Robert De Niro (geboren 1943) überzeugte bislang einfach in fast jedem Film und nimmt sein Image als alternder Haudegen auch gern mal aufs Korn. Zum Beispiel, als er in “Meine Braut, ihr Vater und ich“ einen pensionierten Geheimdienstagenten mimte. Jetzt hat er definitiv den Schritt in Richtung nächste Generatino getan: Nachdem er 2009 Großvater wurde, spielt er auf einmal auch auf der Leinwand Opa-Rollen. Zuerst in “Everybody’s Fine“ (Kinostart: 18. März 2010), dann Ende 2010 in “Meine Frau, unsere Kinder und ich“. Jawohl, Vater Fokker wird Opa!
Auch Mel Gibson will es nicht so recht einsehen, dass er die 50 überschritten hat und sich nun Typen wie The Rock mit ihm um die Actionrollen schlagen. Zunächst schien er sich auf den Regiestuhl zurückzuziehen und dreht mit “Apocalypto“ und “Die Passion Christi“ blutige Schinken mit ausgestorbenen Sprachen. Doch nun versucht er sich in “Auftrag Rache“ (Kinostart: 11. März 2010) wieder als Actionheld. Oh nein, bitte nicht auch noch “Lethal Weapon 5 - Zwei Profis auf dem Weg in den verdienten Ruhestand“!
Andere Herren denken nicht im Geringsten daran, die Rollen als edler Retter in knallharten Actionfilmen anderen zu überlassen - so wie Harrison Ford, der auf die 70 zugeht. Dabei könnte man vermutlich für die halbe Gage einen jungen Muskelprotz anheuern, der auch nur halb so alt ist, aber doppelt so gut aussieht. Nun ist Harrison Ford kein so vortrefflicher Schauspieler, als dass wir nur ihn sehen wollten. Seinen Vater einer recht jungen Familie und Computergenie einer Bank im Thriller “Firewall“ haben wir ihm einfach nicht mehr abgekauft. Und der letzte “Indiana Jones“? Da hat er die Peitsche auch nicht mehr so schnittig geschwungen...
Bruce Willis wird auch nicht jünger. So knackig sah er 1988 aus, als er in “Stirb langsam“ erstmals im Muscleshirt gegen Terroristen antrat. Das gefiel vielen so gut, dass zwei Fortsetzungen folgten. Dann kam Teil 4 mit dem deutschen Titel “Stirb langsam 4.0“. Nach Web 2.0 nun das Seniorensterben? Naja, etwas mehr Selbstironie hätten wir von dem “Armageddon“-Helden schon erwartet. Schließlich kann er auch anders.
In seinem Thriller “16 Blocks“ begab sich Willis mal als Cop mit Burnout-Syndrom auf dem Weg in die Frühpensionierung. Mit Bierbauch und Schnauz mimte er einen gehbehinderten Alki, der einen Gefangenentransport ordentlich versaubeutelt, als er unterwegs “nur mal ganz kurz“ in einem Kiosk einkehrt, um Schnappsnachschub zu besorgen. Das hätte kein Grünschnabel glaubhaft spielen können.
Auch Sylvester Stallone kann’s nicht lassen. Mit über 60 markiert er weiterhin den Actionhelden. Als abgehalfterter Mittfünziger kehrte er in “Rocky Balboa“ aus der Frührente zurück und schwang zum sechsten und vermutlich letzten Mal die Fäuste. Rocky im Altersheim? Nein, er saß ein wenig deprimiert in seiner Pizzeria und erzählte von den guten alten Zeiten. Nur “Adriaaaaan!“ ruft er nicht mehr, sondern seufzt ganz leise: “Adrian, warum hast du mich allein gelassen“. Denn seine geliebte Frau ist unter der Erde und sein Sohn genervt von ihm. Ganz anders in “Rambo IV“. Da läuft im Dschungel nix ohne den Mann mit den markanten Tränensäcken.
Warum nicht? Kevin “Der mit dem Wolf tanzt“ Costner ist mittlerweile auch schon Mitte 50. Ein gutes Alter für einen Actionstar, um in Rente zu gehen? Denken Sie! Denn der ergraute Schauspieler denkt gar nicht daran, den weisen Großvater zu mimen. Stattdessen trat er in dem Film “Jede Sekunde zählt - The Guardian“ als alternder, aber markiger Officer der US Coast Guard auf. Und als solcher wurde er nicht müde, seinen Rekruten zu zeigen, dass sie zwar 20 Jahre jünger sein mögen als er, dafür aber höchstens halb so hart. Letzteres wird das weibliche Publikum den Youngsters gerne vergeben: Schließlich sind knackige Rekruten wie Ashton Kutcher hübscher anzusehen als solche Actionopas wie ihr Vorgesetzter.
