Anklage: Kachelmann krank und verrückt
Wettermoderator war in psychologischer Behandlung
Wettermoderator Jörg Kachelmann soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft für vier Jahre und drei Monate in Haft. Der 52-Jährige habe sich einer besonders schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gemacht, betonten die Ankläger in ihrem Plädoyer am Mittwoch vor dem Landgericht Mannheim. Dabei wurden in den Statements der Staatsanwaltschaft erstmal auch neue pikante, der Öffentlichkeit bislang vorenthaltene Details, präsentiert.
Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge zitierte in seinem Plädoyer aus früheren Vernehmungen des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers Sabine W. zum Ablauf in der vermeintlichen Tatnacht laut Medienberichten wie folgt: Als die Radiomoderatorin Kachelmann dabei auf andere Frauen angesprochen habe, habe der 52-Jährige irgendwann erzählt, dass er einen Frauenhass habe und "dass er krank und verrückt ist, wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde“. Deshalb sei er auch schon in psychologischer Behandlung gewesen.
Die Ex-Geliebte habe den Schweizer daraufhin aufgefordert zu gehen. Doch Kachelmann sei in die Küche gegangen, habe eine Messer genommen, ihr an den Hals gedrückt und gedroht, sie zu töten, wenn sie nicht still sei. Dann habe er sie auf das Bett geworfen und vergewaltigt. Sie habe "Todesangst" bekommen und habe gebetet: "Lieber Gott, bitte lass mich das überleben."
Kachelmann: Täter und Medienopfer zugleich?
Schon kurz nach dem Beginn des Plädoyers von Oltrogge war es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen dem Ankläger und Kachelmanns Verteidiger Johann Schwenn gekommen. Schwenn warf dem Staatsanwalt vor, er wolle den Angeklagten mit Angaben aus dessen Privatleben bloßstellen, in dem er aus einem SMS-Verkehr zwischen Kachelmann und dem mutmaßlichen Opfer vor der fraglichen Nacht zitierte.
Kachelmann soll demnach geschrieben haben, das gemeinsame Essen könne man für die "Hauptaufgabe" weglassen. Damit war laut Oltrogge Sex gemeint. "Es geht darum, den Angeklagten maximal zu schädigen. Ich muss schon sagen, ich hätte von der Staatsanwaltschaft Mannheim ein bisschen mehr Qualität erwartet", so Schwenn.
Die Ankläger gingen in ihren Plädoyers auch auf die Erinnerungslücken der 38-Jährigen ein. Staatsanwalt Werner Mägerle erklärte, dass aus Sicht der Frau die Todesdrohung und nicht der Geschlechtsverkehr das eigentliche Kerngeschehen der Nacht gewesen sei, und es daher einleuchtend sei, dass sie bestimmte Teilaspekte der angeblichen Vergewaltigung nicht wahrgenommen habe. Sabine W. kann sich an bestimmte Details nicht erinnern, was Fragen nach ihrer Glaubhaftigkeit aufgeworfen hatte.
Zweifel an den Angaben der Frau waren auch dadurch genährt worden, dass auf dem Rücken des Messers, das Kachelmann der Frau an den Hals gehalten haben soll, keine DNA-Spuren gefunden wurden. Laut Oltrogge ist es naheliegend, dass die Spuren versehentlich beim Kontakt des Messers mit der Bettdecke abgewischt worden seien. Aus seiner Sicht ist es ausgeschlossen, dass sich die Frau die Verletzungen am Hals und an den Oberschenkeln selbst zugefügt hat. Es gebe eine natürliche Hemmschwelle, sich selbst Schmerzen zuzufügen.
In den Plädoyers spielte auch die Medienberichterstattung über den Prozess eine besondere Rolle. Der Angeklagte sei "in höchstem Maß Diffamierungen ausgesetzt gewesen", so Oltrogge. Deshalb müsse man bei der Strafzumessung von einem minder schweren Fall ausgehen. Der Paragraf 177 des Strafgesetzbuchs sieht für besonders schwere Vergewaltigungen - wenn etwa der Täter bei der Tat ein Messer verwendet - eigentlich eine Strafe zwischen fünf und 15 Jahren vor. Das Gesetz erlaubt es jedoch, in sogenannten "minder schweren Fällen" den Strafrahmen auf ein bis zehn Jahre zu reduzieren.
Am 24. Mai folgen die Plädoyers der Verteidigung, das Urteil soll am 31. Mai fallen.