Berühmte Geschwister auf der Leinwand

Konkurrenz belebt das Geschäft - aber was, wenn sie aus der eigenen Familie kommt? Ben Afflecks (*1972) kleiner Bruder Casey (Baujahr 1975) stand lange im Schatten des berühmten Hollywoodstars. Doch nun stellt sich heraus: der Kleine datet zwar keine Hollywoodzicken, kann aber viel besser spielen als der Große. So wurde für Steven Soderberghs “Ocean’s Eleven“ und die Fortsetzungen nicht etwa Ben Affleck gefragt, sondern der jüngste Spross der Familie. Auch in “Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“ war es der zweitgeborene Affleck-Sohn, der Brad Pitt um die Ecke bringen darf. Ist Ben nun eifersüchtig, weil ihm Casey die Schau stiehlt? Keineswegs: Er gab seinem Brüderchen in seinem Regiedebüt “Gone Baby Gone“ sogar die Hauptrolle. Das ist wahre Geschwisterliebe. Aber kommen alle Showbiz-Geschwister so gut miteinander klar?

Ashley und Mary-Kate Olsen sind die reichsten Zwillinge der Welt – nur einzeln gibt es die Olsen-Twins nicht. Berühmt wurden die beiden 1986 geborenen Mädels durch die TV-Serie ’Full House’. Damals spielten sie immer abwechselnd die Rolle der kleinen Michelle. In den USA gibt es strenge Auflagen über die Arbeitszeiten von Kleinkindern, so dass sich die beiden die Rolle einfach teilten. Erst 1996 traten die beiden zum ersten Mal gemeinsam vor die Kamera, seitdem geht nichts mehr ohne die Schwester. Als Mary-Kate zuletzt mal allein drehte, ging es prompt in die Hose: Ihre Szenen in ’Factory Girl’ mit Sienna Miller wurden drastisch zusammengeschnitten. Ob Ashley sich schon hämisch freut? Schließlich soll Mary-Kate sie bisweilen ganz schön angezickt haben, weil Ashley so in der gemeinsamen Wohnung rumschlampt.

Auch Owen Wilson und sein drei Jahre älterer Bruder Luke wohnten jahrelang in einer WG, obwohl Luke schon längst ein eigenes Haus besaß. Er wollte den Spaß mit seinem Bruder nicht missen. Beruflich sind die Wilson-Brüder ein Dreamteam: Mit dem dritten Bruder Andrew im Bunde brachten sie hochgelobte Filme wie ’Rushmore’ und ’Die Royal Tenenbaums’ heraus. Einziger Wehrmutstropfen für den armen Luke: bei den Frauen hat sein großer Bruder mehr Erfolg. Irgendwann reichte es ihm allerdings, und er bat in einem Interview darum, seinen Körperbau nicht ständig mit dem seines durchtrainierten Bruders zu vergleichen.

Doch nicht immer halten Geschwister zusammen. Schon im Kinderzimmer früher hat die kleine Schwester genervt, weil sie alles nachmachen wollte. Damit es keinen Zank gibt, suchen sich viele ältere Schwestern ein neues Wirkungsfeld. So wie bei den Simpson-Schwestern. Jessica, die Ältere (*1980) begann im Jahr 2000 eine Karriere als erfolgreiche Sängerin in den USA. Als vier Jahre später die kleine Ashlee (*1984) ebenfalls im Musikbusiness durchstartete, orientierte sich Jessica um: 2005 hatte sie im Hollywoodfilm ’Ein Duke kommt selten allein’ ihre erste größere Rolle und versucht nun weiter an ihrer Kinokarriere zu basteln - nächstes Projekt: eine Hauptrolle in ’Blonde Ambition’ an der Seite von Luke Wilson und Rachel Leigh Cook. Will jetzt auch Ashlee zum Film? Natürlich hat sie es schon versucht, doch ’Undiscovered’ (2005), in dem sie eine ganz kleine Rolle hat, schaffte es nicht ins Kino. Die beiden Schwestern betonen stets, sie würden es nie zulassen, dass der Ruhm einen Keil zwischen sie triebe. Und manchmal ist auch Ashlee die Vorreiterin. Zum Beispiel bei den Schönheits-OPs. Das Aussehen spielt also wie bei den Olsens in Sachen Konkurrenzdruck dann doch eine Rolle.

