Filmkritik 'Carrie - des Satans jüngste Tochter' - Kinostart. 5.12.

Chloë Grace Moretz als 'Carrie'
Das Schweineblut ist noch nicht trocken: Chloë Grace Moretz als 'Carrie'.

2,5 von 5 Punkten

Beinahe 40 Jahre ist es her, seit Stephen Kings Debütroman 'Carrie' erschienen ist. Das Buch bescherte nicht nur dem Schriftsteller seinen großen Durchbruch, sondern verhalf auch Brian de Palma zu einem Sensationserfolg. 1976 gelang dem Regisseur mit seiner Verfilmung ein virtuoses Teenie-Grusel-Drama, das heute nicht weniger legendär als die Buchvorlage ist.

Der in den USA grassierende Remake-Wahn macht aber trotz der hohen Messlatte auch vor 'Carrie' nicht Halt. Regisseurin Kimberley Pierce hat sich mit ‚des Satans jüngste Tochter‘ an eine Neuverfilmung gewagt und versucht dabei, dem Original einen zeitgemäßen Anstrich zu verpassen – und der ist trotz der heutzutage oft zu sehenden Schock- und Reizüberflutung nicht blutrot.

Bei der Handlung orientiert sich Pierce eng am Original und erzählt die Geschichte der jungen Carrie White (Chloë Grace Moretz, bekannt aus den 'Kick-Ass'-Filmen und Tim Burtons 'Dark Shadows') in der altbekannten Form: Das junge Mädchen lebt bei seiner fanatisch-religiösen Mutter (fantastisch: Julianne Moore), die sie zu Hause unterdrückt und zum Beten in den Schrank unter der Treppe sperrt. In der Schule mobben die Klassenkameradinnen die unschuldig-naive Carrie und bewerfen sie mit Tampons, als nach dem Sportunterricht unter der Dusche die erste Regelblutung einsetzt.

Dass wir mittlerweile im Jahr 2013 angekommen sind, zeigt Pierce, indem die fiesen Mädels flott alles mit dem Smartphone filmen und umgehend im Internet hochladen. So sieht Schulhof-Terror im Facebook-Zeitalter aus. Das war es dann aber auch weitestgehend mit den Neuerungen. Schade, denn King bietet etwa mit der Angst vor dem Erwachsenwerden, dem Ausschluss aus der Gemeinschaft oder dem Verstoß durch die eigene Mutter weit mehr Raum für eigene Akzente.

Damit einhergehend offenbart sich ein weiteres Problem: Nicht alles, was 1976 bei den Massen das große Staunen hervorrief, zieht auch heute noch. Carries Telekinese-Kräfte, mit denen sie Objekte bewegen kann, dürften den 3D-verwöhnten Kinozuschauern kaum mehr als ein müdes Lächeln entlocken.

Chloë Grace Moretz Julianne Moore Carrie
Carrie (Chloë Grace Moretz) und ihre Mutter (Julianne Moore) sind ein eigenwilliges Gespann. © dpa, Sony Pictures

Leider kommt auch Chloë Grace Moretz bei Weitem nicht an Sissy Spacek heran, die Carrie im Original verkörperte. Konnte Spacek dem Zuschauer allein mit trüben Blicken Schauer über den Rücken laufen lassen, setzt Moretz dem in weiten Teilen nur maßlose Übertreibung entgegen. Wenn sie den Kopf tief zwischen den Schultern einklemmt, die Augen maximal aufreißt und stakst, als müsste sie sich jeden Moment in die Hose machen, wirkt das einfach nur noch unglaubwürdig. Immerhin passt Moretz‘ telegenes Aussehen zu ihrer Figur, die im Laufe des Films selbstbewusster auftritt als in der Vorlage - ansonsten bleibt Moretz trotz Schweineblut-Aufguss blass.

Großartig dagegen ist Julianne Moore, die die Ambivalenz zwischen aufrichtiger Mutterliebe auf der einen und der gestörten religiösen Psychopatin auf der anderen Seite stets so überzeugend verkörpert, dass beim Zuschauer Gänsehaut entsteht. Hier liegt die große Stärke des Remakes. Auch das Finale ist durchaus sehenswert, hebt sich aber bis auf die etwas blutigere, aber niemals übertriebene Inszenierung nicht vom Vorgänger ab.

Von Timo Steinhaus

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