Kein Tag ohne Schlagzeilen über Tomkat, wie Tom Cruise und seine blutjunge Freundin Katie Holmes in der Presse genannt werden. Seinen Vertrag mit Paramount hat der Schauspieler mit dem aufgesetzten Blendax-Lächeln schon verloren, weil den Studiobossen die emotionalen Ausbrüche ihres Stars auf Talkshow-Sofas zu peinlich wurden und die Scientology-Allüren des Schauspielers offenbar nicht nur dem Publikum auf den Geist gehen.
Doch auch als Ein-Mann-Zensurbehörde macht der Hollywoodstar, der seit 20 Jahren zu den Topverdienern der Branche zählt, von sich reden. Erst sorgte er dafür, dass eine „Southpark“-Folge nicht über die Fernsehschirme flimmern durfte, in der er wie schon viele Promis vor ihm aufs Korn genommen wurde. Beim letzten Sundance Filmfestival sorgte der Film „Thank You For Smoking“ für Furore, weil Tom Cruise angeblich eine heiße Sexszene seiner Katie mit Hauptdarsteller Aaron Eckhart herausschneiden ließ.
Wahrscheinlich ist Cruise gar nicht so sehr eifersüchtiger Liebhaber, sondern eher cleverer Geschäftsmann, der weiß, wie man die Promo für den neuesten Auftritt seiner Liebsten richtig gut anschiebt. Denn in der Tat macht diese Zensur neugierig auf die Politsatire, die Waffenlobby, Alkoholmafia und Tabak-Connection gleichermaßen aufs Korn nimmt.
Im Zentrum des Films steht „Smokesman“ Nick Naylor (Aaron Eckhart), der als Lobbyist für die Zigarettenindustrie tätig ist. Der Sunnyboy ist vor allem ein Berufszyniker, der ohne mit der Wimper zu zucken krebskranke Kinder in TV-Shows zerrt, um frech zu behaupten, dass die tödliche Krankheit ganz andere Ursachen als das Quarzen von Tabak haben kann.
Mit seinen mindestens genauso schwarzhumorigen Freunden Polly (Maria Bello) und Bobby Jay (David Koechner) trifft er sich zur Lagebesprechung im Lästerkreis MOD – Merchants Of Death, was so viel heißt wie Händler des Todes. Denn seine besten Freunde haben ebenfalls illustre Auftraggeber – die Alkoholindustrie und die Waffen-Fanatiker.
Es könnte alles so schön sein für Nick, wenn er nicht von allen Seiten Druck bekäme. Sein Boss BR fordert eine kongeniale und innovative Werbekampagne von ihm, da die militanten Nichtraucher gerade zu viel Einfluss auf die Regierung gewinnen und einen Totenkopfaufkleber auf sämtlichen Glimmstengel-Packungen fordern. Der an Lungenkrebs erkrankte Marlboro-Mann macht dem Interessenverband der Tabakwarenhersteller ebenfalls Sorgen. Zudem möchte Nick ein guter Vater sein für den bei seiner geschiedenen Frau lebenden 12-jährigen Joey (Cameron Bright).
Doch Nick wäre nicht da, wo er jetzt ist, wenn er nicht ein cleveres Köpfchen wäre. So zaubert er eine aberwitzige PR-Strategie aus dem Ärmel: Wie viel sexier war doch früher das Kino, als eine heiße Affäre zwischen Bogey und Lauren Bacall noch mit ein paar Rauchkringeln begann. Man muss nur die Stars wieder dazu bringen, vor der Kamera zu rauchen, und schwups wäre der blaue Dunst wieder gesellschaftsfähig. Eine Idee, die auch Filmmogul Jeff Megall (Rob Lowe) überzeugt.
Zu blöd nur, dass der engagierte Papa bei all dem kaum mehr Zeit für seinen Sohn hat, und so nimmt er das altkluge Kind einfach mit zum Marlboro-Mann, den er mit einem Koffer voller Bargeld mundtot machen soll. Eine schlechte Idee, genauso wie die, sich mit „Heather Holloway mit den Weltklassetitten“ einzulassen (gespielt von Katie Holmes) einzulassen. Denn die Vorzüge der gerissenen Journalistin in der Horizontalen überzeugen Nick derart, dass er ihr in einem Anfall von Vertrauensseligkeit ein paar Details zu viel verrät....
Das ist doch... Ja, genau! Katie Holmes, als sie noch nicht ständig im Doppelpack mit Tom Cruise daherkam. In dem Thriller “The Gift“ macht sie ihrem Filmlover Greg Kinnear ein fatales Geständnis, das sie das Leben kosten wird. Nur mit einem Höschen bekleidet gibt sie eine hübsche Leiche ab. Tom Cruise hingegen findet es gar nicht gut, wenn seine Gattin ihre Brüste in die Kamera hält. Und so sorgte er dafür, dass im Film “Thank You For Smoking“ zwar von den “Weltklassetitten“ Heather Holloways die Rede ist, die heißen Bettszenen Katies mit Aaron Eckhart aber herausgeschnitten wurden. Zum Glück gibt’s alte DVDs, um zu überprüfen, ob das mit der Weltklasse stimmt...
Mit bitterböser Ironie, geschliffen Dialogen und Off-Kommentaren des Protagonisten und einer flotten Inszenierung bringt Jason Reitman, Sohn von „Ghostbusters“-Regisseur Ivan Reitman, in seinem Spielfilm-Debüt den Erfolgsroman eines Ex-Redenschreibers des US-Präsidenten auf die Leinwand.
Dabei überzeugt vor allem sein charismatischer Hauptdarsteller Aaron Eckhardt. Ihm gelingt das Kunststück, Verschlagenheit und Unsicherheit zugleich zu verkörpern. Er verströmt den Sexappeal eines jungen Robert Redford gepaart mit der ironischen Nonchalance eines George Clooney.
Ihm nimmt man den opportunistischen Businessman genau so ab wie den liebenden Vater. Und er hat genau den wachen und intelligenten Blick, den Christopher Buckley in seinem Erfolgsroman aus den 1990er Jahren beschreibt. Eine perfekte Besetzung also – und ein unverschämt gut aussehender Hollywood-Aufsteiger in den besten Jahren, den wir im Auge behalten sollten.
Auch die Nebenrollen sind gut besetzt, und sogar Rob Lowe, der eigentlich in den meisten seiner Leinwandauftritte fehlbesetzt wirkte, ist als hölzerner Filmboss der richtige Mann. Katie Holmes hat eine eher anspruchslose Rolle als rasendes Reporterflittchen, die sie aber mit Charme auszufüllen versteht. Und William H. Macy überzeugt als Nick Naylors Erzrivale Senator Finisterre, den er als verbissenen Provinzami anlegt, der bigotter nicht sein könnte.
Ein bisschen bissiger hätte es ruhig sein dürfen und ein bisschen mehr Screwball-Tempo hätte der insgesamt sehr gelungenen Romanverfilmung nicht geschadet, aber das ist kein wirkliches Manko dieser eleganten Satire. Vor allem aber gelingt es Jason Reitman glänzend, den Spott mit besinnlicheren Tönen zu kombinieren, ohne zu sehr auf die Tränendrüse zu drücken. Dass er hierbei dezent ausgefallene Schnitttechniken einsetzt, dürfte dem Arthousepublikum gefallen, mainstreamig orientierte Zuschauer jedoch nicht abschrecken.
Mireilla Zirpins