Der Teufel trägt Prada - Kinostart: 12. Oktober 2006

Romanverfilmungen sind so eine Sache. Wie oft macht man sich ein Bild von den Protagonisten und ist dann ganz enttäuscht von der abweichenden Interpretation des Regisseurs. Und was im Buch in langen inneren Monologen aufwühlend dargeboten wird, ist im Kino mit Off-Stimme meist nur zum Gähnen. Doch nun haben wir es mal mit dem umgekehrten Fall zu tun. Denn die mit Spannung erwartete Leinwandadaption von Lauren Weisbergers Bestseller „Der Teufel trägt Prada“, die gerade bei den Filmfestspielen von Venedig außer Konkurrenz gezeigt wurde, ist um Längen besser als das Buch.
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Regie-Neuling David Frankel, der schon einige Folgen der Erfolgsserie „Sex And The City“ gedreht hat, kann mit zwei wunderbar aufgelegten Hauptdarstellerinnen aufwarten. Die bildhübsche Anne Hathaway, bekannt aus „Plötzlich Prinzessin“ und zuletzt zu sehen als betrogene Gattin im Schwulenwestern „Brokeback Mountain“, beweist einmal mehr, dass sie mit ihrem ultrabreiten Lächeln das Zeug hätte, die von der Bildfläche verschwundene Julia Roberts abzulösen.
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Und Meryl Streep demonstriert nach „Couchgeflüster“ erneut eindrucksvoll, dass es für Frauen jenseits der 50 in Hollywood zwar hauptsächlich Rollen als böse Schwiegermütter oder Oberzicken gibt, sie diese jedoch mit Klasse und Hingabe zu meistern versteht.
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Streep mimt Miranda Priestly, einflussreichste Chefredakteurin des US-Modemagazins „Runway“ und das, was man einen echten Drachen nennt. Nicht nur ihre Angestellten kuschen vor ihr, auch die größten Modedesigner der Welt tanzen nach ihrer Pfeife. Kein Wunder, dass die herrische Lady, die in herrischem Imponiergehabe jeden Mann schlägt, eine Assistentin nach der anderen verschleißt.
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Warum stellt sie die brave Hochschulabsolventin Andrea (Anne Hathaway) als rechte Hand ein, die noch nicht mal weiß, wie man Gabbana schreibt, von einer Karriere als Journalistin träumt und noch nie ein Exemplar von „Runway in den Händen hatte? Weil sie hofft, dass „das dicke Mädchen“ mit den Synthetik-Pullis vom Wühltisch, wie sie die völlig normal gebaute Bewerberin abfällig nennt, mal was anderes ist als ihre geklonten Größe-32-Vorgängerinnen, die Miranda doch allesamt enttäuschten.

Aber Andy vermasselt es gründlich. Während ihre Kollegin Emily (Emily Blunt) den Aufstieg von der zweiten zur ersten Assistentin feiert und „nur noch eine Darmgrippe von ihrem Traumgewicht entfernt“ ist, darf Andy hinter Miranda herräumen, wenn sie mit Schwung ihre Prada-Tasche und ihren Versace-Mantel auf Andys Schreibtisch pfeffert, um aus ihrem Büro im Befehlston die Aufgaben zu verteilen.
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Und das sind so aussichtslose Unterfangen, wie sie trotz eines Orkans und eingestellten Luftverkehrs zu einer Schultheateraufführung ihrer Töchter fliegen zu lassen. Doch dann packt Andy der Ehrgeiz, der Oberzicke zu beweisen, dass sie die unmöglichen Anforderungen erfüllen kann. Und der Erfolg beginnt wie in jedem guten Aschenputtel-Märchen mit dem richtigen Styling. Dank der Zuneigung des Chefstylisten Nigel (Stanley Tucci) zwängt Andy ihren Popo in Designerfummel aus dem Fashion-Fundus der Redaktion und erntet erstmal ein bisschen Respekt.
