von Daniela Hoffmann, RTL New York
6 Wochen lang genießt Anna ihre neugewonnene Freiheit
Dabei sah nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis im Februar alles so gut aus- statt sofort in einen Flieger nach Deutschland gesteckt zu werden, darf Anna erstmal bleiben. Die Hochstaplerin, die sich jahrelang als falsche Millionenerbin Anna Delvey ausgegeben hatte, ist auf Bewährung frei.
Ihr Instagram-Profil zeigt ein Trendsetterleben in Manhattan fast wie früher: Dinner mit Freunden in schicken Restaurants, Shopping in Edel-Boutiquen. Sechs Wochen lang genießt Anna ihre neugewonnene Freiheit in vollen Zügen.
Doch es gibt einen Unterschied:
Anna ist in regelmäßigem Kontakt mit ihrem Bewährungshelfer, hält sich an strenge Auflagen wie eine Ausgangssperre nach 21 Uhr. Sie darf sich nur im Bundesstaat New York aufhalten, Reisen sind tabu. Die Hochstaplerin wurde 2019 mit einer vier- bis zwölfjährigen Haftstrafe wegen Diebstahls verurteilt, weil sie sich als wohlhabende Erbin ausgab, um 200.000 US-Dollar von Banken und Unternehmen zu erschleichen.
Annas neugewonnene Freiheit ist zerbrechlich, denn jeder kleinste Verstoß gegen die Regeln kann dazu führen, dass sie wieder verhaftet wird. Doch alles sieht gut aus- ihr wird sogar geraten, sich eine Wohnung zu mieten. Als Anna am 25. März zum geplanten Termin bei den Einwanderungsbehörden in Lower Manhattan fährt, geht sie davon aus, dass sie danach wieder nach Hause fahren darf. Stattdessen werden ihr kurz nach ihrer Ankunft Handschellen angelegt. Der Grund: Anna war mit einem Touristenvisum in Amerika, als sie 2017 verhaftet wurde. Das ist schon lange nicht mehr gültig.
Es ist ein heftiger Schock:
Annas Designer-Klamotten werden in Tüten gesteckt, stattdessen muss sie langweilige Gefängnisklamotten anziehen. Ihr teures Handy wird konfisziert. Die Deutsch-Russin hat einen Flashback zu ihrer Verhaftung in 2017. Polizisten stecken Anna in einen Van, der sie zu einem Gefängnis in New Jersey fährt. Aus der Traum von Selbstbestimmung- solange Anna in Abschiebehaft sitzt, werden wieder andere Entscheidungen für sie treffen.
Ich treffe Anna zum ersten Mal, als sie vor ein paar Wochen aus dem Gefängnis entlassen wird. Für mehrere Tage begleite ich sie bei ihren ersten Schritten in der Freiheit. In Gesprächen verrät sie mir, dass sie sich eine Zukunft in Europa nicht vorstellen kann. New York war schon immer ihre Lieblingsstadt, hier hofft sie auf eine 2. Chance. Nach außen hin gibt sich Anna oft arrogant, scheint auf ihre Zeit im Gefängnis sogar stolz zu sein. Sie will sich neu „erfinden“, auf Instagram kommentiert sie ihre Fotos oft mit sarkastischen Sprüchen.
Doch ich glaube, das ist alles nur Show. Denn ich habe Anna anders kennengelernt- sensibel und freundlich. Sie sagt, sie habe sich im Gefängnis verändert, sei reifer geworden. Statt nur auf ihr eigenes Wohlergehen aus zu sein, könnte sie nun auch sehen, wie ihre Entscheidungen andere Menschen beeinflussen. In der Vergangenheit habe sie viele Menschen verletzt. Es sind reflektierte Aussagen, Anna zeigt Mitgefühl statt Ego-Trip. Sie freut sich auf ihre Zukunft, möchte sich für eine Reform in US-Gefängnissen einsetzen. Und hofft auf den Erfolg ihrer verfilmten Lebensgeschichte, eine Netflix-Serie, die im Sommer 2021 ausgestrahlt werden wird.
Anna Sorokin geht es aktuell sehr schlecht
Aber nun sitzt sie wieder in einer Gefängniszelle. Ihre Anwältin sagt mir, dass es Anna im Moment sehr schlecht geht. Sie habe große Angst, nun doch nach Deutschland abgeschoben zu werden. Aber noch gibt es eine kleine Chance, dass das nicht passiert. Ihre Anwältin hat Einspruch gegen eine Abschiebung eingelegt. In ein paar Wochen wird ein Richter über Anna’s Schicksal entscheiden. Und wer weiß, vielleicht darf Anna ja doch wieder in ihre schicke Wohnung in Manhattan zurückkehren.