"Ich bin oft zu faul zum Shoppen": Karoline Herfurth im Exklusiv-Interview

Sie war eins der paarungswilligen Girls in ‚Mädchen, Mädchen’ und das verführerische Mirabellenmädchen in Tom Tykwers „Das Parfum“. Als schwierige Balletttänzerin in ‚Im Winter ein Jahr’ und in der historischen Rolle der Hochspringerin Gretel Bergmann in ‚Berlin 36’ zeigt die zierliche Schauspielerin mit den großen Augen und Sommersprossen und der markanten Stimme, was sie kann. Auch wenn sie modisch ihren Stil noch nicht gefunden hat, weiß Karoline Herfurth ansonsten genau, was sie will, erfuhr Kino-Redakteurin Mireilla Zirpins beim Exklusiv-Interview.
Du hast in letzter Zeit viele sportliche Rollen gespielt – eine Fußballspielerin, eine Balletttänzerin und nun eine Leichtathletin in ‚Berlin 36’ – wie sportlich bist du?
Die Rollen sind Zufalle, aber Sport gehört in mein Leben – nur im Moment leider nicht so. Normalerweise werde ich nervös, wenn ich zwei Wochen lang keinen Sport mache. Wenn ich dazu komme, tanze ich Ballett und schwimme. Dazu probiere ich jetzt Bikram-Yoga aus. Früher bin ich auch noch viel gelaufen. Und ich reite. Mir geht es dabei nicht um Erfolg. Das ist einfach Bewegungsdrang. Wenn ich meine Bahnen schwimme, bin ich nachher entspannt und ausgeglichen. Gerade, wenn man so viel Kopfarbeit macht oder sich so viel in Gesten und Ausdruck kontrollieren muss, ist es sehr schön, manchmal loszulassen.
Hast du dir Druck gemacht, die gleiche Höhe zu überspringen wie Gretel Bergmann?
Das ist nicht möglich. Sie hat damals ja jeden Rekord gebrochen. Ich kann in anderthalb Monaten nicht Leistungen erreichen, die eine britische Meisterin gebracht hat. Aber ich kann jemand nicht spielen, wenn ich nicht selbst diesen Ehrgeiz entwickelt habe, um jeden Zentimeter zu kämpfen. Mein persönlicher Rekord war 1,30 Meter, bei einer Körpergröße von 1,63 Meter. Angefangen habe ich bei 90 Zentimeter.

Wie wichtig waren für dich die Kostüme in so einem Historien-Drama?
Maske und Kostüm haben sehr viel beigetragen zu der Rolle. Ich sehe da ganz anders aus als sonst. Damals ist man ja noch ganz anders miteinander umgegangen. Da hilft die Maske unglaublich, eine Rolle zu begreifen.
Was magst du an der Mode aus den Dreißigern?
Ich hab der Produktion nachher die Marlene-Hose abgekauft. Die sieht sehr schön aus zu kurzen Pullovern. Den Mantel aus dem Film habe ich zum Abschluss geschenkt bekommen. Mit einer Baskenmütze sieht das sehr stilvoll aus. Heute hat man ja meist diesen verschlotterten Sofa-Look. Ich mag es gern, mich bewusst zu kleiden.
Klingt, als wären Filmsets eine gute Einkaufsadresse. Wo gehst du sonst shoppen?
Ich muss gestehen, ich bin total faul, was so was angeht. Ich finde Mode etwas sehr Faszinierendes. Aber wenn ich mich gerade mal reingearbeitet habe, ist das alles schon wieder out. Manche Leute haben ein Händchen dafür, aber bei mir dauert es ewig – von Geschäft zu Geschäft rennen, an- und wieder ausziehen. Deswegen finde ich das wahrscheinlich so angenehm, bei der Filmproduktion Sachen zu kaufen, die von anderen rausgesucht wurden. Aber grundsätzlich gehe ich gern um die alte Schönhauser Straße herum in Berlin einkaufen. Da gibt es kleine Läden mit tollen Sachen. Die sind leider meist sehr teuer, sodass man nicht so viel kaufen kann. Aber manchmal kann man schon schwach werden, zum Beispiel bei einem kleinen französischen Label.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Manchmal trage ich riesenweite Jeans, mal High Heels und Bluse. Das ist stimmungsabhängig. Ich glaube, ich schwimme da noch ein bisschen und weiß noch nicht so richtig, was meins ist. Das hat sich auch in den letzten Jahren ungefähr fünf Mal verändert.
Kommst es dir entgegen, dass dich bei Galas große Labels ausstatten?
Ich könnte mir gar nicht für jeden Roten Teppich so ein Kleid kaufen, die kosten ja ein Vermögen. Es ist schon super, wenn man die Möglichkeit hat, mal ein Kleid von solch berühmten Desigern zu tragen. Ich schaue mir dann im Internet an, was mir gefällt oder bekomme eine Auswahl zugeschickt. Chanel oder Louis Vuitton zum Beispiel haben mich schon ein paar Mal ausgestattet. Die wissen mittlerweile, was mir gefällt.
Wie findest du es denn, dass du die Sachen dann wieder hergeben musst?
Eigentlich ist es in Ordnung. Ich kann die ja nur einmal tragen. Danach würden sie bei mir nur rumhängen. Auf einer Hochzeit oder Familienfeier kann ich ja schlecht in so einer Robe daherkommen.

