Julie Delpy: Beim nächsten Mal mit Bart?


Es war alles ganz schön hart, aber besonders schwer hat es die Kombination aus allem gemacht. Ich musste die Hauptrolle aber selbst übernehmen, um die Finanzierung zu bekommen, und es ist ein Part, der einem ziemlich viel abverlangt. Dazu habe ich mich immer zurückgestellt und erst die anderen Schauspielerinnen ihre Szenen drehen lassen. So war ich mit meinen Nahaufnahmen immer erst dran, wenn ich schon total erschöpft war. Das nächste Mal – wenn ich es überhaupt noch mal in der Konstellation machen – gebe ich mir eine sehr kleine Rolle in meinem eigenen Film.

Sie war mir nie wirklich wichtig. Es ist gut, sich zu pflegen. Nicht dass ich das täte – ich habe da überhaupt nichts für übrig. Vielen Schauspielerinnen sieht man an, dass sie sich Mühe geben mit ihrem Aussehen. Das ist ja auch okay. Aber viele entstellen sich eher noch mit ihren Bemühungen. Ich versuche, Menschen zu verstehen, die sich unters Messer legen, aber es gelingt mir nicht. Deshalb habe ich die unglückliche Love Story dazuerfunden, damit Erzebet einen etwas edleren Grund hat, durchzudrehen. Aber diese Entschuldigung haben die Botox- und Silikonschönheiten ja nicht. Ewige Jugend ist eine Chimäre. Das kritisiere ich auch in ’Die Gräfin’. Ich finde es gut zu altern. Ich habe keine Angst davor.

Auf jeden Fall! Und ich bin fasziniert davon, dass manche vor fast nichts zurückschrecken, um ihrem Schönheitsideal nachzujagen. Es geht in Hollywood nicht mal darum, jung zu bleiben, sondern vor allem eins: faltenfrei. Am besten hast du nicht mal Mimikfalten. Es geht nur ums Aussehen, das ist doch traurig!

Zuerst mal, weil ich dort gedreht habe. Ich hatte zum Teil auch zuerst US-Schauspieler im Kopf. Aber dann hat Sebastian Blomberg für eine kleinere Rolle vorgesprochen und war so gut, dass ich ihn als eine der Hauptrollen besetzt habe. Daniel Brühl hat die Rolle meines anderen Lovers bekommen, weil ich jemand wollte, der zwar süß ist, aber nicht so aussieht wie diese Hollywoodschnuckelchen mit den perfekt regulierten Zähnen. Das würde auch nicht zu einem Kostümfilm passen. Ich habe ihm trotzdem sagen müssen: Bitte geh nicht ins Fitnessstudio. Bitte natürlich auch nicht fett werden, aber ich kann keinen Bodybuilder gebrauchen. Ich wollte jemand, der süß und normal und brav aussieht. Das kann Daniel ganz gut. Und er sieht auch nicht aus wie 30, sondern wirkt jünger.

Bei Daniel war es einfach, denn ich war vorher schon mit ihm befreundet. Ich drehe eh nicht besonders gern Liebesszenen, aber mit einem Freund ist es leichter als mit einem Fremden. Zum Glück sind meine Bettszenen in „Die Gräfin“ auch harmlos. Ich wollte keinen schmutzigen Sex und solches Zeugs in meinem Film. In manchen Filmen ist es in Ordnung, aber auf keinen Fall in einem Kostümfilm!

Ich finde gar nichts Besonderes an deutschen Männern. Es ist Zufall, dass mein Freund auch Deutscher ist.

Als Schauspieler bist du nur Teil eines kreativen Prozesses, aber selbst höchstens emotional kreativ. Du bist immer in den Händen eines Regisseurs und sprichst die Worte eines anderen. Daher schreibe ich gern und habe die Lust, selbst Filme zu machen, so richtig für mich entdeckt, als ich mit Richard Linklater am Drehbuch von ’Before Sunrise’ gearbeitet habe. Ich habe sogar eine Filmschule besucht und Regie gelernt. Zum Glück habe ich ’Zwei Tage Paris’ ordentlich hinbekommen, sonst hätte ich das Geld für ’Die Gräfin’ nie zusammenbekommen. Filmproduzenten sind bei Frauen, speziell bei Schauspielerinnen, immer von einer seltsamen Angst beseelt, sie können einen Nervenzusammenbruch erleiden oder sich in Drogen stürzen.

Lange Zeit wäre ich gern ein Mann gewesen. Ich denke, ich hätte mein Leben mehr genießen könne. Ich will nicht sagen, dass ich ungern eine Frau bin. Es wäre super, wenn ich beides sein und ab und zu mal zwischen den Geschlechtern wechseln könnte. Aber so läuft es leider nicht. Wahrscheinlich haben es Männer auch nicht einfacher. Aber ich hätte es gern ausprobiert, mal einer zu sein. Oh je, ich klinge wie ein Transsexueller! Sie lacht schallend und tief.) Also wunder dich nicht, wenn ich zum nächsten Interview mit Bart komme.
Julie, herzlichen Dank für das Gespräch.
