‘Cheyenne – This must be the Place’: Alternder Rockstar auf Nazijagd

3 von 5 Sternen
Einst war er ein gefeierter Star, doch das ist lange her. Gothrocker Cheyenne, der an Robert Smith von ‚The Cure‘ erinnert, ist mittlerweile 50 Jahre alt, sieht aber noch genauso aus wie damals, als er im Rampenlicht stand. Mit grellem Gruftie-Make-up und wild toupierter schwarzer Mähne langweilt er sich in seinen stets schwarzen Klamotten durch den Tag. Vom Nichtstun ist er leicht depressiv geworden, schlurft täglich durch sein Herrenhaus im irischen Dublin, spricht langsam und monoton. Nur seiner Frau Jane (Frances McDormand) ist es zu verdanken, dass der ehemalige Rockstar überhaupt noch lebensfähig ist.
Doch dann kommt plötzlich Bewegung in das träge Leben des Sängers. Denn als er erfährt, dass sein Vater im Sterben liegt, entschließt er sich, nach New York zu reisen. Und das, obwohl er seit dreißig Jahren kein Wort mehr mit seinem Dad gesprochen hat. Mit einem Trolley und einer CD der Band ‚The Piece of Shit‘ ausgerüstet, macht sich Cheyenne auf den Weg. Doch er kommt zu spät – sein Vater ist bereits tot. Der Rockstar liest die Tagebücher des alten Mannes, und erfährt, dass dieser nur ein Ziel im Leben hatte: den Mann zu finden, der ihn im Konzentrationslager gedemütigt hatte. Cheyenne will die Suche seines Vaters nach dem Kriegsverbrecher Alois Lange fortsetzen. Der soll mittlerweile 94 Jahre alt sein und irgendwo im US-amerikanischen Hinterland leben. Für Cheyenne beginnt eine Reise durch die Vereinigten Staaten, bei der er nicht nur den Peiniger seines Vaters finden wird, sondern auch sich selbst.

Ein skurriles und doch sehr emotionales Road-Movie, das Regisseur Paolo Sorrento den Kinobesuchern da präsentiert. Alles wirkt ein wenig übertrieben. Man gewöhnt sich zunächst schwer an Sean Penn, der mit seiner weinerlichen Stimme und seinem klapprigen Gang eher wie ein 80-Jähriger wirkt. Auch die Mimik ist oft überzogen – es bleibt kaum Raum für Fantasie und Interpretation. Genau so endet auch der Film, vorhersehbar, ohne Überraschung. Schade, denn Sean Penn ist der richtige Mann für diese Charakterrolle, aber wir haben ihn schon deutlich subtiler gesehen. Weniger wäre hier mehr gewesen.
Hervorragend besetzt ist hingegen die Rolle der Ehefrau des Altrockers, Jane. Francis McDormand, die Linda Litzke aus ‚Burn after Reading‘, ist eine großartige Schauspielerin. Ihr kauft man jedes Lächeln, jedes Wort und jede Geste ab. Die Frau ist witzig, spontan und total natürlich. Überhaupt sind die weiblichen Personen im Film ungeschminkt, im Gegensatz zum extrem angemalten Sean Penn. Umso grotesker wirkt sein Gesicht: alt, verbraucht und bemitleidenswert.
Begleitet wird Sean Penns Reise durch Amerika von der Musik des ‚Talking Head‘-Sängers David Byrne. Zu Beginn ist sie harmonisch, wird im Verlauf des Films rockiger, dann punkiger. Letztendlich zerreißt sie die Idylle der wunderschönen Landschaft und lässt dadurch nicht vergessen, dass Cheyenne keine Urlaubsreise unternimmt, sondern auf der Suche nach einem Kriegsverbrecher ist.
Von Britta Ploetner