Vor der Kamera ist Aussehen immens wichtig, hinter der Kamera völlig egal: Bei den Coen-Brothers kamen uns jedenfalls noch keine Streitigkeiten zu Ohren. Die beiden sind die Köpfe zahlreicher Kult-Produktionen wie ’Fargo’ oder ’The Big Lebowski’. An den Drehbüchern arbeiten sie meist gemeinsam. Regie und Produktion teilen sich Joel (Baujahr 1954) und Ethan (drei Jahre jünger) meist auf, führen aber in letzter Zeit immer häufiger gemeinsam Regie. Offenbar macht’s gemeinsam mehr Spaß.

Unzertrennlicher sind nur die ’Matrix’-Erfinder Larry und Andy Wachowski. Seit ihrer Kindheit sind sie ein Team. Ihre Karriere begannen sie als Drehbuchautoren, mittlerweile arbeiten sie hauptsächlich als Regisseure und Produzenten. Bei allen Regiearbeiten arbeiteten sie im Zweiergespann und lassen sich in den Credits als ’Wachowski Brothers’ listen. Geschwisterteams als Erfolgsgarant - in den Bereichen Regie und Produktion funktioniert es blendend, wie auch das Produzenten-Duo Harvey und Bob Weinstein beweist. So schön das für die Brüder ist, für alle anderen ist es bestimmt auch manchmal anstrengend. Schließlich steht man dann gleich einer ganzen Brüderfront gegenüber.

Bei den Baldwins gibt es hingegen hin und wieder Knatsch: Die vier Brüder arbeiten alle im Filmgeschäft. Mit einem Unterschied: Während Alec (*1958), der Älteste, Millionen-Gagen verdient, krebsen Daniel (*1960), William (*1963) und Stephen (*1966) noch ganz unten herum. Keine gute Ausgangsposition für Geschwister, schließlich konnte man schon als Kind nicht haben, wenn der andere mehr Schokolade essen durfte. Alec Baldwin: “Als wir aufwuchsen, gab’s daheim viele kaputte Fensterscheiben, Löcher in den Wänden und eine Menge Faustkämpfe.“ Und wie sieht es heute aus? Ist der Konkurrenzkampf geblieben? Alec Baldwin sieht die Situation so: “Bevor sie mich um Hilfe bitten, stürzen sie sich lieber die Klippen runter. Wir alle sind extrem dickköpfig“. Haben andere Geschwisterpaare auch ein Problem, wenn der eine erfolgreicher ist als der andere?

Für die Bridges-Brüder gilt das nicht: Jeff Bridges’ Name ist unweigerlich mit ’The Big Lebowski’ verbunden. Erst er machte den Dude zum Dude. Er drehte über 50 Filme, darunter ’König der Fischer’, ’Seabiscuit’ oder ’K-Pax’. Sein älterer Bruder Beau (geboren 1941) ist zwar nicht ganz so erfolgreich, auch wenn seine Filmographie mindestens so lang ist. Das scheint die beiden wenig zu stören: Ihr Geschwisterverhältnis gilt als besonders innig. Eine der überzeugendsten Vorstellungen ihrer Karrieren lieferten die beiden in dem Film ’Die fabelhaften Baker Boys’, in dem die Bridges-Jungs ein Brüderpaar spielen - was sonst?

Der frühere Einstieg in die Filmbranche bedeutet nicht automatisch den größeren Erfolg. Manchmal ist es sogar genau umgekehrt: Françoise Dorléac (*1942 †1967) war in Frankreich bereits erfolgreich, als ihre kleine Schwester Catherine eine Karriere im gleichen Fach anstrebte. Françoise Dorléac (’Die süße Haut’) stand kurz vor dem Durchbruch als Star, als sie bei einem Unfall mit ihrem Sportwagen ums Leben kam. Sie war es auch, die die anderthalb Jahre jüngere Schwester animierte, ebenfalls zum Film zu gehen. Um nicht ständig mit der großen Schwester verglichen zu werden, nahm Catherine Fabienne Dorléac ihren Künstlernamen Catherine Deneuve an. Heute kennt jeder diesen Namen, an die jung verstorbene Françoise Dorléac erinnern sich außerhalb von Frankreich nur noch eingefleischte Cineasten. Wir wissen natürlich nicht, wie erfolgreich Francoise Dorléac heute wäre, wenn sie nicht so früh gestorben wäre.

