Interview: Mireilla Zirpins
Uma, dein Großvater war Deutscher. Wie steht es um deine Deutschkenntnisse?
Meine Mutter hat kein Deutsch mit mir gesprochen. Ihr Vater ist gestorben, als sie dreizehn war. Ich glaube, das war sehr traumatisch für sie. Nach dem Krieg hat sie mit ihrer Mutter in Schweden gelebt. Dort hat man sie gezwungen, nur noch Schwedisch zu sprechen. So kann sie zwar Deutsch, hat es aber leider so gut wie nicht mehr benutzt. Außer, wenn sie geflucht hat. Aber ich sage jetzt hier nicht, was für Schimpfwörter das waren.
Du hast mit „Zufällig verheiratet“ deinen ersten Kinofilm produziert. Was ist anders als bei der Schauspielerei?
Das Produzentinnendasein ist vor allem teurer. Ich habe schon zwei Mal eigenes Geld investiert, um einen Stoff zu entwickeln. Das bekommst du niemals zurück. Die Schwierigkeit ist, dass man die Rechte an filmreifen Bestsellern nur bekommt, wenn man Scott Rudin heißt. Also suche ich eher nach etwas außergewöhnlicheren Büchern. Das habe ich als Schauspielerin auch schon immer getan. Andrew Nichols „Gattaca“ habe ich zum Beispiel als „blind read“ bekommen. Die Frauenrolle war nicht besonders gut. Aber ich fand, dass das Drehbuch wunderschön geschrieben war. So war ich die erste an Bord, obwohl ich die schlechteste Rolle hatte, und das half dem Regisseur, die anderen Rollen prominent zu besetzten. Als Produzentin habe ich mehr Einfluss. Ich bin zwar nicht der Regisseur und entscheide damit auch nicht über das Endprodukt, aber ich kann über meine Performance bestimmen. Darauf bin ich wirklich stolz.
In „Zufällig verheiratet“ geht es vor allem um die Liebe. Was bedeutet sie für dich?
Liebe bedeutet alles. Love ist Nomen, Adjektiv und Verb der Menschheit. Es ist die Triebkraft von allem und bewahrt uns davor, ohne Hoffnung zu sein.
Du spielst im Film die Liebesratgeberin Dr. Love. Bist du das auch für deine Freundinnen?
Sind wir das nicht alle? Ich spiele eine Liebesexpertin, die entdecken muss, dass sie gar nichts weiß. So geht es uns allen vermutlich. Wen die Sachen laufen, halten wir uns für einen Experten, wenn es schief geht, fühlen wir uns von Gott und unserem Wissen im Stich gelassen. So ist das Leben. Eine Enttäuschung oder eine Erniedrigung ist so oft der Beginn der nächsten guten Sache in deinem Leben. Eine Krise bedeutet immer Gefahr und Gelegenheit. Manchmal muss man eine Demütigung annehmen, damit das Leben reicher wird.
Würdest du selbst auch einen Dr. Love um Rat fragen in Liebesdingen?
Ja, wenn ich eine gute Entschuldigung bräuchte, um mit jemand Schluss zu machen. Aber ist es nicht immer so, dass Menschen den Rat von jemand annehmen, wenn sie ohnehin schon innerlich entschieden haben, etwas zu tun.
Im Film musst du dich zwischen Jeffrey Dean Morgan und Colin Firth entscheiden. Und wie siehst du das privat?
Zunächst einmal fand ich das sehr lustig, dass in dem Film nicht alles von vornherein so klar ist. Bei den meisten Projekten casten sie einen großen Star und einen unbekannten Schauspieler. Ganz ehrlich: Wenn ein Mädchen verheiratet ist mit einem Nobody, und dann kommt Mel Gibson auf die Farm – wen wird sie wohl nehmen? Wenn Mel Gibson deine Kartoffeln pflanzt, können Mann und Kinder gehen. Ist doch klar. In diesem Fall haben wir umgekehrt besetzt: Das frische Gesicht spielt die Hauptrolle, wohingegen der klassische Hauptdarsteller Colin Firth die andere Rolle spielt. Mir hat das geholfen. Denn ehrlich gesagt wäre ich privat eher mit Colin davongelaufen, obwohl Jeffrey Dean Morgan auch gut aussieht.
Wie wichtig ist dir Heirat?
Mir sind viele Dinge wichtig. Aber ich bin ein Beziehungsmensch. Ich kann dir so viel sagen: Ich stehe nicht auf exzessive Untreue und Speeddating. Hast du eine andere Frage?
Wie stehst du zur Heirat zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern? Sie ist ja gerade in Kalifornien per Gesetz unmöglich gemacht worden?
