Das Leben von Helmut Schmidt in Bildern

"Der Mut, eine mir wichtige Sache mit Leidenschaft und Augenmaß durchzusetzen, hat mir im Laufe meines politischen Lebens oft genug Kraft gegeben; er wird mich hoffentlich auch auf dem letzten Stück meines Weges nicht verlassen."
Bis ins hohe Alter von 96 Jahren bezog Helmut Schmidt, Deutschlands 'eldest statesman' und fünfter Bundeskanzler (1974 – 1982) bis zuletzt Stellung zur politischen Weltlage. Er war ein viel und gern gesehener Gast in der Öffentlichkeit.
Bis ins hohe Alter von 96 Jahren bezog Helmut Schmidt, Deutschlands 'eldest statesman' und fünfter Bundeskanzler (1974 – 1982) bis zuletzt Stellung zur politischen Weltlage. Er war ein viel und gern gesehener Gast in der Öffentlichkeit.

Helmut Heinrich Waldemar Schmidt wurde am 23.12.1918 in Hamburg-Barmbek geboren. Gemeinsam mit seinem Bruder Wolfgang wurde er vom Vater mit Strenge erzogen. Die jüdischen Wurzeln des Vaters vertuschte die Familie während des Nationalsozialismus.

Im Jahr 1937 bekam Helmut Schmidt an der Hamburger Lichtwarkschule sein Abitur und war nach eigener Aussage "innerlich auf den Beruf des Städtebauers, auch des Architekten vorbereitet".
Doch im Zweiten Weltkrieg wurde er als Soldat eingesetzt - zuerst an der Ostfront, später dann ab 1944/45 an der Westfront. Im April 1945 gerät er für kurze Zeit in britische Gefangenschaft.
Doch im Zweiten Weltkrieg wurde er als Soldat eingesetzt - zuerst an der Ostfront, später dann ab 1944/45 an der Westfront. Im April 1945 gerät er für kurze Zeit in britische Gefangenschaft.

Unvergessen ist die umsichtige Tatkraft als Koordinator mit der Schmidt als damaliger Innensenator die Flutkatastrophe von 1962 in seiner Geburtsstadt Hamburg koordinierte. Auch wenn er nicht verhindern konnte, dass 340 Menschen ums Leben kamen, so gewann er über die Stadtgrenzen hinaus Ansehen. "Ich habe das Grundgesetz nicht angeguckt in jenen Tagen", erklärte er im Nachgang. Denn seine Kompetenzen hatte er in dem Moment überschritten, als er die Bundeswehr während der Sturmflut einsetzte.
Hier verleiht er 400 Soldaten einer Medaille zum Dank für ihren Einsatz in einer Kaserne in Hamburg-Wansbeck.
Hier verleiht er 400 Soldaten einer Medaille zum Dank für ihren Einsatz in einer Kaserne in Hamburg-Wansbeck.

Nicht zu Unrecht hat sich Schmidt den Beinamen "Schmidt-Schnauze" erworben – während heftiger Debatten und engagierter Diskussionen nahm der rhetorisch herausragende Politiker, der ab 1946 Mitglied der SPD war, kein Blatt vor den Mund. Äußerst scharf kritisierte er die Regierung von CDU-Politiker Konrad Adenauer und sprach sich gegen eine drohende atomare Bewaffnung aus.

Die 'Spiegelaffäre' im Herbst 1962: Innensenator Helmut Schmidt forderte vor der Hamburger Universität die erregte Menge zur Ruhe auf. Er verhinderte, dass die Tumulte in offene Gewalt umschlugen indem er friedlich über mehrere Stunden mit den Leuten diskutierte. Die Staatsanwaltschaft ermittelte lange Zeit gegen ihn wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat, weil er die Pläne um den Autoren Conrad Ahlers kannte, eine Geschichte über die Atompläne der Bundeswehr zu veröffentlichen.

Ende Oktober 1969 wurde Helmut Schmidt Verteidigungsminister im ersten sozial-liberalen Kabinett von Bundeskanzler Willy Brandt. Er wollte den Frieden durch ein militärisches Gleichgewicht zwischen Ost und West erzielen. Ende November 1969 kam es dann in seiner Amtszeit zur Unterzeichnung des lange umstrittenen Atomwaffensperrvertrags, welches als Ziel die vollständige nukleare Abrüstung hat. Weitere Staaten schließen sich bis heute an.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundeswehr diskutierten Soldaten mit ihrem Minister. Eine seiner Errungenschaften ist die Verkürzung der Grundwehrzeit von Soldaten von 18 auf 15 Monate.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundeswehr diskutierten Soldaten mit ihrem Minister. Eine seiner Errungenschaften ist die Verkürzung der Grundwehrzeit von Soldaten von 18 auf 15 Monate.

Nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brand wurde Helmut Schmidt, der bis dahin Finanzminister war, am 16. Mai 1974 im Bundestag in Bonn zum fünften Kanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Rückhalt bekam er für seine erste Amtszeit von 267 der insgesamt 492 Parlamentariern.
Seine erste Amtszeit war geprägt von der weltweiten Wirtschaftsrezession. Mit einer Preissteigerung um 4,5 Prozent zwei Jahre nach seinem Amtsantritt konnte Schmidt im globalen Vergleich beachtliche Erfolge durch die Stabilitätspolitik erzielen. Seine Bilanz: "Mir scheint, dass das deutsche Volk - zugespitzt - fünf Prozent Preisanstieg eher vertragen kann als fünf Prozent Arbeitslosigkeit."
Seine erste Amtszeit war geprägt von der weltweiten Wirtschaftsrezession. Mit einer Preissteigerung um 4,5 Prozent zwei Jahre nach seinem Amtsantritt konnte Schmidt im globalen Vergleich beachtliche Erfolge durch die Stabilitätspolitik erzielen. Seine Bilanz: "Mir scheint, dass das deutsche Volk - zugespitzt - fünf Prozent Preisanstieg eher vertragen kann als fünf Prozent Arbeitslosigkeit."

Die wirtschaftlichen Probleme ließen sich nur durch die enge Zusammenarbeit vieler Länder stemmen. Seit dieser Zeit verbindet Schmidt eine Freundschaft zu seinem französischer Amtskollege Valéry Giscard d’Estaing, die gemeinsam die Grundlage für den heutigen Euro legten.
Gemeinsam begründeten sie 1975 die regelmäßigen Treffen der wichtigsten Wirtschaftsnationen, später bekannt als G7- beziehungsweise G8-Gipfel.
Gemeinsam begründeten sie 1975 die regelmäßigen Treffen der wichtigsten Wirtschaftsnationen, später bekannt als G7- beziehungsweise G8-Gipfel.

Weitere wichtige Etappen in der ersten Amtszeit von Bundeskanzler Schmidt waren die Unterzeichnung der Verträge zur 'Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa' (KSZE) in Helsinki. Zum ersten Mal trifft er hier auch DDR-Staatschef Erich Honecker im August 1975. Es war ein wegweisender Schritt zur Entspannung der Beziehungen zwischen Ost und West.

In seiner zweiten Amtszeit, die mit einem knappen Wahlsieg der Koalition von SPD und FDP im Dezember 1976 begann, stellte er sich vielen innen- und außenpolitischen Problemen: Neben den Meinungsverschiedenheiten mit der US-Regierung unter Jimmy Carter waren es vor allem innerdeutsche Schwierigkeiten.

Seit Beginn der 1970er Jahre kam es zu terroristischen Aktionen der Roten-Armee-Fraktion (RAF), die im 'Deutschen Herbst' 1977 gipfelten: Innerhalb weniger Tage kam es zur Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback, des Bankiers Jürgen Ponto sowie der Entführung mit anschließender Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer. Ein Krisenstab versuchte das Leben Schleyers zu retten ohne jedoch auf die versuchte Erpressung der RAF-Terroristen, die eine Freilassung von Häftlingen bewirken wollten, einzugehen.
Politisch übernahm das deutsche Staatsoberhaupt die Verantwortung für den Tod von Schleyer, der Opfer der "Staatsräson" geworden war. Während der Trauerfeier sitzt er zwischen Eberhard Schleyer, dem Sohn des Ermordeten und der Witwe Waltrude.
Politisch übernahm das deutsche Staatsoberhaupt die Verantwortung für den Tod von Schleyer, der Opfer der "Staatsräson" geworden war. Während der Trauerfeier sitzt er zwischen Eberhard Schleyer, dem Sohn des Ermordeten und der Witwe Waltrude.

Als am 13. Oktober 1977 in Palästinenser-Kommando die Lufthansa-Maschine 'Landshut' entführte, um die in Stuttgart-Stammheim inhaftierte RAF-Führung freizupressen, bewies Schmidt Nervenstärke. Seinem Staatsminister Hans-Jürgen Wischnewski ("Ben Wisch") habe er gesagt: "Du hast jede Vollmacht, und wenn es notwendig erscheint, reicht diese Vollmacht über das Grundgesetz hinaus." Es habe 50 zu 50 gestanden. "Entweder fliegen wir 90 Passagiere nach Hause, oder sie werden in die Luft gesprengt." Die Operation im somalischen Mogadischu war dank der GSG-9 erfolgreich. Wäre es anders verlaufen, wäre Schmidt als Kanzler zurückgetreten.

Auf dem außenpolitischen Parkett war es nicht wirklich ruhiger. Bei dem Treffen zwischen Helmut Schmidt und US-Präsident Jimmy Carter im Juli 1978 war es nicht immer so fröhlich. Helmut Schmidt pointierte das Ungleichgewicht der Sicherheitsinteressen zwischen den USA und Europa und drängte auf den NATO-Doppelbeschluss. Auch seine Auffassung in Sachen Rüstungs- und Energiefragen führte mehr und mehr zu Konflikten innerhalb seiner Partei.
Weiterer Diskussionspunkt ist der schlechte Kurs der US-Leitwährung des Dollars – Schmidt fordert die Stabilisierung und musste Erwartungen einer Wachstumspolitik gegenüber Carter eindämmen.
Weiterer Diskussionspunkt ist der schlechte Kurs der US-Leitwährung des Dollars – Schmidt fordert die Stabilisierung und musste Erwartungen einer Wachstumspolitik gegenüber Carter eindämmen.

