Gnomeo und Julia: Shakespeare mal anders
2,5 von 5 Punkten
Eigentlich steht hinter dem neuesten Clou von Disney doch eine herrliche Idee mit viel Potential für witziges Animationskino: Eine Shakespeare-Adaption mit Gartenzwergen(!) als Hauptfiguren. Die kitschigen Keramikfiguren zweier verfeindeter Nachbarn führen ihren eigenen Kleinkrieg, wenn die Bewohner des Hauses nicht da sind. Unter ihnen auch Gnomeo und Julia, die … ach, diesen Stoff kennen sie doch aus ‚Romeo und Julia’. Leider wird hier aber eine etwas unausgegorene Version der wohl größten Liebesgeschichte aller Zeiten präsentiert, denn die Story ist flapsig erzählt und von der Disney-typischen, liebevollen Charakterzeichnung fehlt auch jede Spur.
In William Shakespeares Geburtsort Stratford-upon-Avon wohnen Frau Montague und Herr Capulet in jeweils einer Hälfte eines Doppelhauses und vertreiben sich ihre Zeit zu gern mit nachbarlichen Zänkereien. Was sie allerdings nicht wissen: Auch ihre Zierpüppchen haben sich den Krieg erklärt und sorgen für das ein oder andere Desaster in dem üppigen Grün der beiden britischen Vorgärten.
Unter ihnen kämpft auf der Seite der Hausherrin Montague der draufgängerische Gnomeo, der nicht ganz unschuldig daran ist, dass der feindliche Tybalt bei einem waghalsigen Rasenmäherrennen in Stücke zerberstet. Julia hingegen muss ihre Zeit damit verbringen auf einem Sockel herumzustehen, von dem ihr Vater sie einfach nicht herunterlassen will, aus Angst ihr könnte Ähnliches widerfahren. Das passt der aufmüpfigen Zwergin natürlich überhaupt nicht in den Kragen. Weil sie Beweisen will, dass sie stark und unabhängig ist, stiehlt sie sich eines Nachts heraus, um für den Garten ihres Vaters eine besonders schöne Orchidee zu stehlen. Dabei begegnet sie Gnomeo, der schon den nächsten Plan gegen die verfeindeten Zwerge ausheckt.
Ein bisschen viel Elton John
Um einer Geschichte, die den meisten bekannt ist doch noch etwas Pepp zu verleihen, und um die jungen Zuschauer mit einer entdramatisierten Version vor dem bitteren (Original-) Ende der Tragödie zu bewahren, haben die Filmemacher natürlich versucht, die ganze Story noch ein wenig aufzulockern. Doch der Versuch, dem Zuschauer vor allem durch zahlreiche szenischen Einschübe – was denn sollen neuerdings andauernd diese Tanzeinlagen in Hollywood-Kinderfilmen? – einige Lacher zu entlocken, sind nur teilweise wirklich witzig und stören insgesamt viel zu oft den Erzählfluss der Geschichte. Somit geht Erzählzeit verloren, mit der man die Hauptcharaktere etwas liebevoller hätte Gestalten können. So kommt Gnomeo zuweilen sogar ziemlich unsympathisch daher und weist kaum die liebevollen Züge einer Disney-typischen Identifikationsfigur auf. Da sympathisiert man als Zuschauer eher mit Julias Gehilfin, einem selten dämlichen (aber liebevollen und witzigen) Keramikfrosch.
Auch die permanente Beschallung durch die Songs des britischen Starkomponisten Elton John fällt nach einiger Zeit leider negativ ins Gewicht, da vielen Stücken der ewig gleiche, verkitschte Stil zugrunde liegt, der häufig weder zu den Charakteren, noch zu den Situationen passt. Auch hier hätte man sich etwas mehr Kreativität und Variation gewünscht, denn so mag sich auch die Musik nicht wirklich ohne Bruch in die Story einfügen.
‚Gnomeo und Julia’ besticht aber vor allem durch die liebevoll gestaltete Animation. Zwar sind die Farben der Umgebung manchmal etwas übersättigt, die Zwerge allerdings jederzeit sehr hübsch und detailliert in Szene gesetzt. Kinderfreundlich ist der Humor der Films allemal. Durch die etwas unstrukturierte Erzählweise kann es allerdings sein, dass die Kleinen schnell die Aufmerksamkeit verlieren, bis der Film erst in der zweiten Hälfte so richtig an Fahrt aufnimmt und sich auf das Wesentliche der Geschichte konzentriert. Insgesamt wurde das Potential einer skurrilen Idee also leider ein wenig verschenkt. Schlecht ist der Film sicher nicht, aber ein Animationsfilm, den man sich auch als Erwachsener gern noch ein zweites, oder drittes Mal anschaut, ist er leider auch nicht.
Von Mihaela Gladovic