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Kritik 'Der Geschmack von Apfelkernen' - Kinostart: 26.9.

Der Geschmack von Apfelkernen
Hannah Herzsprung und Florian Stetter
Die Männer, die nicht schon bei dem Rosamunde-Pilcher-verdächtigen Titel geahnt haben, dass ‚Der Geschmack von Apfelkernen‘ nichts für sie ist, seien gewarnt: Dieser Film ist wirklich nur was für das weibliche Geschlecht. Hier geht’s um lauter freche Mädchen, aus denen mal starke Frauen werden, und die Männer-Schluffis sind höchstens Stichwortgeber oder passives Objekt der Begierde. Aber möchten Frauen das überhaupt sehen? Immerhin haben 1,25 Millionen Menschen den gleichnamigen Erstlingsroman der bei Erscheinen noch völlig unbekannten Katharina Hagena verschlungen.

2,5 von 5 Punkten

Leicht zu verfilmen, war die Familiengeschichte nicht, erzählt der Roman doch keinesfalls chronologisch von drei Generationen Frauenschicksalen, verbunden durch ein Haus, das zu Beginn des Films die 28-jährige Protagonistin Iris (gespielt von Hannah Herzsprung aus ‚Vier Minuten‘) von ihrer Oma erbt. Sie zögert jedoch, die Hinterlassenschaft anzunehmen – zu viele böse Erinnerungen birgt der alte Kasten. Vor allem die an den Tod ihrer Cousine Rosemarie (als Teenager gespielt von Paula Beer), die mit nur 16 Jahren ums Leben kam.

Hier wird zu viel nackt gebadet

Der Geschmack von Apfelkernen
Nochmal Herzsprung und Stetter

Nicht nur Oma Bertha, die nach einem Sturz vom Apfelbaum das Gedächtnis verloren hatte, hat sich über die Familiengeschichte stets ausgeschwiegen. Auch Iris‘ Mutter (Oda Thormeyer) und ihre beiden Schwestern (Meret Becker und Marie Bäumer) scheinen allen Grund zu haben, sich an nichts erinnern zu wollen, und so hat es auch Iris bislang gehalten. Als die junge Bibliothekarin Max (Florian Stetter), den Bruder ihrer Jugendfreundin Mira wiedertrifft, kommen bei ihr sorgfältig verdrängte Erinnerungen wieder hoch: Daran, wie sie, Rosemarie und Mira Busenfreundinnen waren, wie sie dem armen Max zusetzten und ihn stets „Niete“ nannten, wie es den ersten Streit um Jungs gab und natürlich schließlich auch an die traumatische Nacht, in der Rosemarie vom Dach des Wintergartens stürzte. Sie gibt dem Haus eine Chance, mehr über sich und die Familiengeschichte herauszufinden, denn vielleicht ist Erinnern ja doch die bessere Vergangenheitsbewältigung.

Die Story über die dunklen Geheimnisse eines von Frauen geführten Familienclans hat an sich Potenzial. Nicht nur die renommierten Hauptdarstellerinnen spielen souverän auf, auch die sehr jungen Darstellerinnen kann die Kinderfilm-erprobte Regisseurin Vivian Naefe (‚Die wilden Hühner‘) zu überzeugenden Leistungen führen. Sogar die Übergänge zwischen den verschiedenen Zeitebenen gelingen Naefe ansatzlos. Dennoch wirkt die Leinwand-Adaption über das Erinnern und Vergessen erstaunlich oberflächlich und klischeehaft. Das liegt nicht nur daran, dass sie völlig auf die Handlungsebene fixiert ist.

Vor allem visuell liegt die Verfilmung mit ihrem übertriebenen Einsatz von Farbfiltern stets sehr nah am Kitsch. Dazu wird hier ein bisschen zu viel geradelt, vom Rad gefallen und zu viel nackt im See geschwommen, und danach, dass „Niete“ Max immer wie aus dem Nichts auftaucht, wenn Iris gerade alles hinschmeißen will, kann der Zuschauer bald die Uhr stellen. Fans von Rosamund-Pilcher-Adaptionen kann das natürlich nicht stören, für alle anderen könnte es ein bisschen zu viel Apfelblüte und Fliederwasser sein.

Von Mireilla Zirpins

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