Auch River Phoenix (’Stand by me’) starb viel zu früh, nämlich im Oktober 1993 mit 23 Jahren an einer Überdosis Drogen. Sein Bruder Joaquin (Jahrgang 1974) - ebenfalls damals schon im Filmgeschäft tätig - rief den Notarzt. Das Gespräch ging via Radio und Fernsehen um die ganze Welt. Joaquin hat den Tod des Bruders bis heute nicht verkraftet. Erst Monate nach Rivers Tod begann er widerwillig und auf Drängen von Freunden wieder Drehbücher zu lesen. 1995 war er dann erstmals wieder an der Seite von Nicole Kidman in ’To Die For’ im Kino zu sehen. Noch heute bricht er jedes Interview ab, wenn Fragen zu seinem Bruder gestellt werden. Joaquin Phoenix spielte erst nach Rivers Tod in bekannteren Produktionen wie Oliver Stones ’U-Turn’ oder ’Gladiator’ mit.

Donnie Wahlberg (geboren 1969) wurde bekannt als Mitglied der Boygroup ’New Kids On The Block’. Zuerst musizierte er mit seinem kleinen Bruder Mark (Baujahr 1971) zusammen, doch der stieg aus, bevor NKOTB so richtig groß rauskamen. Unter dem Namen Marky Mark schaffte der dann mit seiner Band ’The Funky Bunch’ den Einstieg ins Musikgeschäft. Donnie schrieb den Jungs sogar ein paar Songs. Böse Zungen behaupten allerdings, Marky Marks Erfolg hätte wenig mit musikalischem Können zu tun als vielmehr mit der Tatsache, dass er häufig leicht bekleidet auf der Bühne stand. Daraus schlug er Kapital und wurde ein höchst erfolgreiches Calvin-Klein-Unterwäsche-Model. Donnie Wahlberg wechselte Mitte der 1990er in die Filmbranche, und Mark folgte ihm erneut. Er ist allerdings erfolgreicher als der große Bruder und bekam immerhin mit ’The Departed’ eine Oscar-Nominierung, während Donnie in Filmen wie ’Saw II’ mitspielte.

Bisher haben wir nur die gleichgeschlechtlichen Geschwisterpaare betrachtet. Aber ein Bruder-Schwesterverhältnis ist ja doch ein anderes: Maggie und Jake Gyllenhaal stammen aus einer erfolgreichen Familie: Ihr Vater ist der Regisseur Stephen Gyllenhaal, ihre Mutter, Naomi Foner, schreibt Drehbücher. Klar, dass es die beiden Geschwister Maggie und Jake ebenfalls ins Showbiz trieb. Die ältere Maggie (*1977) debütierte 1992 in Vaters ’Waterland’, der kleine Bruder 1991 in ’City Slickers’. Gemeinsam waren die Geschwister in dem Indie-Geheimtipp ’Donnie Darko’ zu sehen. Maggie setzte weiter auf Independent-Streifen. In Popcornfilmen wie ’Mona Lisas Lächeln’ spielt sie eher Nebenrollen, bis Oliver Stone sie für ’World Trade Center’ castete. Ihr Bruder schaffte den Durchbruch mit ’Brokeback Mountain’, der ihm eine Oscarnominierung einbrachte. Seither kann er sich die Hauptrollen aussuchen. Da er natürlich nicht mit seiner Schwester um Rollen konkurriert, gibt es wenig Konfliktpotenzial.

Ähnliches gilt für Warren Beatty (Jahrgang 1937) und Shirley MacLaine (geboren 1934). Die beiden sind unabhängig voneinander höchst erfolgreiche Schauspieler. Warren Beatty hat in rund vierzig Jahren nur 23 Filme gedreht (darunter ’Bonnie & Clyde’), gehörte aber lange Zeit zu den gefragtesten Schauspielerin Hollywoods. Die vier Filme, die unter seiner Regie entstanden, erhielten insgesamt sieben Oscars und zahlreiche andere Preise. Er behielt den Familiennamen Beaty in anderer Schreibweise bei, während seine ältere Schwester Shirley MacLaine Beaty sich für den ersten Teil ihres Nachnamens entschied. Sie wurde mit 21 von Alfred Hitchcock entdeckt und ist seitdem ungebrochen gut im Geschäft. Selbst mit über 70 Jahren kann sie sich die Rollen noch aussuchen (letzter großer Erfolg: ’In den Schuhen meiner Schwester’), während ihr Bruder nicht mehr so im Rampenlicht steht. Von Geschwisterkonkurrenz kann bei diesen Schauspielern trotzdem keine Rede sein - schließlich wissen die meisten aufgrund des unterschiedlichen Namens noch nicht einmal von ihrer Blutsverwandtschaft.
