"Du hast mich vernichtet, dann vernichte ich dich auch"

Verteidiger plädieren auf Freispruch
Der Vergewaltigungsprozess um Wettermoderator Jörg Kachelmann geht in die entscheidende und letzte Runde. Das Urteil soll am 31. Mai verkündet werden. Im Schlussplädoyer des Kachelmann-Prozesses vor dem Landgericht Mannheim, fordert die Verteidigung einen Freispruch. Außerdem beantragt Verteidiger Johann Schwenn eine Entschädigung für die Untersuchungshaft sowie Durchsuchungen und Beschlagnahmen.
Aus "Rache und Hass" habe die Ex-Freundin den Moderator zu Unrecht belastet, sagte Verteidigerin Andrea Combé. Die Frau habe sich von dem Gedanken leiten lassen: "Du hast mich vernichtet, dann vernichte ich dich auch." Die Nebenklägerin verfolgte das Plädoyer im Gerichtssaal und schüttelte dabei immer wieder still den Kopf.
"Aus allem wird deutlich, dass die Zeugin Lügengeschichten erfindet, um ihr Ziel zu erreichen", ergänzte die Pflichtverteidigerin. "Niemals hätte sie damit gerechnet, dass er nach elf Jahren aufsteht und geht." Nach Combés Ansicht sind weder die Spuren auf dem Messer, mit dem Kachelmann seine Ex-Geliebte bedroht haben soll, noch die Verletzungen der Frau ein Beweis für die Schuld des 52-Jährigen. Die Anklage hatte zuvor vier Jahre und drei Monate Haft für den Wettermoderator wegen schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gefordert.
Viel Raum für Spekulationen
Kachelmanns Ex-Freundin beschuldigt den 52-jährigen Schweizer, er habe sie in der Nacht zum 9. Februar 2010 mit einem Küchenmesser bedroht und vergewaltigt. Er bestreitet die Vorwürfe. Obwohl die 38-Jährige in den ersten Vernehmungen falsche Angaben zur Vorgeschichte der angeblichen Tat gemacht hatte, glaubt die Staatsanwaltschaft, dass der eigentliche Tatvorwurf zutrifft.
Die Spurenlage ist allerdings nicht eindeutig: Obwohl Kachelmann der Frau ein Küchenmesser an den Hals gehalten haben soll, fanden sich keine DNA-Spuren der 38-Jährigen auf dem Rücken der Klinge. Die Staatsanwaltschaft hält es für naheliegend, dass die Spuren beim zufälligen Kontakt des Messers mit der Bettdecke verloren gingen. Kachelmann könnte die Klinge aber auch abgewischt haben, mutmaßte Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge in seinem Plädoyer.
Raum für Interpretation lassen auch die Verletzungen der Frau, unter anderem am Hals, und starke Hämatome an den Oberschenkeln. Die Anklage hält es für ausgeschlossen, dass sich die Radiomoderatorin die Wunden selbst zugefügt haben könnte. Es gebe eine natürliche Hemmschwelle, sich selbst Schmerzen zu bereiten, argumentierte Oltrogge. Nach Ansicht der von Kachelmann benannten Experten spricht die Art der Wunden dagegen für eine Selbstverletzung.
Für Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Frau sorgen zudem ihre Erinnerungslücken an Details der angeblichen Vergewaltigung. Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Glaubhaftigkeit der Aussage mit aussagepsychologischen Methoden nicht bestätigen lässt.
Das Argument der Anklage: Kachelmann habe seiner Geliebten gedroht, er würde sie töten, wenn sie nicht still sei. Wenn aus Sicht der Frau diese Drohung und nicht der Geschlechtsakt das eigentliche Kerngeschehen der Nacht gewesen sei, sei es einleuchtend, dass sie bestimmte Teilaspekte einer Vergewaltigung nicht wahrgenommen hat.