Paar Manolos oder Prada-Schlappen gönnen will.
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Selbst Schauspielerinnen wie Anne Hathaway kaufen sich die sündhaft teuren Modelle nicht einfach mal so. Sie warten, bis sie so berühmt sind, dass ihnen die Designer Klamotten leihen oder schenken - oder bis sie das Glück haben, sie wenigstens mal in einer Kinoproduktion überstreifen zu dürfen. “Im Film durfte ich ein paar Stiefel von Chanel tragen. Ich sabberte fast, als die das erste Mal sah“, gestand Anne Hathaway nach den Dreharbeiten zu “Der Teufel trägt Prada“ einer Frauenzeitschrift.
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Und selbst wenn man die Möglichkeit hätte, günstig an Modellkleider zu kommen, müsste man ja auch erstmal in die Puppengrößen hineinpassen. Dieses Problem beschäftigt auch Andy und ihre Kolleginnen in “Der Teufel trägt Prada“. Die erste Assistentin Emily betont, dass sie nur noch “eine Darmgrippe von ihrem Idealgewicht entfernt“ sei, was aber vom Schicksal mit Krankheit während der Fashion Week bestraft wird.
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Und Andy, die von ihrer Chefin am ersten Tag abfällig als “das dicke Mädchen“ bezeichnet wird und angeblich zu voluminös ist, um in die winzigen Stoffetzchen zu passen, nimmt auf wundersame Weise ab, obwohl sie zunächst als Diätverweigererin heroisiert wird. Alles nur Job-Stress?
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Da müssen sich die Macher die Frage gefallen lassen, warum sie die leicht moppelige Andy ausgerechnet mit der extrem schlanken Anne Hathaway besetzt haben. Die Erklärung ist denkbar simpel: An einer dickeren Schauspielerin hätten die Edel-Kleider nicht halb so gut ausgesehen. Das hätte den Absatz der im Abspann vertretenen Modelabels natürlich nicht so schön angekurbelt.
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Manchmal aber ist es auch noch andersherum, und die Kostüme eines Films beeinflussen modische Tendenzen, ohne von den Modeindustrie gesponsort zu sein. So zum Beispiel Brian De Palmas “The Black Dahlia“. Schon die ersten Setfotos von Scarlett Johannson mit Kaschmirpulli, Zigarettenspitze und blutrotem Lippenstift sorgten im Jahr 2005 für Furore.
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Heute liegt der Retro-Chic voll im Trend. Vor allem der blutrote Lippenstift ist eine willkommene Abwechslung zum immer noch angesagten Nude-Look. Und auch Twinsets in der Farbe Camel sieht man auf einmal wieder häufiger.
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Die Filmmode aus “The Black Dahlia“ gibt’s jedoch nicht fertig zum Nachkaufen im Kaufhaus gestapelt. Kostümbildnerin Jenny Beavan besorgte die edlen Roben für Hilary Swank (Foto), Scarlett Johansson und Mia Kirshner in London und Bulgarien oder entwarf sie selbst: Kleider, in denen sich die Darstellerinnen fühlen konnten wie einst Judy Garland oder Rita Hayworth.
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Anfang 2006 setzte ein anderer Kostümfilm nachhaltig Trends: Den Zuschauerinnen gefielen die pompösen Looks von Ziyi Zhang, Gong Li und Michelle Yeoh im Historiendrama “Die Geisha“ so gut, dass Frauenmagazine monatelang Asia-Kleidchen, Dekoartikel und Schminktipps veröffentlichten, um die Euphorie zu bedienen.
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Für dauerhafte modische Furore sorgte ein Bond-Bikini, mit dem Ursula Andress 1962 im ersten 007-Abenteuer “James Bond jagt Dr. No“ Ur-Bond Sean Connery in Wallung brachte. Seit 40 Jahre später Halle Berry in einer Reminiszenz an die guten alten Zeiten eine frech modernisierte Variante des Bademoden-Klassikers trug, sind Bikins mit breitem Hüftgurt wieder in - natürlich nur in der modernen Version mit dem straffer sitzenden Triangle-Oberteil statt Balconnet-Form aus den 1960ern.
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Manchmal sind es aber auch schräge Outfits, die sich durchsetzen. Wer hätte gedacht, dass zahlreiche Teenies diesen etwas gewöhnungsbedürftigen Look kopieren würden, den Madonna 1985 in dem Film “Susan... verzweifelt gesucht“ zur Schau stellte.
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Seien Sie ehrlich! Hatten Sie nicht auch 1990 ein Pünktchenkleid im Schrank? Sie haben es zwar vielleicht nicht zum Pferderennen angezogen wie Julia Roberts in der romantischen Komödie “Pretty Woman“, aber wahrscheinlich heimlich in ihrem getupften Dress von Richard Gere geträumt. Heute würden wir uns vermutlich darauf einigen können, dass die Overknee-Stiefel, die Julia Roberts bei der ersten Begegnung mit dem Freier ihres Lebens auf dem Trottoir trug, das coolste Outfit des Films waren. So können sich die Zeiten ändern.
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Manchmal lassen sich die Zuschauer sogar von Filmen beeinflussen, die eigentlich Menschen wie sie durch den Kakao ziehen. Der Film “Clueless“ nahm 1995 eine Wohlstandsgöre (Alicia Silverstone) und ihre Clique auf die Schippe, denen Markenklamotten alles bedeuten. Und auch wenn nicht alle Looks zum nachmachen geeignet waren, bot die Komödie offensichtlich trotz der satirischen Untertöne genug Idenfikationspotenzial für Konsumkids.

So berichtete eine US-Zeitung von einem Teenager, der mit acht Jahren zum ersten Mal “Clueless“ sah und seither von nichts anderem träumte, als seinen Filmhelden nachzueifern und endlich Gucci-Unterhosen und Armani-Brillen zu kaufen.

Und ganz selten setzen auch Männer mal modische Akzente in einem Film oder in einer Fernsehsendung. So wie Don Johnson als Sonny Crockett in der TV-Serie “Miami Vice“ in den 1980ern. Wir verfluchen ihn heute noch dafür, dass Männer auf einmal T-Shirts unter ihren XXL-Jacketts trugen.
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Doch meist sind die männlichen Wesen auf der Leinwand nicht gerade als modische Vorbilder geeignet. Wenn sie sich für Mode interessieren, sind sie meist schwul, so wie Stanley Tucci als Chef-Stylist Nigel in “Der Teufel trägt Prada“. Und der kennt sich zwar mit Damenmode bestens aus, greift aber bei der Wahl der eigenen Outfits auch schon mal daneben.
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Oder sie tragen Strickjacken, die farblich nicht mit ihrem T-Shirt harmonieren, und sind damit nicht gesellschaftsfähig wie Andys kochender Boyfriend aus “Der Teufel trägt Prada“. Aber wollen wir überhaupt männliche Modepüppchen auf der Leinwand sehen?
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Ehrlich gesagt hatten wir schon wieder vergessen, was der szenige Vorzeigemann Christian Thompson in “Der Teufel trägt Prada“ so anhatte. Aber vielleicht waren wir ja auch nur viel zu beschäftigt damit, uns zu merken, welche von Andys Outfits wir uns auch an uns selbst vorstellen könnten - ohne dafür vorher auf eine Darmgrippe hoffen zu müssen.
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