Da sind uns rüstige Rentner in Fantasy-Filmen schon lieber. Denn zu Zauberern wie Gandalf aus der “Herr der Ringe“-Trilogie passen weiße Haare einfach besser. Und in Geschichten um Zauberringe und Magie wundert es einen auch nicht, wenn ein Opa wie Ian McKellen sein Schwert schwingt wie ein junger Spund.
Sieht Gandalf zwar täuschend ähnlich, führt im Gegensatz zu ihm aber nichts Gutes im Schilde: “Herr der Ringe“-Bösewicht Sauron, den natürlich Christopher Lee spielt. Das wäre eben keine Rolle für einen Elijah Wood gewesen! Christopher Lee hingegen hat ein Abo auf Fiesligne zwischen 60 und 100. Mit über 80 hat er noch in “Star Wars - Episode III“ und “Die purpurnen Flüsse 2“ das Kampfbein geschwungen. Respekt!
Christopher Lees Partner aus “Die purpurnen Flüsse 2“, Jean Reno, ist auch nicht mehr der Jüngste. Der 1948 geborene Franzose Reno war Frankreichs erster Actionexport. Dieses Image begründete er mit Bessons Erfolgsthriller “Leon, der Profi“. Mittlerweile droht ihm aber sein jüngerer Landsmann Vincent Cassel (“Ocean’s Twelve“, “Entgleist“) den Rang abzulaufen. Immerhin war Reno noch als Kommissar Bezu Fach in “The Da Vinci Code“ zu sehen - und in “Der rosarote Panther“.
Auch Clint Eastwoods “Dirty Harry“-Zeiten sind vorbei. Denn über 70-Jährige haben gern mal zittrige Hände und halten die Knarre nicht mehr ganz so entschlossen wie kernige junge Männer. Immerhin nimmt er sein Altern mit einer guten Portion Selbstironie. In “Blood Work“ (2002) mimte er einen altersschwachen pensionierten FBI-Agenten, in “Gran Torino“ einen verbitterten alten Knochen, dem sein Finger etwas locker am Abzug sitzt. Ansonsten steht Mr. Eastwood in letzter Zeit lieber hinter der Kamera. Da kann man sich auch öfter mal hinsetzen.
Auch Morgan Freeman (Baujahr 1937) sieht gar nicht ein, seinen Arbeitsplatz freizumachen für junge Menschen, die das Geld dringender brauchen. Zwar musste er in letzter Zeit oft den netten Nebendarsteller geben wie in “Million Dollar Baby“ oder “Ein ungezähmtes Leben“, aber viel lieber scheint er sich als Actionstar zu sehen - so zum Beispiel in “Dark Knight“ und “Wanted“ (beide 2008). Andere geben im Alter den Führerschein ab, aber wir gehen jede Wette ein, dass wir Morgan Freeman auch mit 80 noch Flugzeuge, Helikopter und Autos lenken sehen. Falls er die dicken Knarren nicht mehr allein schleppen kann, heuert man eben einen süßen Youngster als Caddie an und karrt ihm sein Equipment hinterher.
Arnold Schwarzenegger hat die 60 auch schon hinter sich gebracht. Um seiner Ausmusterung als Actionheld vorzugreifen, hat er seine Karriere im Testosteron-Kino nach “Terminator 3“ und einem selbstironischen Gastauftritt im Family-Film “In 80 Tagen um die Welt“ selbst an den Nagel gehängt, um sich zum Gouverneur des US-Staates Kalifornien wählen zu lassen. Mancher wünscht sich, er würde als Governator endlich abdanken. Andererseits würden wir ihn dann vermutlich bald wieder bis unter die Zähne bewaffnet auf der Leinwand sehen und sein unverbesserlich Ösi-Englisch hören müssen...
Arnies Kollege Jean-Claude van Damme wird zwar erst 50, aber von ihm haben wir schon länger nichts mehr gehört. Dabei ist er nicht in Frührente gegangen, sondern seine Actionfilme kommen größtenteils erst gar nicht mehr ins Kino, sondern erscheinen gleich auf DVD, wie zuletzt sein “J.C.V.D.“. Doch Aufgeben kommt für den belgischen Muskelprotz nicht in Frage.
