Miami Horror: Ein Road-Trip durch Europa

Die australischen Newcomer im Interview
Eine luxuriöse Hotelsuite? Fehlanzeige. Eine gemütliche Künstler-Garderobe backstage? Von wegen! Wenn eine Band am Anfang ihrer Karriere steht, dann ist das Leben auf Tour alles andere als glamourös. Das Tingeln von Stadt zu Stadt gleicht dann mehr einem Road-Movie, bei dem die Protagonisten nie wissen, was sie am nächsten Ort erwartet. Für Miami Horror aus Australien ist gerade ihr erster Road-Trip durch Europa zu Ende gegangen.
Während um die Band aus Melbourne und deren coolen Mix aus Electro-Synthie-Disco-Pop in ihrer Heimat Australien bereits ein regelrechter Hype herrscht, fallen Miami Horror bei uns noch eher unter die Kategorie „Geheimtipp“. Und so ging es für Ben Plant, Josh Moriarty, Aaron Shanahan und Daniel Whitechurch bei ihrer ersten Club-Tour fern der Heimat in einem kleinen Büsschen kreuz und quer durch Europa. Gestern Madrid, morgen Amsterdam, heute Köln. Apropos Köln. Hier trafen wir die Jungs zum Interview. Das eher unter die Kategorie „unkonventionell“ fiel …
Zum verabredeten Zeitpunkt steht vor dem Club zumindest schon mal der Tourmanager, der in Shorts und Sufer-T-Shirt an einem silberfarbenen Van lehnt, und die Vertreterin der Plattenfirma. Von der Band jedoch weit und breit keine Spur. „Die Jungs holen sich gerade noch was zu Essen“, erklärt der Tourmanager, der gleichzeitig auch Fahrer des Vans ist und bei den Konzerten hinterm Mischpult steht. Zwischen seinen Worten schwingt ein wenig die Sorge mit: Hoffentlich haben sie sich nicht verlaufen … Haben sie zum Glück nicht! Als erstes kommt Josh um die Ecke gebogen. Kurz darauf folgt der Rest der Truppe. Und auch wenn in diesem Kölner Viertel einige hippe Leute unterwegs sind, lassen sich die Bandmitglieder gleich auch als solche ausmachen: lässiger Gang, individuelle Retro-Klamotten, coole Sonnenbrillen.
Nie wieder als Nacktmodel arbeiten
Da der Club, in dem Miami Horror am Abend auftreten sollen, noch nicht geöffnet ist und „jemand zum Aufschließen erst in einer Stunde kommt“, soll das Interview im Van stattfinden, in dem die Jungs in den vergangenen Wochen etliche Kilometer zurückgelegt haben und der zurzeit ihr zweites Zuhause ist. Dankenswerterweise wird das Innenleben des fahrenden Heims als zu „unordentlich“ eingestuft und das Gespräch kurzerhand in den Garten eines nahegelegenen Hotels verlegt. Dort angekommen bestellen sich die Jungs ganz „Rockstar-unlike“ Tee, Mineralwasser und Kaffee. Ihrem Debüt-Album haben Miami Horror den Titel „Illumination“ gegeben. „Der Begriff 'Illumination' fasst das Konzept des Albums am besten zusammen. Es fühlt sich einfach nach Sommer an“, erklärt Drummer Aaron. „Ja, das trifft es am ehesten. Wobei nicht die ganze Zeit „Supersommer“ herrscht. Es sind auch ein paar Stücke mit einer melancholischen Stimmung drauf“, ergänzt Sänger und Gitarrist Josh. Grundsätzlich macht die Musik von Miami Horror aber vor allem Lust auf eins: tanzen. „Die Leute, die zu unseren Konzerten kommen, tanzen dazu und haben einfach eine gute Zeit. Unsere Musik macht happy“, so Daniel, der Synthesizer spielt.
Band-Gründer Ben hält sich während des Gesprächs vornehm zurück. Vielleicht ist er einfach nur müde. Auf die Frage, wie ihnen das Nachtleben in den europäischen Metropolen gefällt, hat Josh eine überraschende Antwort parat: „Das Nachtleben, egal, wo wir sind, ist meist recht langweilig, weil es doch überall ziemlich ähnlich ist: Leute werden nach und nach betrunkener, dazu läuft laute Musik in einer coolen Bar. Deshalb versuchen wir nicht nur diese Seiten eines Landes kennen zu lernen.“ Daher würden sie es auch schätzen, Europa mit dem Auto erkunden zu können. „Am Flughafen muss man stundenlang rumsitzen und warten und wird oft unfreundlich behandelt“, sind sich die Jungs einig. Und auch wenn es für den eigenen Privatjet noch nicht ganz reicht, können Miami Horror von ihrer Musik inzwischen leben. Zu dem Thema fällt Josh noch eine Anekdote ein: „Ich war mal so pleite, dass ich als Nacktmodel gearbeitet habe. Das war echt krass. Ich habe mich von Kunststudenten zeichnen lassen. Einmal hatte ich ein ziemlich hartes Party-Wochenende hinter mir und habe nur an meinem ausgemerzten Körper runtergeschaut und gedacht: „Oh je, was tust du hier eigentlich?“ Gut, dass die Josh das jetzt nicht mehr nötig hat und vielleicht werden Miami Horror ja auch bei uns schon bald ganz groß ...
Von Anja Blanuscha