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Doch nach wie vor ist es ein hartes Stück Arbeit, sich gegen den Teufel in Prada zu behaupten und zudem die Mobbing-Angriffe der eifersüchtig über ihren Posten wachenden Emily abzuwehren. Bei diesem Überlebenskampf, in dem es hauptsächlich darum geht, in Rekordzeit auf Stilettos Lieferdienste auszuführen, merkt Andy gar nicht, dass sie immer mehr zu einem der Modepüppchen mutiert, auf die sie anfangs so verächtlich herabsah. Ihr Privatleben gibt sie völlig auf, um rund um die Uhr für Sklavendienste zur Verfügung zu stehen – und riskiert dabei ihre Beziehung zu ihrem geduldigen Lover Nate. Und das alles, um von Miranda, die das Wort „Danke“ gar nicht kennt, mit einem schnippischen „Das war's“ belohnt zu werden.
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Warum Andy sich das alles antut? Warum sie nie mit ihrem Freund über ihre Probleme spricht, sondern die Erniedrigungen durch Miranda und das Zerbrechen ihrer Beziehung einfach so hinnimmt? Das fragen Sie mal die Buchautorin Lauren Weisberger, die den Masochismus ihrer Hauptfigur geradezu zelebriert, aber nie psychologisch wirklich begründet. Ihr Roman ist eher simpel gestrickte, leichte Kost für ein weibliches Publikum, das sich unterhalten lassen will, ohne nachzudenken – „Chick-Lit“, wie man es etwas abfällig nennt.
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Doch Drehbuchautorin Aline Brosh McKenna hat ganze Arbeit geleistet. Sie hat den Plot ordentlich gestrafft und vor allem die Figur der Miranda nicht ganz so schwarz gezeichnet wie im Buch, sondern einige der Gemeinheiten auf deren Assistentin Emily verlegt, die im Buch subtil hinterhältig und nicht so offen gemein ist. Das ist ein äußerst cleverer Schachzug.
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Dazu gibt Meryl Streep den Alptraum eines jeden Redakteurs nicht ganz so polternd wie in der Romanvorlage, sondern zeichnet das Bild einer besonnenen und berechnenden Frau, die vor allem eine harte Fassade aufbaut, um keine Gefühle und schon gar keine Schwäche zu zeigen – nie zu aufdringlich, immer elegant und vor allem sehr nuanciert ihn ihrem Spiel.
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Ann Hathaway lässt sich von ihrer Kollegin nicht an die Wand spielen, sondern bringt mit erfrischendem Spiel die Sympathien auf ihre Seite. Vor allem macht sie aber mit ihren Rehaugen und ihren wechselnden Outfits eine buchstäblich gute Figur und bietet somit einen echten Hingucker für Jungs, die sich mit oder ohne weibliche Begleitung ins Kino getraut haben.
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Vor allem aber haben sich die Macher flotte Dialoge einfallen lassen, die das eher dröge Buch schmerzlich vermissen ließ. Bissige Oneliner jagen sarkastische Kommentare und lassen es verzeihen, dass vor allem die beiden Männer in Andys Leben eher profillos geraten und zudem mit Adrian Grenier als enttäuschtem Jugendfreund und Simon Baker als Edelfeder Christian Thompson hoffnungslos fehlbesetzt sind. Dazu gibt es eine nette Vorschau auf die neue Herbstmode zu sehen – und den unvermeidlichen Cameo-Auftritt von Heidi Klum sowie Gisèle Bündchen in einer kleinen Rolle als Modeassistentin Serena.
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Aus dem Bestseller mit der etwas überzogenen Story konnte man kein Meisterwerk machen, aber das hätte auch niemand erwartet. Doch David Frankel ist ein hübsches Feelgood-Movie gelungen, das nicht nur Fashion Addicts und Leserinnen von Zopfmädchen-Romanen, sondern ein breites Publikum abwechslungsreich und humorvoll unterhält.
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PS: Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind gar nicht zufällig, sondern absolut beabsichtigt. Lauren Weisberger verarbeitete in ihrem Roman ihre Erfahrungen als Assistentin der legendären „Vogue“-Chefin Anna Wintour. Und auch wenn Sie sich besser den Alltag in einer Redaktion nicht halb so glamourös vorstellen wie im Selbstbedienungs-Modehaus „Runway“, werden sich die meisten Journalisten schmunzelnd an einen Chef erinnern, der das durch seinen plötzlichen Meinungsumschwung ausgelöste Chaos mit einem verständnislosen „Ist es denn so schwer…?“ quittierte und Unmögliches verlangte. Und gibt es solche Menschen nicht in allen Branchen?
Mireilla Zirpins
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01 15
