'Hin und Weg' mit Florian David Fitz: Emotionale Tragikomödie über Sterbehilfe und Selbstbestimmung

4 von 5 Punkten
Seien Sie ehrlich: Hatten Sie bis vor ein paar Monaten schon mal etwas von ‚Amyotrophe Lateralsklerose’, besser bekannt als ALS, gehört? Nein? Ich auch nicht! Insofern hat die ‚Ice Bucket Challenge’, in der sich Promis und Normalos einen Eimer Eiswasser über den Kopf kippen, um auf die unheilbare Nervenkrankheit aufmerksam zu machen, ihren Zweck erfüllt. Diesen Hype hätten die Produzenten natürlich nicht ahnen können, als sie mit der Arbeit an ihrem neuen Film ‚Hin und weg’ begannen. Die Geschichte vom todkranken Hannes, gespielt von Florian David Fitz, der sich nicht nur zwischen Leben und Tod, sondern auch ständig zwischen Freud und Leid sowie Hoffnung und Verzweiflung befindet, könnte vom Zeitpunkt somit nicht perfekter passen.
Von Ann-Christin Gebhardt
Dabei ist es nicht die Krankheit ALS, die hier im Vordergrund steht. Es geht allein um die Tatsache, dass Hannes (Florian David Fitz; ‚Vincent will Meer’) sterben wird und dass er beschlossen hat, sein Schicksal selbst zu bestimmen und Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Die alljährliche Fahrradtour, die Hannes immer mit seiner Frau Kiki (Julia Koschitz; ‚Das Wunder von Kärnten’) und seinem Freundeskreis macht, soll dieses Jahr deswegen nach Belgien gehen. Das erfahren seine Freunde allerdings erst im Laufe der Tour und so müssen sie nicht nur ihren ganz eigenen Weg finden, mit dem baldigen Abschied von Hannes klar zu kommen, sondern setzen auch alles daran, ihm die unvergesslichsten letzten Tage seines Lebens zu bereiten.
Es klingt unglaublich traurig und das ist es auch. Trotzdem gelingt Regisseur Christian Zübert (‚Dreiviertelmond’) die Balance zwischen Trauer und Momenten des Glücks nahezu reibungslos und das ist es vor allem, was ‚Hin und weg’ ausmacht. So gibt es Momente, in denen die Stimmung auf dem Nullpunkt ist, in denen absolute Sprachlosigkeit und Unsicherheit darüber herrscht, wie man jetzt weiter macht, ob überhaupt noch so etwas wie Spaß erlaubt ist. Dank gut platzierter, komödiantischer Passagen werden diese schwerfälligen Momente aber geschickt aufgelockert, ohne dabei konstruiert zu wirken. Denn so tragisch der Film auch ist, so lebensbejahend und hoffnungsvoll ist er, mit einer ständigen Achterbahn der Gefühle, wie sie im Leben nun mal vorkommt.
Der Film geht ans Herz

So sind es auch die vielen, kleinen Nebenhandlungen, in denen es nicht immer nur um den kranken Hannes, sondern auch um die persönlichen Dramen der übrigen Charaktere geht, die den Film sehenswert machen. Denn auch wenn sich alle um ihren sterbenden Freund sorgen, so sieht sich beispielsweise Michael (Jürgen Vogel; ‚Stereo’) mit seiner Furcht vor Nähe oder Mareike (Victoria Mayer; ‚Die Sache mit dem Glück’) mit einer Ehekrise konfrontiert. Die Nebenprotagonisten sind hier eben nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern ausgearbeitete Charaktere, ohne die ‚Hin und weg’ so nicht funktionieren würde.
Der Zuschauer fühlt in jeder Minute mit ihnen mit, spürt ihre Hilflosigkeit. Allen voran Florian David Fitz, der seine Rolle so überzeugend spielt, dass es einem ans Herz geht. Aber auch Jürgen Vogel, der anfangs als Sprüche klopfender Frauenheld Michael in Erscheinung tritt und erst nach und nach seine verletzliche Seite offenbart, bleibt in Erinnerung.
’Hin und weg’ wird als tragische Komödie oder komische Tragödie bezeichnet, die den Zuschauer auch nach der Kinovorführung so schnell nicht los lässt. Dass die ‚Ice Bucket Challenge’ die Menschen für die Krankheit ALS sensibilisiert hat, erweist sich dabei marketingtechnisch sicherlich als hilfreich, nötig hat der Film das allerdings zu keiner Minute.
Kinostart: 23.10.2014