'Mama'-Filmkritik: Jessica Chastain erlebt den blanken Horror

3 von 5 Punkten
Die Liebe einer Mutter ist für immer - bei dieser Mutter wünscht man sich allerdings, dass es nicht so wäre. Denn Guillermo del Toros (produzierte schon 'Pans Labyrinth' und führte Regie bei 'Hellboy') 'Mama' ist alles andere als liebevoll, sondern einfach nur der blanke Horror. Der argentinische Filmemacher Andrés Muschietti feiert mit dem Grusel-Thriller nicht nur sein Regiedebüt, sondern lieferte zusammen mit seiner Schwester Barbara mit dem gleichnamigen Kurzfilm auch die Vorlage für 'Mama'.
Dass Kinder in Horror-Filmen besonders gruselig wirken, macht sich Muschietti zunutze und setzt zwei kleine Mädchen in den Mittelpunkt der Handlung: Victoria (Megan Charpentier, 'Resident Evil: Retribution' und 'Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond') und Lilly (Nachwuchs-Sternchen Isabelle Nélisse). Nachdem ihr Vater ('Game of Thrones'-Star Nikolaj Coster-Waldau in einer Doppelrolle) seine Geschäftspartner und seine Ehefrau ermordet hat, verschwinden die beiden Schwestern spurlos. Einzig ihr Onkel Luke (ebenfalls Coster-Waldau) und dessen Freundin Annabel (Jessica Chastain, 'Zero Dark Thirty') geben die Suche nicht auf. Fünf Jahre später werden Victoria und Lilly in einer Waldhütte gefunden - vollkommen verstört und verwildert. Luke und Annabel nehmen die beiden auf. Doch schon bald muss das Paar feststellen, dass mit den Kindern noch etwas Anderes ins Haus gezogen ist: Eine bösartige Macht, die Victoria und Lilly nur 'Mama' nennen und die keine anderen Bezugspersonen neben sich duldet.
'Mama' ist nichts für schwache Gemüter

Jessica Chastain beweist in 'Mama' einmal mehr ihre enorme Wandlungsfähigkeit: Statt als klassische Schönheit, sieht man sie hier im Grunge-Style mit schwarzen, kurzen Haaren und einer Menge Tattoos. Der Schauspielerin gelingt es, Annabel absolut überzeugend darzustellen - obwohl deren charakterliche Wendung sehr vorhersehbar ist: Von der Rockerbraut, die keine Kinder will (Annabel kommentiert ihren negativen Schwangerschaftstest mit "Schwein gehabt, danke Gott!") zur Löwenmama, die für ihre Mädchen alles geben würde. Aber nicht nur mit der Besetzung von Chastain lagen del Toro und Muschietti goldrichtig, sondern auch mit den zwei kleinen Hauptdarstellerinnen Megan Charpentier und Isabelle Nélisse. Die beiden zeigen eine beeindruckende Leistung, die beim Publikum genau das gewünschte Maß an Verstörung hervorruft.
Insgesamt ist die Geschichte gut gestrickt und auch die Rückblenden fügen sich sehr harmonisch in das Rätsel um den Geist von 'Mama' ein. Mit dem Grusel-Thriller möchte Muschietti gezielt menschliche Urängste heraufbeschwören, was ihm besonders zu Beginn und in der Mitte sehr gut gelingt - auch wenn er zu typischen Motiven wie dem Geist im Schrank oder unter dem Bett greift. Obwohl Mama (gespielt von Bewegungsexperte und Schauspieler Javier Botet - ja, einem Mann) mit ihrer vermoderten und astartigen Erscheinung durchaus furchteinflößend gezeichnet ist, wirkt der Horror doch am stärksten, wenn man sie nicht in ihrer Gesamtheit sieht, sondern nur Teile von ihr gezeigt werden oder der Zuschauer ihre Anwesenheit nur erahnen kann. Der Grusel-Faktor wird dazu passend durch eine sehr verstörende Musik unterstützt. Leider schafft es Muschietti nicht, das beklemmende Angstgefühl beim Publikum bis zum Ende des Films zu erhalten, deshalb gibt es für die Auflösung Punktabzüge.
Für schwache Gemüter und auch für Zuschauer, die nicht gern Kinder in Horrorfilmen sehen, ist 'Mama' nicht zu empfehlen. Wer dagegen auf Geister-Horror steht, ist hier gut unterhalten - wobei der Film für Hardcore-Horror-Fans sogar etwas zu harmlos sein könnte.
Von Michaela Sabine Berg