Clint Eastwood erzählt, wie Morgan Freeman als Nelson Mandela mit der Unterstützung des südafrikanischen Rugbyteams einen entscheidenden Schritt zur Überwindung der Apartheid tut - was kann da noch schief gehen, vor allem, wenn ein frisch erblondeter Matt Damon den Rüpelsport-Kapitän mimt? Tja, trotz zwei Oscar-Nominierungen müssen wir leider sagen, dass wir ein wenig enttäuscht waren von ’Invictus’, obwohl das Sportdrama sicher kein schlechter Film ist.
Vor allem die Geschichte bietet wenig Überraschungen. Nach seiner Freilassung aus 27 Jahren Haft wird der ehemalige Freiheitskämpfer Nelson Mandela erster schwarzer Staatspräsident Südafrikas. Doch er scheint machtlos dagegen zu sein, dass die Apartheid in den Köpfen seiner Landsleute weiter geht. Da beschließt er, gegen den anfänglichen Widerstand der schwarzen Bevölkerung, das bis dato nahezu rein weiße Rugby-Nationalteam zu unterstützen. Beseelt vom Zuspruch durch den stets um Integration bemühten Präsidenten treibt Kapitän François Pienaar (gespielt von Matt Damon) seine schwächelnde Mannschaft zum Weltmeistertitel.
Der Ausgang der Rugby-WM ist bekannt, womit(sodass) der Film seine Spannung allein aus den dargestellten zwischenmenschlichen Konflikten beziehen muss(kann). Und genau daran hapert es bei Eastwood. Allein Mandelas schwarz und weiß gemischte Wachleute beharken sich am Anfang ein wenig und haben Vorurteile gegen Kollegen mit der jeweils anderen Hautfarbe. Die gravierenden sozialen Probleme im Land aber, die für viele Schwarze immer noch unüberwindbaren gesellschaftlichen Schranken, werden nicht im Ansatz dargestellt. Für Mandela und seine schick gekleideten Mitarbeiterinnen scheint es alles ganz glatt zu laufen.
Und auch zwischen Rugby-Kapitän Pienaar, der einem als Figur immer fremd bleibt, und Mandela gibt es nicht wirklich Reibung. Brav und beeindruckt nimmt Pienaar einen Tee mit Milch von Mandela an, der ein paar salbungsvolle Worte spricht, dann geht der bis fast zur Unsichtbarkeit erblondete Matt Damon wieder mit seinen Rugby-Kerlen trainieren und man fragt sich, was von den Weisheiten Mandelas er jetzt überhaupt mitgenommen hat.
Aufregung beschleicht den Zuschauer erst, als in einer wundervoll montierten Sequenz kurz vor dem Finalspiel ein Flugzeug im Tiefflug Kurs auf das Stadium nimmt. Da hält man ein einziges Mal den Atem an, auch wenn man weiß, dass es kein Attentat gab. Die Rugby-Sequenzen arbeiten auch nach allen Regeln des Sportfilms schön auf einen Höhepunkt hin, lassen einen dennoch seltsam kalt, auch wenn Morgan ’Mandela’ Freeman das Herz rührt, wenn er in Pienaars Trikot “seine“ Jungs namentlich begrüßt.
Freeman spielt das alternde Staatsoberhaupt mit Würde, Authentizität und eleganter Zurückhaltung. Aber wofür bitte soll Matt Damon die Oscar-Nominierung verdient haben? Nach einigen eher blassen Momenten darf er im Endspiel zwei Mal euphorisch seine Mannschaft anfeuern, tut sich aber ansonsten mit dem südafrikanischen Akzent im Englischen schwerer als mancher Nebendarsteller. Ansonsten ist alles sorgfältig inszeniert und von Eastwoods Stamm-Kameramann Tom Stern liebevoll fotografiert.
Wer Rugby liebt, wird sich nicht daran stoßen, jede Menge Spielszenen anzusehen. Allen anderen wird der Hintern ganz schön hart, denn das rüde Rumgerumpele nimmt glatt die Hälfte der zwei Stunden Spielzeit ein, und das ist eindeutig zu viel. Beim nächsten Mal, lieber Clint Eastwood, hätten wir gern wieder Kino mit großen Emotionen wie im ungleich besseren Sportler-Drama “Million Dollar Baby“ oder in seinen düsteren Werken “Mystic River“, “Changeling“, “Letters From Iwo Jima“ und “Flags Of My Fathers“.
Von Mireilla Zirpins