Maria Mena: "Ich bin nicht mehr wütend"

"Viktoria steht für meine Reife und mein versöhnliches Ich"
Die Norwegerin Maria Mena hat mittlerweile ihr fünftes Album veröffentlicht 'Viktoria' - und das mit erst 25 Jahren. In Deutschland hatte sie Anfang 2006 ihren großen Durchbruch mit ihrem Ohrwurmhit 'Just Hold Me'. In ihrer Heimat ist sie bereits ein großer Star seit sie 16 Jahre alt ist. Ihr aktuelles Album stimmt mit den Klavier- und Streichermelodien perfekt auf den Herbst ein. Im Exklusiv-Interview spricht Maria Mena über ihr Album 'Viktoria', ihre Entwicklung zu einer reifen, mutigen Frau und wie sie mit dem frühen Ruhm zu Recht gekommen ist.
Von Claudia Mayer
Maria, der Titel deines neuen, fünften Albums lautet 'Viktoria' - genau wie dein zweiter Vorname. Warum hast du ausgerechnet dieses Album so genannt?
Das war eigentlich gar nicht geplant. Als ich mir aber die Texte angesehen habe, wurde mir klar, dass ich nun im Begriff bin, die Person zu werden, auf die ich die vergangenen vier Alben hingearbeitet habe. Ich würde nicht sagen, dass ich mich völlig in diesem Album wieder finde. Ich habe sehr viele unterschiedliche Seiten. Viktoria steht für meine Reife und mein versöhnliches Ich und mit dem freunde ich mich gerade an.
Du sagst, dass du nun reifer bist. Wie zeigt sich das in deinem Leben?
In den letzten Jahren bin ich auf ganz unterschiedliche Weise mit den Dingen umgegangen. Und ich stelle häufig mit Erstaunen fest „Wow, vor drei Jahren hätte ich Reißaus genommen und jetzt bleibe ich ganz cool“. Ich denke, der Grund dafür und auch für meine Entscheidung, es nun versöhnlicher angehen zu lassen, liegt an meinem letzten Album ('Cause And Effect'). Da habe ich mir wirklich erlaubt, ehrlich zu sein, ohne Rücksicht auf Verluste. Das hat mich Überwindung gekostet, aber ich wusste, ich würde es bereuen, wenn ich diese Gelegenheit ausgelassen hätte.
Also bist du mutiger geworden?
Absolut! Und ich glaube, das liegt daran, dass ich auf diesem Album meine innersten Geheimnisse offenbart habe. Und so halte ich es noch immer. Ich gehe immer ein bisschen weiter, als es mir lieb ist. Das bringt mich selbst weiter, aber auch meine Zuhörer, glaube ich.
Liebe, Vergebung und Verzeihen
Die frühe Scheidung deiner Eltern ist ein großes Thema in deinen Liedern. Vor ungefähr einem Jahr hast du dich verlobt. Wie hast du den Glauben an die Ehe behalten?
Der Glaube an die Ehe rührt von meinem Glauben an meine Beziehung. Generell bin ich nicht sicher, ob die Ehe so eine gute Idee ist. Aber ich glaube an uns. Ich kann vielleicht nicht meine ewige Liebe versprechen, aber ich kann versprechen, daran zu arbeiten. Das ist das einzige Versprechen, das ich geben kann. Wir werden sehen. Ich hege keine Besitzansprüche. Nach einer Weile sieht es vielleicht anders aus. Aber für den Augenblick glaube ich an uns.
Gibt es Dinge, bei denen du deine Eltern um Rat bittest?
Mein Vater ist einfach ein wunderbarer Mensch. Aber ich streite mich mit ihm und überhaupt jedem, weil ich es nicht mag, wenn mir gesagt wird, was ich zu tun habe. So geht das seit ich vier Jahre alt bin. Ich bitte ihn also nicht um Rat, weil ich die Dinge für mich selbst herausfinden möchte. Ich weiß, dass er für mich da ist, wenn ich ihn brauche. Aber für den Augenblick bewältige ich mein Leben lieber auf eigene Faust.
Vergebung ist ein wichtiger Bestandteil auf deinem neuen Album. Fällt es dir leicht, zu verzeihen?
Ich weiß nicht, ob wir jemals wirklich verzeihen können. Aber ich bin gut darin geworden zu denken „Es ist, wie es ist“. Wenn mir jemand etwas Schlimmes getan hat oder ich mir selbst etwas Schlimmes zugefügt habe, das kann ich dann nicht ungeschehen machen. Es liegt etwas Gutes darin, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind. Ich kann nicht ändern, was passiert ist, aber ich kann ändern, wie ich die Dinge sehe. Ich kann nach vorne schauen.
Das habe ich auch beim Schreiben dieses Albums gelernt. Ich bin nicht mehr wütend. Auch nicht auf meine Eltern, wie es lange der Fall war. Ich nehme einfach mit, was ich für wertvoll erachte. Alles andere bleibt zurück. Dahin zu kommen, war harte Arbeit. Zehn Jahre hat es gedauert. Was ich auch gelernt habe: Um vergeben zu können, muss man sich auch erlauben, wütend oder traurig zu sein, so wie ich es auf meinem letzten Album war.
Am 22. Juli wurde Norwegen von zwei Terroranschlägen erschüttert. Nach den Anschlägen hast du eine Coverversion des bekannten norwegischen Lieds 'Mitt Lille Land' aufgenommen. Der Song wurde für viele Norweger ein Bestandteil des Trauerprozesses. Wie fühlt sich das an?
Davon habe ich mich distanziert. Das ist eine riesengroße Sache und zu denken „Oh, ich habe den Menschen dabei geholfen“, das ist zu viel für mich. So denke ich auch nicht. Der Song hat sein eigenes Leben. Und ich habe mich dazu entschlossen, ihn nicht mehr live zu singen. Ich weiß, dass es Menschen gibt, die den Song hören wollen und ich kenne Menschen, die einfach nur vergessen wollen. Und das kann ich nicht ausbalancieren. Ich möchte nicht verletzend sein.