Unglaublich, aber wahr: Meryl Streep ist 59, sieht aus wie höchstens Mitte 40 und springt in “Mamma Mia!“ wie eine 20-Jährige mal eben in einen Luftspagat. Wir haben gar nicht erst versucht, das nachzumachen, sondern die zweifache Oscar-Preisträgerin (insgesamt 14 Nominierungen!) gefragt, wie sie sich fit hält. Sie winkt ab: “Das könnten Sie auch“ und lacht ihr schallendes Lachen, bei dem man sieht, dass keineswegs geliftet ist, wie böse Zungen behaupten. Wenn man ganz nah dran geht, sieht man die vielen kleinen Mimik- und Lachfältchen, die aus der strahlenden Schauspiel-Überfliegerin, ausdauernden Gattin (im September 2008 40 Jahre mit Don Gummer verheiratet) und begeisterten Mutter von vier erwachsenen Kindern eine ganz normale Frau machen.
Interview: Mireilla Zirpins
Haben Sie den Luftspagat wirklich selbst gemacht oder hatten Sie ein Double?
Sah das aus, als hätte ich ein Double? Ich bin begeistert, dass Sie glauben, ich hätte ein Double, das mir so ähnlich sieht. Nein, das bin ich.
Wie halten Sie sich so fit? Ich könnte das nicht…
Oh doch, das könnten Sie auch. Sie müssen nur auf einem Bett herumhüpfen, dann geht das schon. Ich denke nicht mal, dass ich besonders fit bin. Ich bin auch nicht sicher, ob ich das jetzt noch mal hinkriegen würde. Aber als wir die Szene gedreht haben, fühlte ich mich auf einmal danach und dachte: Mh, ob ich das wohl noch kann. Und da ging’s! Es ist erstaunlich, was man alles tun kann, wenn man es nicht plant und gar nicht erst darüber nachdenkt, wie schwer es sein könnte.
Waren Sie früher ein ABBA-Fan?
Ich kannte ABBA eher von Parties und aus den Jazztanzkursen an der Drama School. Schauspielschüler sind ja immer so erschöpft und ein bisschen depressiv. Damit haben sie uns wieder zum Leben erweckt. Aber ich habe lieber viel düsterere Musik gehört. Lou Reed oder so. Aber ich bin ein Herdenschaf und habe natürlich auch zu ABBA getanzt wie alle damals.
Und haben Sie dazu auch solche Stretch-Overalls getragen wie im Film?
Nein, so was habe ich nicht angezogen. Obwohl… Das ist gelogen. Ich hatte tatsächlich mal solche Klamotten. Aber ich finde, dass Christine im Film besser darin aussieht als ich.
Wie lange haben Sie gebraucht, um die Tanzschritte auf Plateauschuhen hinzukriegen?
Die haben uns schon drei Wochen vorher nach London geschickt, damit wir die härteste Nummer lernten – das war “Voulez vous“. Niemand wird uns einen Orden dafür verleihen, wenn er die Nummer im Film sieht, denn es schaut wirklich ganz einfach aus.
Haben Sie Ihre Familie wahnsinnig gemacht, als Sie für das Musical geübt haben?
Erst durfte ich nicht im Wohnzimmer singen, da haben sie mich in den Hausflur verbannt. Da war die Akustik ganz gut. Zu gut. Da musste ich in mein Zimmer. Und als ihnen das noch zu laut war, habe ich in der Ankleide gesungen. Das war eine prima Übung, denn die ganzen Kleider saugen die Stimme regelrecht auf und du hörst deine Fehler ganz brutal – im Gegensatz zum Hausflur, wo alles wunderbar widerhallt wie ein Echo.
Im Film spielen sie eine unkonventionelle Mutter, die eine total angepasste Tochter hat. Wie steht’s mit Ihnen und Ihren Töchtern?
Meine Filmtochter hat viel Ähnlichkeit mit meiner jüngsten Tochter Louisa (gerade 18 geworden, Anm. d. Red.). Sie ist auch so lebhaft und so dickköpfig und hat auch diese Unschuld und alles, was in diesem Alter so liebenswert ist.
Wir hätten Sie ehrlich gesagt nicht in so einem Projekt erwartet. Was in aller Welt hat Sie für Mamma Mia begeistert?
Mein Agent rief an und sagte: Da sind ein paar richtig gute Angebote gekommen, da willst du die Drehbücher auf jeden Fall lesen. Da sind sehr anspruchsvolle und wichtige Sachen dabei. Ach ja, und dann ist da was gekommen, was du eh ablehnst, die wollen so ein Musical verfilmen. Welches denn, fragte ich. Er sagte: Mamma Mia! Und ich machte einfach: Jaaaaaaah! Ich hatte es in New York mit Louisa und ihren Freundinnen gesehen, kurz nach 09/11, und es hat uns alle so aufgemuntert, dass ich den Schauspielern zum Dank einen Brief geschrieben habe. Also habe ich meinem Agenten gesagt: Stell erst mal sicher, dass die sich keinen Scherz mit uns erlauben und die wirklich mich wollten. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass ich deren erste Wahl sein sollte.
Gibt es etwas, das Sie niemals machen würden?
Nein, so denke ich nicht. Ich nehme nur Dinge an, die mir aus irgendeinem Grund attraktiv erscheinen, was auch immer das sein mag. Sie müssen aber schon was Einzigartiges haben. Darüber denke ich schon nach. Oh Gott, machen Sie das fürs Radio? Jetzt habe ich schon wieder alle Ps so hart ausgesprochen.
Konnten Sie nach all den Oscar-Dramen die Dreharbeiten überhaupt ernst nehmen?
So ernst, wie Spaß sein kann. Ich habe zu meiner Tochter gesagt: Das war, wie als du vier warst. Man spielt und spielt und ist total ernsthaft bei der Sache, aber es macht Spaß. Bei anderen Projekten hatte ich das nicht, dass ich morgens aufwachte und es kaum abwarten konnte, zur Arbeit zu kommen. Und ich habe nie nachts noch an “Mamma Mia!“ gedacht. Ich kam heim, fiel wie ein Stein ins Bett und schlief durch bis morgens. Und normalerweise bin ich ziemlich gut darin, mir am Abend alles noch mal durch den Kopf gehen zu lassen und mir dann noch einen Kopf um den nächsten Drehtag zu machen.
Durften Sie mitreden, wen von den drei Männern Sie am Ende von “Mamma Mia!“ kriegen?
Nein, das stand im Drehbuch. Und wenn, hätte ich für jemand ganz anderes plädiert.
Vielen Dank für das Gespräch.