Ich könnte nicht wütender und empörter sein. Ich finde, jemand seine Menschenrechte derartig vorzuenthalten, ist ein Urteil gegen ihre Wahl. Wenn du jemand ein Menschenrecht vorenthältst, schürst du Hass. Ich würde sogar so weit gehen und mich festlegen: Das ist ein „hate crime“, ein Verbrechen aus Hass. Das ist unfair und mies. Was geht das andere Leute bitteschön an? Es kostet sie doch nichts! Wodurch in aller Welt fühlen sie sich bedroht? Wenn es legal ist, könnten sie es selbst theoretisch tun und stimmen dagegen? Ich habe keine Ahnung, wie man auf so was kommt.
Kann Barack Obama das ändern?
Ich weiß nicht, wie das mit dieser Rechtsprechung aussieht. Aber ich denke, Obama kann eine ganze Menge verändern. Dass Obama gewählt wurde, zeigt zunächst mal den Wunsch nach Veränderung und einem besseren Leben(sie macht eine Gebetsgeste gen Himmel). Es besteht also Hoffnung. Aber die Denkweise der Menschen muss sich verändern, und das ist ein langer und mühsamer Prozess. Und es fängt bei ganz einfachen Dingen an.
Bei was zum Beispiel?
Bei so simplen Dingen wie der Frage, ob du dein Aufnahmegerät da einfach wegwirfst oder reparieren lässt. Aber natürlich auch wesentliche Dinge. Meine Kinder haben schwarze und weiße Freunde. Sie sind farbenblind. Das war in meiner Kindheit nicht so, weil wir natürlich auf die älteren Generationen reagiert haben. Ich bin 1970 geboren und wurde mit den richtigen Idealen aufgezogen. Aber es war geprägt von der Angst vor Rassismus und davon, etwas Falsches zu sagen. Aber meine Kinder nehmen es gar nicht mehr wahr. Für sie gibt es keine Unterschiede. Das war zu meiner Zeit anders.
Inwiefern?
Nicht nur was die Hautfarben angeht, sondern auch religiöse Überzeugungen. Meine Eltern waren Buddhisten und damit Freaks. Im Schulbus in Masachusetts wurde ich von Mitschülern gefragt, ob ich in die Hölle käme, weil ich nicht an Gott glaubte. Wie sich das Klima verändert hat seit meiner Jugend - und ich bin nicht so alt - bis zu dem zehnjährigen Kind, das ich jetzt aufziehe, hat nichts mit mir zu tun. Ich bin nicht die Mutter, die ihrem Kind immer sagt: Sag nicht dies, sag das nicht. Für meine Kinder gibt es keine stressigen Entscheidungen zu treffen. Es gab nur einen Moment im Wahlkampf zwischen Hillary Clinton und Barack Obama: Die Frage: Wen werden sie mehr hassen? Eine Frau oder eine Afroamerikaner? Wer wird mehr diskrimiert?
Du wirkst sehr stark. Spielst du deshalb gern unsichere Frauen?
Ich bin wie viele meiner Charaktere sehr komplex und widersprüchlich. Man kann sehr gegensätzliche Aspekte in sich haben. Grundsätzlich bin ich sehr sensibel. Wenn ich einen Horrorfilm sehe, muss ich mir die Ohren zuhalten. Und wenn es richtig schlimm ist, halte ich mir die Ohren und die Augen zu. Aber ich kann Leute eh nicht verstehen, die Horrorfilme angucken. Ich fand Truman Capotes Buch „Kaltblütig“ schon extrem schrecklich. Ich war nie mehr dieselbe danach. Ich habe nur den Trailer für „Der weiße Hai“ gesehen und habe 20 Jahre gebraucht, um darüber wegzukommen. Über den Trailer!
Aber du hast doch Filme wie „Kill Bill“ gemacht.
Zum Glück musste ich den nur machen und nicht ansehen.
Im Film reden alle über den deutschen Fußballer Lukas Podolski. Wie bist du gerade auf ihn gekommen?
(Regisseur Griffin Dunne hat ihn gegoogelt und eine Diskussion über ihn ins Drehbuch eingebaut) Ich kenne ihn nicht und bin auch kein Sportfan. Aber ich habe mir sagen lassen, dass er ein guter und wichtiger Fußballspieler ist, und man hat mir sein Foto gezeigt.
Und? Wie gefällt er dir?
Ich kann nichts über jemand sagen, den ich nicht kenne. Ich gucke mir zwar manchmal Fußball- oder Rugbyspiele an, aber ich kann nicht all diese Spieler auseinanderhalten. Es ist ja schon schwer genug, die Hollywoodschauspieler auseinander zu halten.
Uma, herzlichen Dank für das Gespräch.