Als festes Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters wurde Johanna Wokalek durch den Film “Barfuss“ an der Seite von Till Schweiger auch der breiten Masse bekannt. Spätestens seit ihrer Rolle im “Baader Meinhof Komplex“ ist sie in der Riege der Top-Schauspielerinnen angekommen. Zum Interview zu ihrem neuen Film “Die Päpstin“ kam sie gut gelaunt und wirkte in ihrem grauen Kleidchen sehr sympathisch und bodenständig. Nur bei privaten Fragen machte sie dicht, was zum schüchternen Eindruck der 34-Jährigen passt.
Von Sebastian Schmidt
Nach “Der Baader Meinhof Komplex“ ist “Die Päpstin“ die zweite große Produktion hintereinander. Man könnte sagen, es läuft rund für dich.
Das ist eher Zufall. Es gibt Zeiten der Stürme, und dann ist auch mal wieder ein bisschen Flaute. Das kann man sich nicht aussuchen. Aber “Die Päpstin“ zu spielen ist eine absolute Traumrolle. Ich konnte mich in einen Mann verwandeln und versuchen, es möglichst glaubhaft zu machen.
War von Anfang an klar, dass du einen Mann mimen kannst?
Als wir den Maskentest mit einer geklebten Glatze gemacht haben, war klar, dass das funktionieren wird.
Aber im Film hast du eine echte Tonsur getragen. Wie bist du damit im Alltag umgegangen?
Mütze! Zumindest auf der Straße. Freunde sagten, ich solle ganz offensiv damit umgehen. Aber ich entschied mich für die Mütze. Während des Drehs hat es mich nicht gestört. Danach war es lästig. Dann muss man warten, bis es nachwächst.
War es schwierig Johanna Wokalek beizubringen, wie ein Mann zu agieren?
Das war nicht so schwierig. Sie hat meistens eine Kutte angehabt. Trotzdem war sie manchmal ein bisschen zu weiblich. Sie wirkt in dem Film aber sehr androgyn, manchmal auch ein bisschen männlich, aber sie verliert ihre Weiblichkeit nicht. Das ist so besonders.
Was war die schwierigste Szene im Film?
Die einzige kritische Situation war, als Johanna nackig ins Wasser musste. Das Wasser in Marokko war irrsinnig kalt, ich war ein bisschen krank, und da haben wir uns angezickt. ’Geh doch selber rein’, ’Bin ich der Schauspieler oder du?’. Ich hatte am Rand ins Wasser gefühlt, und da war es irgendwie warm. Aber zehn Meter weiter muss so ein Temperatursprung gewesen sein. Aber das hatte ich ihr nicht geglaubt.
Wie hat es sich angefühlt, als Päpstin auf dem Thron zu sitzen?
Ich erinnere mich an diesen roten Mantel. Er hatte eine Menge Stoff. Ich sagte: ’Ihr müsst mir irgendwas bauen. Ich kann den nicht tragen.’ Dann haben sie mir einen Unterbau gebastelt.
Wie bereitet man sich auf so eine Rolle vor?
Ich habe den Doku-Film ’Die große Stille’ gesehen. Das war am hilfreichsten. Da geht um ein Schweige-Kloster des Karthäuserordens. Man sieht ein Jahr im Leben der Mönche. Dadurch bekam ich einen guten Einblick in das geregelte spirituelle Leben.
Die Presse lobt dich in den höchsten Tönen. Wie gehst du damit um?
Ich freue mich natürlich darüber. Aber für mich ist das größte Lob der Applaus nach einer Theater-Vorstellung. Oder der Kinozuschauer, der Lust hat, diesen Film zu sehen und dadurch irgendwie berührt wird.
Wie fühlst du dich, im Mittelpunkt zu stehen und bei der Film-Premiere über den Roten Teppich zu gehen?
Das gehört nun mal dazu. Aber ich glaube, dass es ganz wichtig für mich ist, mich zurückzuziehen, um mich auf neue Rollen vorzubereiten.
Wie bist du zu der Rolle in ’Die Päpstin’ gekommen?
Es war der erste deutsche Film, den ich gemacht habe. Ich erinnere mich an die erste Unterhaltung mit Sönke Wortmann. Er war in Australien und hat mich bequatscht, dass ich mitspielen soll. Es war fantastisch. Sönke ist sehr kontrolliert. Nach außen wirkt es immer so, als könnte ihn nichts aus der Fassung bringen.
Was halten sie von den Klischees über Deutsche? Sind sie wirklich so organisiert und reserviert?
Bei jedem Film braucht es eine gute Organisation. Darum ist das Klischee völlig fehl am Platz. Aber auch die anderen Vorurteile waren nach der Arbeit in einer deutschen Produktion wie weggefegt. Klischees wie ’Deutsche sind reserviert’ sind totaler Blödsinn. Die Dreharbeiten zu dem Film zählen zu den angenehmsten in meinem Leben. Das lag an der deutschen Crew. Jeder wollte sein Bestes geben und ist gern zur Arbeit gekommen. Es gab keinerlei Spannungen am Set. Ich habe in einigen großen Filmen mitgespielt, und da war die Arbeit viel destruktiver. Ich würde hier immer und immer wieder arbeiten wollen.
Um die Arbeit mit dem ’Sexiest Man’ Australiens David Wenham haben dich sicher viele Frauen beneidet.
David ist einfach unglaublich lustig. Wie kommen ja alle aus dem Theater-Fach. Dadurch lernten wir uns sofort gut kennen, denn wir hatten von Anfang an ein Thema. Die haben alle den Schalk im Nacken.
Hast du es irgendwann mal bereut, Schauspielerin geworden zu sein?
Nein, ich bereue nichts. Es gibt in dem Beruf natürlich immer Krisen. Aber als Schauspielerin weiß man, dass Unsicherheiten und Ängste dazu gehören.
Herzlichen Dank für das Gespräch.