Die dritte Amtszeit war überschattet von einer hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland – im Jahr 1981 lag diese durchschnittlich bei rund 1,3 Millionen Menschen. Auch die Staatsschulden wuchsen enorm an, so dass in diesem Jahr eine Rekordneuverschuldung von über 33 Millionen Euro angepeilt werden musste. Dies führte zu erheblichen Spannungen der Koalitionäre und innerhalb der eigenen Partei.
Überraschend stellt Helmut Schmidt am 5. Februar 1982 die Vertrauensfrage im Bundestag. Diese wurde einstimmig beantwortet. Doch es blieb bei massiven Unstimmigkeiten in der Partei in wirtschafts- und sicherheitspolitischen Fragen.
Zwar wurde Schmidt bei dem SPD-Parteitag in München im April 1982 als stellvertretender Parteivorsitzende bestätigt, doch er erhielt weniger Stimmen als Willy Brandt, der als Parteivorsitzende wiedergewählt wurde.
Bereits im Wahlkampf 1980 zeigte sich sein Ansatz als Realpolitiker. Mit Blick auf seinen Konkurrenten hatte er damals geäußert "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen."
Überraschend stellt Helmut Schmidt am 5. Februar 1982 die Vertrauensfrage im Bundestag. Diese wurde einstimmig beantwortet. Doch es blieb bei massiven Unstimmigkeiten in der Partei in wirtschafts- und sicherheitspolitischen Fragen.
Zwar wurde Schmidt bei dem SPD-Parteitag in München im April 1982 als stellvertretender Parteivorsitzende bestätigt, doch er erhielt weniger Stimmen als Willy Brandt, der als Parteivorsitzende wiedergewählt wurde.
Bereits im Wahlkampf 1980 zeigte sich sein Ansatz als Realpolitiker. Mit Blick auf seinen Konkurrenten hatte er damals geäußert "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen."

Bei den Beratungen um den Haushalt für das Jahr 1983 kam es zu unüberwindbaren Spannungen. Am 1. Oktober 1982 wird Altkanzler Helmut Schmidt durch ein Misstrauensvotum gestürzt. Sein Nachfolger wird Helmut Kohl (CDU).
Noch bis 1987 gehört Helmut Schmidt als Direktkandidat seines Wahlkreises Hamburg-Bergdorf dem Bundestag an.
Noch bis 1987 gehört Helmut Schmidt als Direktkandidat seines Wahlkreises Hamburg-Bergdorf dem Bundestag an.

Seit Mai 1983 war Altkanzler Schmidt Mitherausgeber der Wochenzeitung 'Die Zeit'. Ebenfalls als Publizist findet er viel Beachtung und wird im Jahr 2010 für sein publizistisches Lebenswerk mit dem Henri-Nannen-Preis geehrt.

Im Privatleben zeigt sich Helmut Schmidt beständig: Während des Zweiten Weltkrieges heiratete er seine Frau Hannelore, genannt 'Loki'. Gemeinsam haben sie eine Tochter namens Susanne. Bis zum Tod von 'Loki' im Jahr 2010 blieben die damaligen Schulfreunde untrennbar vereint.
Gemeinsam spielen sie vor ihrem Haus am Bramsee Schach. Weitere Leidenschaften von Helmut Schmidt sind Kunst und Musik – teilweise spielte Schmidt auch Klavier in der Öffentlichkeit.
Gemeinsam spielen sie vor ihrem Haus am Bramsee Schach. Weitere Leidenschaften von Helmut Schmidt sind Kunst und Musik – teilweise spielte Schmidt auch Klavier in der Öffentlichkeit.

Selten war er ohne eine kleine Qualmwolke zu sehen. Selbst, als das Rauchen in der Öffentlichkeit bereits gesellschaftlich geächtet wurde, durfte er auf jedem Podium der Republik seine geliebten Mentholzigaretten paffen. "Willen braucht man. Und Zigaretten", antwortete er 2007 auf die Frage der Journalistin Sandra Maischberger, wie er sein Arbeitspensum schaffe.
Bis zuletzt hatte sein Wort Gewicht, bis zuletzt machte Helmut Schmidt aus seiner Unzufriedenheit über die heutige Politik keinen Hehl. "Es zeichnet politische Führer wie Churchill, de Gaulle oder Adenauer aus, dass sie nicht nur die nächste Wahl, sondern auch das langfristig Notwendige im Blick haben", schrieb er in seinem letzten Buch 'Was ich noch sagen wollte'.
Bis zuletzt hatte sein Wort Gewicht, bis zuletzt machte Helmut Schmidt aus seiner Unzufriedenheit über die heutige Politik keinen Hehl. "Es zeichnet politische Führer wie Churchill, de Gaulle oder Adenauer aus, dass sie nicht nur die nächste Wahl, sondern auch das langfristig Notwendige im Blick haben", schrieb er in seinem letzten Buch 'Was ich noch sagen wollte'.
© dpa
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