Erinnern Sie sich denn noch an Steven Seagal? Der Haudegen war lange Jahre im Hollywood-Actionkino der Mann fürs Grobe, bis er in der Versenkung verschwand. Bis auf “Exit Wounds“ kamen die meisten seiner Filme in den letzten 10 Jahren jedoch als Videopremiere auf den Markt. Könnte es daran liegen, dass die Fans des 1951 geborenen US-Amerikaners vielleicht auch älter, deswegen ein wenig fußfaul werden und sich seine Machwerke lieber auf dem heimischen DVD-Player anschauen?
Auch Dennis Quaid (geboren 1954) macht gern auf Weltenretter und Rächer der Entrechteten.In “The Day After Tomorrow“ war er der einzige, der ahnte, wie schlimm es um unsere Umwelt steht und durfte Jake Gyllenhaal aus einer überfluteten New Yorker Bibliothek befreien. Als wäre der nicht auch eben so gut allein da herausgekommen. In “G.I. Joe“ musste er die Actionszenen dem heißen Newcomer Channing Tatum überlassen, in “Pandorum“ ließ er wieder selbst den Schweiß tropfen.
Nach Emmerichs Klimathriller “The Day After Tomorrow“ drehte auch Wolfgang Petersen wieder einen Katastrophenfilm. Sein “Poseidon“ war ein Remake des Flutwellenthrillers “Die Höllenfahrt der Poseidon“, und sein Hauptdarsteller ist noch drei Jahre älter als Dennis Quaid: Kurt Russell (Jahrgang 1951). Er wird nicht müde, den Mann zu mimen, der für eine gute Sache auch mal zuschlagen kann. Und manchmal gibt er sogar den Bad Guy, wie zum Beispiel in Tarantinos “Death Proof“. Da durfte er das Potenzial seiner Rennwagen mal so richtig ausfahren.
Mit einem Nacktfoto in der Zeitschrift “Cosmopolitan“ wurde Schnauzbartträger Burt Reynolds 1971 berühmt. Eine Zeit lang war er einer der bestbezahlten Schauspieler Hollywoods, und das mit Filmen wie “Ein ausgekochtes Schlitzohr“ und “Auf dem Highway“ ist die Hölle los. Offenbar kam das Konzept “Macho sorgt mit PS unterm Hintern oder Knarre in den Flossen für Chaos“ bei beiden Geschlechtern gut an. Nachdem “Boogie Nights“ uns glauben ließ, er könnte noch ein ernstzunehmender Schauspieler werden, versucht er sich mit 70 Jahren wieder in Actionmovies wie “Ein Duke kommt selten allein“ oder “Die Schwerter des Königs“.
Einer hingegen hatte ein Einsehen. Sean Connery (Jahrgang 1930), einst in “Marnie“ oder den ersten Bond-Filmen unglaublich knackig, war selbst als eleganter Grauhaariger mit Schlagkraft aus dem Actionkino der letzten 20 Jahre einfach nicht wegzudenken. Aber nach seinem Flop mit “Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ hatte er genug von den Haudrauf-Filmen und zog sich zurück. Er hat ja auch wirklich genug Geld auf dem Konto und sich seinen Ruhestand redlich verdient.
Offenbar hat man mit alternden Actionhelden in der Traumfabrik weniger Probleme als mit Schauspielerinnen über 40. Wenn Männer ein bisschen Speck ansetzen, graues Brust- und Schläfenhaar bekommen und ihre Stirn in tiefe Falten legen, finden Männer das okay und Frauen schwer sexy. Wenn eine attraktive Mittvierzigerin ein wenig Cellulite und kleine Lachfältchen hat, raten ihr ihre Agenten oft, sich unters Messer zu legen oder sich mit Rollen als böse Schwiegermutter abzufinden. Nur Pierce Brosnan (geboren 1953) musste erfahren, dass er mit knapp über 50 als James-Bond-Darsteller angeblich zu alt war. Er rächte sich mit einer Rolle als betagter Killer mit Burnout-Syndrom in “Mord und Margaritas“: Schnauzbärtig, graumeliert mit Bauchansatz und Panzergoldkettchen markierte er den alternden Macho und spielt fortan elegante Mittfünfziger in Kinohits wie “Der Ghostwriter“ oder tanzt im Stretchanzug in “Mamma Mia“. Doch wer zeigt in Hollywood mal alternde blonde Engel oder Femmes Fatales mit Falten?