Futtern und Feiern für die Seele: 'Soul Kitchen'

Von Mireilla Zirpins
„Ich will dich aber riechen, Nadine“, stöhnt der angetörnte Zinos seiner Nadine ins Ohr, mit der er nur noch Skype-Sex zwischen Schanghai und Hamburg haben soll. „Wenn ich dich riechen will, gehe ich einfach in die nächste Pommesbude“, ranzt die schicke Blondine zurück. Der Gute-Laune-Films dieses Winters kommt eindeutig von Fatih Akin. Nach den grandiosen, aber eher deprimierenden ersten beiden Teilen seiner „Liebe, Tod und Teufel“-Trilogie lässt er den Satan noch ein bisschen in der Hölle schmoren und legt mit „Soul Kitchen“ einen Hamburger Heimatfilm mit viel Humor dazwischen. In den Hauptrollen: seine alten Weggefährten Moritz Bleibtreu („Im Juli“, „Solino“) und Adam Bousdoukos („Kurz und schmerzlos“).
Sie spielen ein ungleiches griechisches Brüderpaar, und man kauft ihnen das sogar optisch ab. Ansonsten haben die Jungs jedoch überhaupt nichts gemeinsam. Während der sympathische Loser Zinos (Bousdoukos) sich mit seiner Taverne in Hamburg-Wilhelmsburg abrackert und seiner ätherischen Freundin aus gutem Hause (süß: Pheline Roggan) doch immer zu sehr nach Frittenfett stinkt, bequatscht ihn sein fauler Bruder Illias (Bleibtreu), ihm Knastfreigang zu verschaffen, indem er nur so tut, als hätte er einen Job in Zinos’ Kneipe.

Dort muss der arme Zinos aber fast alles allein machen, während seine Nadine in China Karriere macht und sein Brüderchen mit der ihm eigenen unverfrorenen Art lieber die schlagfertige Kellnerin Lucia (überzeugend: Schauspieldebütantin Anna Bederke) anbaggert: „Kann man dich klarmachen?“. Schon geht alles den Bach runter: Zinos erleidet einen Bandscheibenvorfall, und die virtuelle Erotik mit Nadine fluppt auch nicht so. In seiner Not heuert er einen Messer werfenden Koch an (urkomisch: Birol Ünel aus Akins „Gegen die Wand“), der sein hitziges Gemüt nur mit Alkohol zu kühlen weiß, doch der ist sich zu fein für Zinos’ Fischstäbchen und Fritten. Und dann stehen auch noch das Finanz- und das Gesundheitsamt auf der Matte.
Sie merken schon, Fatih Akin hat versucht, Stoff für drei Filme in einen zu packen. Das gelingt oft gut, ist aber manchmal einfach zu viel – genauso wie die Anzahl der Figuren. Das ist sehr schade, denn sie sind alle liebenswert und mit viel Einfallsreichtum ausgedacht – bis zu einer Minirolle als notgeiler Immobilienmakler für Wotan Wilke Möhring. Dennoch lacht, fühlt und leidet man mit ihnen mit in ihrem Biotop in einer nicht ganz so hippen und schicken Ecke Hamburgs, wo sie sich von ihrer Stammkneipe„Soul Kitchen“ Essen für die Seele und ein Stück Heimat erhoffen.
Mit einem Auge für die kleinen Gesten und die kleinen Leute inszeniert Akin, Sohn türkischer Einwanderer aus Hamburg, seine Heimatstadt und ihre Bewohner. Dabei setzt er vielleicht zu oft auf Slapstickhumor, der aber durch manch lakonischen Oneliner wieder aufgefangen wird. „Soul Kitchen“ reicht vom Künstlerischen her sicher nicht an seine meisterlichen Arbeiten „Gegen die Wand“ oder „Auf der anderen Seite“ heran, aber ihm ist ein Feelgood-Movie gelungen, das uns an einem tristen Wintertag ein Lachen ins Gesicht zaubert. Und wir alle wissen ja, dass die leichten Gerichte am schwersten zu kochen sind.