Interview mit David Wenham

Von Sebastian Schmidt
Wie war es, nach ’Australia’ wieder einmal den Guten spielen zu dürfen?
Australia war ein sehr langwieriges Projekt. Nach den Dreharbeiten wollte ich unbedingt noch mal einen Guten spielen. Das war auch einer der Gründe, warum ich mich für die Rolle entschieden habe.

Hat es nicht auch einen Reiz, den Bad Boy zu mimen?
Mir ist es eigentlich egal, ob gut oder böse. Ich drehe auch gern Komödien. Das habe ich schon lange nicht mehr gemacht, aber es juckt mich in den Fingern. Ich entscheide mich für eine Rolle, wenn mir das Skript gefällt - und der Charakter, den ich spielen soll.
Von Nicole Kidman zu Johanna Wokalek. Wie sehr hat sich die Arbeit mit den beiden unterschieden?
Das ist, als würde man Äpfel mit Orangen vergleichen. Sie sind sehr unterschiedlich. Ich habe es sehr genossen, mit Johanna zu arbeiten. Wir kommen beide aus dem Theaterfach, das verbindet. Ich finde, sie ist eine außergewöhnliche Schauspielerin. Sie ist sehr intelligent und total wissbegierig. Sie gibt 100 Prozent, bis sie das erreicht, was sie will. Ich würde gerne noch mal mit ihr zusammenarbeiten, aber leider kann ich nicht fließend Deutsch sprechen.

Es war der erste deutsche Film, den ich gemacht habe. Ich erinnere mich an die erste Unterhaltung mit Sönke Wortmann. Er war in Australien und hat mich bequatscht, dass ich mitspielen soll. Es war fantastisch. Sönke ist sehr kontrolliert. Nach außen wirkt es immer so, als könnte ihn nichts aus der Fassung bringen.
Was halten sie von den Klischees über Deutsche? Sind sie wirklich so organisiert und reserviert?
Bei jedem Film braucht es eine gute Organisation. Darum ist das Klischee völlig fehl am Platz. Aber auch die anderen Vorurteile waren nach der Arbeit in einer deutschen Produktion wie weggefegt. Klischees wie ’Deutsche sind reserviert’ sind totaler Blödsinn. Die Dreharbeiten zu dem Film zählen zu den angenehmsten in meinem Leben. Das lag an der deutschen Crew. Jeder wollte sein Bestes geben und ist gern zur Arbeit gekommen. Es gab keinerlei Spannungen am Set. Ich habe in einigen großen Filmen mitgespielt, und da war die Arbeit viel destruktiver. Ich würde hier immer und immer wieder arbeiten wollen.

Das meiste über Schwertkampf habe ich bei den Dreharbeiten zu ’300’ gelernt. Die Kampftrainer waren außergewöhnlich. Sie haben uns über Monate alle Bewegungen beigebracht, und wir haben gelernt, instinktiv zu reagieren. Das verlernt man nicht mehr.
Ist es richtig, dass du bei ’Herr der Ringe’ Angst hattest, Eliah Wood zu verletzen?
Das ist wahr. Ich sollte ihm in dieser einen Szene die Schwertspitze leicht auf den Hals drücken. Mein Schwert war scharf wie eine Rasierklinge. Wenn einer von uns sich geregt hätte, hätte ich ihn aufgespießt. Diese Verantwortung war mir zu groß.

Ich bin sehr unsicher. Darum versuche ich immer, alles richtig zu machen und experimentiere auch gerne ein bisschen rum. Ich werde unruhig, wenn alles beim ersten Versuch im Kasten ist. Dann denke ich, da hätte ich doch noch was rausholen können.
Wie waren die Kussszenen mit Johanna?
So was ist immer seltsam. Es unterscheidet sich stark von einer normalen Dialog-Szene. Es fühlt sich immer irgendwie falsch an und läuft sehr technisch ab. Die schlimmste Szene war die Kuss-Szene im Wasser. Das war in Marokko, und man sollte denken, dass Wasser wäre total warm. Schwachsinn! Es war eiskalt. Die Crew hatte dicke Jacken und Gummistiefel an und sie sagten: ’Das ist nicht so kalt, kommt schon rein’. Es war kaum zu glauben wie kalt es war. Wir mussten zehn Minuten im Wasser sitzen und ich dachte, dass es niemals funktionieren würde, weil wir ohne Ende gezittert haben.

Die Wahl ist schon Jahrzehnte her. Ich bin nicht der sportlichste, aber ich versuche schon, in Form zu bleiben. Hugh Jackman ist jetzt der ’Sexiest Man’ des ganzen Universums (lacht).
Frauen spielen eine große Rolle in deinem Leben, du hast zwei Töchter und fünf ältere Schwestern. Wie hat das deinen Charakter geformt?
Ich war der Jüngste in der Familie. In Gesprächen habe ich herausgefunden, dass viele Schauspieler die Jüngsten in der Familie sind. Die Schauspielerei ist in solchen Fällen schon fast ein Ringen um Aufmerksamkeit. Der weibliche Einfluss war aber sehr gut für mich. Ich umgebe mich gerne mit Frauen. Ich denke das kommt daher.

Ich habe im Flieger gerade erst gelesen, dass in Amerika mehr Frauen Arbeit haben als Männer. Das ist in der ganzen Gesellschaft so, außer in der Kirche. Ich finde es wird Zeit, dass sich das ändert, und ich glaube, das wird es auch. Vielleicht erleben wir das auch noch. Vor zwanzig Jahren hätte ja auch niemand gedacht, dass Amerika einen schwarzen Präsidenten haben würde.
Herzlichen Dank für das Gespräch