Im Film geht es um Konkurrenz unter Sportlerinnen. Welche Erfahrungen hast du mit dem Thema auf der Schauspielschule gemacht?
Eine gesunde Konkurrenz, bei der man sich gegenseitig anstachelt und zu Leistung motiviert, finde ich was Tolles. Ansonsten kann ich mit Neid und Rivalität nicht anfangen. Auf so was reagiere ich gar nicht. Wenn sich ein Regisseur für jemand anders entscheidet, war ich einfach nicht richtig für ihn.
Wie gehen denn andere damit um, wenn du die Rolle bekommst?
In meinem Freundeskreis freut man sich mit mir, auch meine zwei Freundinnen, die auch Schauspielerinnen sind. Die sind genug erfüllt mit ihrem eigenen Leben. Rivalität entsteht meist, wenn man mit sich unzufrieden ist. Wenn ich selbst Rivalität finde, denke ich immer, das fällt auch mich zurück. Dann muss ich mich fragen: Womit bin ich unzufrieden?
Hast du das Gefühl, dass der Erfolg dein Leben verändert hat?
Klar. Andererseits weiß ich nicht, wie es ohne ihn gewesen wäre. Es ist natürlich total nett, dass ich so viele Sachen geschenkt bekomme. Momentan gibt es fast nur schöne Seiten. Dass man seine Anonymität verliert und sich nicht mehr unbeobachtet auf der Straße bewegen kann, finde ich dagegen schade. Aber ich fühle mich nicht verfolgt. Ich mache mir nicht so viele Gedanken darüber, weil es auch jeden Tag wieder anders sein kann.

Ist das ein Grund, warum du nach der Schauspielschule nun auch noch Sozialwissenchaften studierst?
Nein, mein Beruf ist die Schauspielerei und bleibt das hoffentlich auch. Aber ich habe Interesse an Soziologie und Politik. Das ist reiner Wissenshunger. Und ich habe das Gefühl, dass man in einer Demokratie eine Verantwortung hat. Die kann ich besser ausfüllen, wenn ich mehr weiß. Wenn ich wählen gehe, merke ich, dass ich keine Ahnung von Parteien und deren Programmen habe. Diese Wissenslücke möchte ich gern schließen.
Du bist vor zehn Jahren entdeckt worden und seither gut im Geschäft. Was hältst du denn von Casting-Shows?
Solche Shows stellen eine Chance dar, Aufmerksamkeit zu bekommen. Für mich wäre das allerdings nichts. Schwierig finde ich, dass Menschen dort öffentlich beurteilt werden von einem Gremium, das nicht studiert ist. Und eine öffentliche Ausschlachtung von Intimitäten ist auch nicht mein Ding. Aber jedem das Seine. Die Teilnehmer haben sich das ja selbst ausgesucht.
Was würdest du jemand raten, der dich im Kino sieht und sagt: Das möchte ich auch machen?
Ich würde ihm definitiv empfehlen, eine Schauspielschule zu besuchen und sich zu überlegen, ob man dieses Leben haben möchte. Was man sieht, ist Glamour. Aber es ist harte Arbeit. Und es ist nichts Schönes, nicht mehr anonym sein zu können oder in der Öffentlichkeit verhandelt zu werden. Bei mir kam das allmählich. Da konnte mein gesamtes Umfeld konnte langsam mit wachsen. Aber ich wünsche es niemandem, über Nacht berühmt zu werden.
Herzlichen Dank für das Gespräch.