Letizia von Spanien: Der Erwartungsdruck ist groß

Wird die bürgerliche Letizia in ihre Rolle als Königin hineinfinden?
Wenn Letizia Ortiz vor zehn Jahren nicht den spanischen Thronfolger Felipe geheiratet hätte, würde sie vielleicht am 19. Juni im Fernsehen über dessen Proklamation zum neuen König berichten. Jetzt aber wird die frühere TV-Nachrichtensprecherin selbst Königin, als Frau des neuen Monarchen Felipe VI.. Sie ist damit in der Geschichte der spanischen Monarchie die erste Königsgemahlin, wie ihr Titel in der Verfassung offiziell heißt, die einem bürgerlichen Haus entstammt. Ihre Mutter war Krankenschwester, der Vater Journalist, der Großvater Taxifahrer.
Als Letizia den Kronprinzen im Jahr 2002 kennenlernte, lebte sie in einer 40-Quadratmeter-Wohnung im bescheidenen Viertel Valdebernardo am Stadtrand von Madrid. Sie fuhr mit der U-Bahn oder dem Bus zur Arbeit. Die Fernsehjournalistin eröffnete Felipe eine Welt, die dieser aus eigener Anschauung kaum kannte: den spanischen Alltag.
Letizia heiratete den Thronfolger im Mai 2004 und brachte frischen Wind ins Königshaus. Dies erwies sich jedoch als ein zweischneidiges Schwert. Einerseits trug sie dazu bei, dass der reserviert wirkende Thronfolger offener und gelöster auftrat. Andererseits eckte sie mit ihrem starken Charakter und ihrer temperamentvollen Art zuweilen an.

Schon bei der Verlobungsfeier im November 2003 hatten Traditionalisten sich darüber empört, dass Letizia dem Kronprinzen ins Wort gefallen war und ihn vor Millionen Fernsehzuschauern aufgefordert hatte: "Lass mich ausreden!" Letizia ist bei den Spaniern nicht annähernd so populär wie Königin Máxima bei den Niederländern. Sie wirkt in der Öffentlichkeit kühl und perfektionistisch, zuweilen sogar missgelaunt. In Umfragen schneidet die künftige Königin zusammen mit ihrem Schwiegervater Juan Carlos, der wegen der jüngsten Skandale um das Königshaus stark an Beliebtheit verloren hat, mit am schlechtesten ab.
Allerdings hat die Ex-Journalistin es seit ihrem Einzug ins Königshaus nicht leicht gehabt. Die Medien beobachten jeden Schritt und jede Geste sehr genau – und natürlich, welche Kleider oder Frisuren sie trägt. Als 2005 Spekulationen aufkamen, sie leide an Essstörungen, sah sich das Königshaus veranlasst, dies in einem Leserbrief an eine Zeitung zu dementieren.
Großen Anteil nahm die Presse, als Letizias jüngste Schwester Erika 2007 tot in der Wohnung aufgefunden wurde. Als Frau des Thronfolgers musste sie die strikten Regeln des Protokolls am Hofe erlernen und ihre Fremdsprachen-Kenntnisse verbessern. Dabei soll ihr vor allem Königin Sofía geholfen haben. Inzwischen sind 'Leti' und Felipe zehn Jahre verheiratet und haben zwei Töchter: die achtjährige Leonor und die ein Jahr jüngere Sofía.
Letizia kümmert sich aktiv um die Erziehung der Mädchen und setzt sich dafür ein, dass die Familie neben den offiziellen Terminen auch ein Privatleben führen kann. Sie geht mit Felipe gerne ins Kino und besucht Konzerte. Im Königshaus musste sie ihre Rolle selbst erfinden, denn nirgendwo steht geschrieben, was die Aufgaben der Frau des Thronfolgers sind. Sie engagiert sich für die Opfer seltener Krankheiten sowie in Bereichen der Bildung und der Ernährung.
Bildquelle: Splash / Reuters