Filmkritik 'Lone Ranger' - Kinostart: 8. August 2013

Filmkritik 'Lone Ranger' - Kinostart: 8. August 2013
Johnny Depp als Tonto © Photo: Peter Mountain

4 von 5 Punkten

Johnny Depp wieder in einem Disney-Actionspektakel von Gore Verbinksi (Regie) und Jerry Bruckheimer (Produktion), und das mit Langhaar-Frisur und greller Gesichtsbemalung – wer würde da nicht an ‚Fluch der Karibik‘ denken, mit dem das Trio das Piratenfilm-Genre ordentlich renoviert hat? Nun also eine Aufhübschung des Westerns, wieder mit Johnny Depp als Sidekick, der dem eigentlichen Helden die Show stiehlt.

Und in der Tat ist der Titelheld, der Lone Ranger, gespielt vom recht unbekannten Armie Hammer (aufmerksamen Zuschauern vielleicht bekannt als Prinz aus ‚Spieglein Spieglein‘ oder als Winklevoss-Zwillinge aus ‚The Social Network‘) ungefähr so schön und so langweilig wie vor zehn Jahren Orlando Bloom als Will Turner in ‚Fluch der Karibik‘. Nach einer Rahmenhandlung aus dem Jahr 1933, durch die Johnny Depp als runzliger Jahrmarkts-Indianer (man erkennt ihn wirklich kaum, er sieht aus wie eine hundertjährige Schildkröte) führt, werden wir zurückversetzt ins Jahr 1869, als weiße Männer Eisenbahnschienen durchs ganze Land legen und dabei die Gebietsgrenzen der ‚Native Americans‘ missachten.

Trotz Themenpark-Finale mächtig unterhaltsam

Filmkritik 'Lone Ranger' - Kinostart: 8. August 2013
© Film Frame

In diesen Schlamassel gerät der gesetzestreue junge Staatsanwalt John Reid, der im Laufe der zweieinhalb Stunden zum mutigen ‚Lone Ranger‘ mutiert. Dazu muss er aber gemeinsame Sache mit dem durchgeknallten Indianer Tonto (Johnny Depp) machen. Die beiden lernen sich kennen, als sie bei einem Überfall auf einen Zug aneinander gekettet werden. John Reid möchte den Mord an seinem Bruder rächen, und ganz nebenbei das Herz von dessen Witwe Becky (etwas fehlbesetzt und zu herb: die Britin Ruth Wilson) erobern. Und Tonto? Was der für Pläne verfolgt, würde der Mann mit dem bescheuerten Vogel auf dem Kopf niemals offenlegen, aber die Sympathien sind sofort auf seiner Seite, obwohl die Figur sehr ambivalent und keineswegs eindeutig positiv angelegt ist.

Dass man trotzdem sofort auf seiner Seite ist, liegt am Charme Johnny Depps, der es in puncto Schrägheit zwar mal wieder übertreibt, aber längst nicht so wie in den ‚Fluch der Karibik‘-Filmen. Extrem gern sieht man ihm zu und freut sich, nachdem er zunächst wie eine Karikatur der Klischee-Indianer wirkte, die man jahrzehntelang in jedem Western geboten bekam, dass all diese überkommenen Vorstellungen über den Haufen geworfen werden. Auch Armie Hammer, der glatt einen Kopf größer ist als Johnny Depp und sich schon deshalb nicht einfach so übersehen lässt, macht seine Sache gut, wenn man berücksichtigt, dass seine Figur natürlich farbloser angelegt ist als der schillernde Charakter Tonto.

Die Geschichte ist zwar reichlich überfrachtet mit Handlungswendungen, trägt aber prima über 149 Minuten und ist auch spannend für Menschen, denen das etwas zu turbulente Themenpark-Finale zu dick aufgetragen ist. Entschädigt wird der Zuschauer vor allem dadurch, dass ‚Lone Ranger‘ kein billiger Spoof ist, sondern dem Genre Western trotz aller Freiheiten, die er sich nimmt, in jeder Hinsicht Respekt zollt. Die Schauwerte sind vom Feinsten, vor allem bei den Landschaftsaufnahmen. Nur dass statt John Wayne eben Johnny Depp um die Ecke geritten kommt. Und es ist extrem okay, dass der ‚Native American‘ hier der heimliche Hauptdarsteller ist, auch wenn das viele US-Kritiker gestört hat.

Von Mireilla Zirpins

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